In Michael Pauls Buch wird die Nachkriegsgeschichte für die August-Ruf-Schüler lebendig. Foto: Kopf Foto: Lahrer Zeitung

Michael Paul liest Schülern aus seinem Erstling "Wimmerholz" vor

Von Svenja Kopf

Ettenheim. Mit einem versiegelten Briefumschlag, den die Hauptfigur Lena überraschend erhält, beginnt Michael Pauls Buch "Wimmerholz". Bei einer Autorenlesung haben Schüler des August-Ruf-Bildungszentrums erfahren, was es mit diesem Brief auf sich hat – und lernten einiges über die Nachkriegsgeschichte.

Videos und Fotos auf der Beamer-Leinwand, Musik aus dem Computer: Geschichtsunterricht muss nicht trocken sein und die Lesungen von Autor Paul sind es auch keinesfalls, das merkten die Neunt- und Zehntklässler schnell. Im "Alten Gefängnis" in Ettenheim las der in Lahr wohnende Schriftsteller aus seinem Erstlingswerk vor, baute aber auch immer wieder digitale Passagen ein, um mit Fotos und kurzen Filmen das Vorgelesene zu illustrieren. Außerdem verließ Paul mehrmals sein Lesepult, um in der Sesselecke mit Schulleiterin Beate Ritter Details des Buchs zu besprechen, historische Fakten aufzuarbeiten oder Fragen zu seinen Recherchen zu beantworten. "Es braucht schon ein bisschen Entertainment", sagt der Schriftsteller lachend – zumal der Stoff und die Zeit, in der seine Geschichte spielt, für die Schüler weit weg sei.

Fesselnder Stil zieht Zuhörer in den Bann

In "Wimmerholz", das Paul als "historische Fiktion" bezeichnet, geht es um die fiktive Geschichte der zehnjährigen Lena, die eingebettet ist in reale Ereignisse, die sich in den Jahren nach dem zweiten Weltkrieg abgespielt haben: Deutsche, in Königsberg stationierte Soldaten versuchten zu Kriegsende, über Schweden nach Deutschland zurückzukehren, um den russischen Soldaten zu entkommen und nicht in Kriegsgefangenschaft zu geraten. Sie zählten dabei auf die Hilfe der schwedischen Regierung, die sie dann jedoch durch einen heute noch für Historiker rätselhaften Beschluss und unbeachtet der protestierenden schwedischen Bevölkerung doch an Russland auslieferte.

In diesen Hintergrund hat der Schriftsteller, der hauptberuflich Unternehmensberater ist, die Geschichte von Lena und ihren Eltern hineingewoben. Das Buch beginnt und endet mit der Rentnerin Lena, die aufgrund des versiegelten Briefumschlags zurückblickt in ihre Kindheit. Die Kindheitsgeschichte wird im Hauptteil des Buchs beschrieben. Eine große Portion Spannung und Liebe fehlen nicht.

In dramatischen Passagen wird Pauls Stimme beim Lesen immer lauter und drängender, er haut sogar kräftig mit der Faust auf den Tisch – mit seinem Vorlesestil zieht er beinahe alle der mehr als 100 Schüler in seinen Bann. Das kommt an. Der Neuntklässler Niclas Fries beispielsweise findet die Zeit des Zweiten Weltkriegs ohnehin interessant, wie er sagt, und die fiktive Geschichte um Lena "ist auch nicht so uninteressant". Schulleiterin Ritter ist es wichtig, als Ergänzung zum Unterricht "immer wieder Menschen von außen einzuladen".

An dem Vormittag geht es aber nicht nur um geschichtliche Fakten und Lenas Lebensgeschichte, sondern auch um die Frage, wie man überhaupt ein Buch schreibt. "Während ich schreibe, bin ich wie in einem Kokon", berichtet der Unternehmensberater, der hauptsächlich am Wochenende, an freien Tagen und im Urlaub an seinen Werken arbeitet. Auch eine Recherchereise zu den schwedischen Spielorten hat er im Urlaub unternommen. "Magische Momente" waren es für ihn, an den Originalschauplätzen zu stehen und einerseits zu wissen, was sich dort vor Jahrzehnten ereignet hat, andererseits Szenen der eigenen "Wimmerholz"-Geschichte dort zu entwerfen.

Das letzte Buch wird sein Erstlingswerk nicht gewesen sein, verspricht Paul zu Ende der Lesung. Sein nächstes Werk ist schon in Arbeit.