Gestatten: der neue Zunftmeister. Jörg Henninger zieht mit seinem Gefolge in die Stadthalle ein. Foto: Decoux-Kone

Zunfttag: Jörg Henninger folgt auf Claudia König / Abend mit Humorvollem und Nachdenklichem

Ettenheim - Der neue Zunftmeister der "Ehrsame allgemeine Reeb- und Ackher Zunft der Statt Ettenheim" heißt Jörg Henninger. Er folgt damit auf die erste Frau im Amt, Claudia König.

Fast 500 Mitglieder im Jahr 2017

1503 ist die Zunft erstmals urkundlich erwähnt worden, geht in diesem Jahr mit ihren aktuell 494 Mitgliedern also ins 514. Jahr. Alle drei Jahre, immer am Montag nach dem Namenstag des heiligen Sebastian, steht für die Zunft ein besonderes Fest an: Die Zunfterneuerung, verbunden mit der Wahl des neuen Zunftmeisters und seiner Beisitzer.

Am Montag war es nach dem traditionellen Gottesdienst am Morgen und der Zunfterneuerung wieder so weit. Der neue Zunftmeister kommt turnusgemäß aus Ettenheimweiler und heißt Jörg Henninger. Der 41-Jährige ist Vollerwerbslandwirt mit Schwerpunkt Getreideanbau.

Zunftmeister für drei Jahre

Mit der Bereitschaft, das ehrwürdige Amt für die nächsten drei Jahre anzunehmen, tritt Jörg in die Fußstapfen seines Großvaters, seines Vaters sowie eines Onkels. An seiner Seite fungieren künftig als Beisitzer Stefanie Kirn, Klemens Enderle, Michael Kirnberger und Peter Seiler.

Zum Ende der dreijährigen Ägide ist jeweils der alte Zunftmeister mit seinen Beisitzern noch einmal richtig gefordert. Sie gestalten nämlich für ihre Nachfolger und die Zunftmitglieder einen wortwörtlich "zünftigen" Abend in der Stadthalle – gipfelnd im traditionellen Mahl von Lummel und Nudeln.

Auch bei ihrem Abschied traten Claudia König – als erste Zunftmeisterin überhaupt – und ihre Mannschaft noch einmal eindrucksvoll den Beweis an, dass man das Quintett vor drei Jahren zu recht mit diesen Ämtern betraut hat. In einem dreieinhalbstündigen Programm gab es Traditionelles wie Zukunftsträchtiges, Heiteres wie Besinnliches, Akustisches wie Optisches, Musikalisches wie Verbales im reizvollen Wechsel.

Der größte Bauer von Wiieler

Schon der Prolog von Elias, Sohn der scheidenden Zunftmeisterin, war "ein Gedicht" – im buchstäblichen und übertragenen Sinn. Nicht minder humorig war Claudia Königs Vorstellung des neuen Zunftmeisters und dessen Gefolge, die teilweise mit einem verknorzten Quittenbaum, großzügiger Auslauffläche für Hühner und Guller oder aber ein paar Himbeeren und Erdbeeren aufwarten könnten und deshalb für dieses Ehrenamt voll und ganz prädestiniert seien.

Unwidersprochen Königs Feststellung, dass Jörg Henninger "der größte Bauer von Wiieler" sei.

Milch billiger als Wasser

Gerhard Henninger, ehemaliger Geschäftsführer des Badischen Landwirtschaftlichen Hauptverbands und Onkel des neuen Zunftmeisters, schlug bei der Beschreibung der Situation von Ackerbauern und Winzern auch nachdenklichere Töne an. "Schützen durch Nützen" werde immer schwieriger, rechtliche Vorgaben und der Druck zur Wirtschaftlichkeit mache den Landwirten das Leben zunehmend schwerer.

Die Versiegelung der Landschaft sei besorgniserregend. Wenn heute ein Liter Milch billiger sei als ein Liter Wasser, könne etwas nicht stimmen. An die Besucher in der Stadthalle, die komplett gefüllt war, appellierte Henninger, heimischen Produkten beim Einkauf den Vorrang zu geben.

Spontaner Auftritt vom Zunftchor

"Ich bin gerne Landwirt", bekundete der neue Zunftmeister bei seinem Selbstporträt, wenngleich es immer mal wieder Situationen gebe, in denen die Einflüsse von außen diesen Spaß verderben würden. Ein spontaner Auftritt eines erst am Montagmorgen gebildeten Zunftchors rückte dann wieder den Spaß in den Vordergrund – ebenso wie beim Einakter der Theatergruppe Ettenheimweiler "Bauer sucht Bäuerin" oder bei den gereimten Porträts der Schutzheiligen der Zunftberufe, vorgetragen vom bisherigen Zunft-Quintett.