Mit Israel-Fahne um die Schulter: DIA-Vorsitzende Simone Schermann bei der Pax-Europa-Kundgebung auf dem Lahrer Sonnenplatz Screenshot: fx Foto: Lahrer Zeitung

Deutsch-Israelischer Arbeitskreis: Ehemalige Mitglieder fordern nach Auftritt mit Pax Europa Konsequenzen

Wegen ihrer Solidarisierung mit der islamfeindlichen Bewegung Pax Europa gerät die Vorsitzende des Deutsch-Israelischen Arbeitskreises (DIA), Simone Schermann, stark unter Druck. Ehemalige DIA-Mitglieder legen ihr einen Rücktritt nahe.

Ettenheim. Der Deutsch-Israelische Arbeitskreis am Südlichen Oberrhein mit Sitz in Ettenheim wird derzeit auf eine harte Probe gestellt. Grund: seine umstrittene Vorsitzende. Simone Schermann hatte bereits bei ihrem Amtsantritt im Mai vergangenen Jahres viele Mitglieder des DIA mit ihrer stringenten Forderung nach uneingeschränkter Loyalität zum Staat Israel vor den Kopf gestoßen. Einige traten sofort aus, weitere, nachdem bekannt wurde, dass die Freiburgerin Mitgründerin einer jüdischen Untergruppierung der AfD – der JAfD – war. Nun hat Schermann aus Sicht nicht weniger eine Grenze überschritten, die sie als Chefin des Arbeitskreises disqualifiziert.

Wie berichtet, hielt Schermann am 4. Oktober auf dem Lahrer Sonnenplatz eine Rede zur Situation der Juden in Deutschland und Frankreich. Dabei beklagte sie zunehmenden Antisemitismus, der Ursache dafür sei, dass immer mehr Juden den beiden Ländern den Rücken kehrten. Auch sie überlege auszuwandern. Das Problem: Schermanns Ausführungen fanden im Rahmen einer Kundgebung von Michael Stürzenberger statt. Einem Vertreter der rechtspopulistischen Pax Europa, der aufgrund islamfeindlicher Äußerungen bereits wegen Volksverhetzung verurteilt wurde.

Der ehemalige Schulrat und Schmieheimer Ortsvorsteher Jürgen Milde hat am Tag nach Schermanns Auftritt seine Mitgliedschaft im DIA gekündigt. In dem Schreiben an die Vereinsführung, das der LZ vorliegt, erklärt er sein "Entsetzen" über das Mitwirken der Vorsitzenden bei der Pax-Europa-Kundgebung. Milde war selbst Teil einer rund 100-köpfigen Gegendemonstration.

Eine Zusammenarbeit mit Rechtspopulisten sei "ein absolutes Tabu" und nicht der richtige Weg, für die deutsch-israelische Freundschaft einzutreten, die sich der Arbeitskreis bei seiner Gründung 1974 auf die Fahnen geschrieben hat. "Als Alternative zu meinem Austritt käme ein Austritt der jetzigen Vorsitzenden aus dem DIA oder ein Ausschluss wegen vereinsschädigendem Verhalten infrage", wird Milde deutlich.

Sein einstiger Kollege beim Schulamt in Offenburg, Achim Schwab aus Altdorf, kehrte dem DIA bereits kurz nach Schermanns Wahl den Rücken. Die Entwicklung des Vereins verfolgt er mit Sorge, wie er gegenüber der LZ erklärt: "Der DIA ist in rechtes Fahrwasser geraten." Schermann habe sich mit einem "Islam-Feind zusammengetan, der sich mit Juden-Freundlichkeit schmückt", sagt Schwab. Auch wenn es im Islam antisemitische Strömungen gebe, dürfe man "nicht den Fehler machen und in allen Muslimen einen Judenfeind sehen". Eine Rückkehr zum Arbeitskreis, in dessen Vorstand er einst saß, könnte sich Schwab "sehr gut vorstellen" – wenn die Vorsitzende abtritt.

Was Schwab "persönlich besonders zu schaffen macht": die Rolle von Robert Krais, Mitgründer, Vize-Chef und für viele das Gesicht des DIA. "Robert Krais hat in den vergangenen Jahrzehnten großartige Verdienste errungen", sagt Schwab. Beispielhaft nennt er die Umwandlung der ehemaligen Synagogen in Kippenheim und Altdorf zu Gedenkstätten. "Diese Lebenswerk bröckelt jetzt."

Kritik auch an Robert Krais

Daran ist Krais nicht unschuldig, findet Martin Groß. Der gebürtige Lahrer lenkte vor Schermann fast 20 Jahre lang die Geschicke des DIA und war noch vor ihrer Wahl ausgetreten. "Leider musste ich auch bei Herrn Krais islamophobe Tendenzen feststellen." Für Groß "kann es nur eine Versöhnung unter Einbeziehung aller Seiten gegeben, man darf nie eine Gruppe ausschließen". Auch weil Schermann und Krais jegliche Kritik am Staat Israel ablehnten, sei für ihn eine Rückkehr in den DIA "nur schwer vorstellbar", erklärt Groß im Gespräch mit der LZ.

Noch hat er die Hoffnung auf eine Rückbesinnung auf die satzungsgemäßen Ziele des Vereins nicht aufgegeben: "Es wäre schön, wenn es ein klärendes Gespräch gäbe, bei dem Frau Schermann ihre Fehler einräumt. Jeder hat eine zweite Chance verdient." Wenn aber nicht, das sagt Groß klar, "braucht es eine neue Vereinsspitze".

Simone Schermann und Robert Krais waren am Mittwoch bis Redaktionsschluss weder telefonisch noch per E-Mail für eine Stellungnahme zu erreichen.

Ein Vorstandswechsel findet bei Vereinen in der Regel über Neuwahlen durch die Mitglieder statt. Solche schreibt die Satzung des Deutsch-Israelischen Arbeitskreises alle zwei Jahre vor, turnusgemäß sind die nächsten im Frühjahr 2020. Möglich sind Neuwahlen aber auch zu einem anderen Zeitpunkt. Dazu muss eine außerordentliche Mitgliederversammlung einberufen werden. Nach Paragraf acht der DIA-Satzung ist dies unter anderem dann möglich, "wenn die Einberufung von einem Drittel sämtlicher Mitglieder schriftlich unter Angabe des Zwecks und der Gründe vom Vorstand verlangt wird". Auf die Tagesordnung müsste nach geltendem Vereinsrecht der Punkt "Neuwahlen" gesetzt werden. Möglich ist aber auch direkt eine Abberufung eines Vorstandsmitglieds unter Angabe des Grundes.