Vortrag: Historiker Jörg Sieger referiert über die Historie von St. Bartholomäus in Ettenheim

"Warum können wir heute überhaupt hier in dieser Kirche sein?" Es war die erste von zehn Warum-Fragen, zu deren Beantwortung Jörg Sieger am Sonntagabend in St. Bartholomäus nach eigenen Worten "eine Annäherung suchte".

Ettenheim. Anlass des Vortrags war das Jubiläum "250 Jahre Grundsteinlegung von St. Bartholomäus", das die katholische Kirchengemeinde in diesem Jahr feiert. Über die Kirche gebe es inzwischen vielfältiges historisches Material. "Gedankenanstöße" sollten die Annäherungsversuche auf die von ihm gewählten zehn Warum-Fragen geben.

Sein Blick ging zurück in das Jahr 1762, als eine Kirchenvisitation des Straßburger Weihbischofs den Ausschlag für einen Kirchenneubau in Ettenheim gab. Die alte Kirche war zu klein, in erbärmlichem Zustand, der Turm ohne Dach, die Glocken längst abgehängt.

Kirche ist nicht nach Osten ausgerichtet

Seiner Anordnung nach einem anderen Standort folgten die Bürger dennoch nicht, errichteten auch die neue Kirche auf dem Berg, entgegen der üblichen Ost-West- allerdings in Nord-Süd-Ausrichtung.

Die älteren von Siegers Zuhörern wussten es noch, dass damit die Ostseite die "Frauenseite" war – und damit just jene Seite, die in der Kirche die der aufgehenden Sonne als Symbol der Wiederkehr gilt, wo die Frauen doch andernorts auf die Seite der Finsternis verbannt waren. Richtig in der Hierarchie der Heiligen steht in Ettenheim der Marienalter auf der vom Hochaltar aus gesehen rechten Seite.

Interessant waren Siegers theologische Ausdeutungen zur heiligen Agatha, im Bild am Marienaltar, der die Peiniger die Brüste abgeschnitten haben, die sie auf dem Tablett vor sich trägt – von so manchem Frommen als Agatha-Brote umgedeutet werden.

Auch sein Rückblick, wie die ursprüngliche Martins-Kirche in der Stadt des Gerberberufs dem heiligen Bartholomäus, dem man bei lebendigem Leibe die Haut abzog, geweiht wurde, war aufschlussreich. Überzeugend brachte der Referent das im Vergleich zum prächtigen Chorraum schlichte Langhaus mit den Zahlungsverpflichtungen von Bürgern und Kloster in Verbindung. Bei der Beschreibung von Streitigkeiten über Einfluss, Macht, Besitz und Geld war Sieger weit davon entfernt, solche Phänomene nur in der Geschichte der Kirche zu sehen.

Am Ende seines Vortrags ging sein Blick zurück zu Kardinal Rohan, den Hintergründe, die ihn zur Flucht nach Ettenheim bewegten, wo er auch in St. Bartholomäus, seinen Lebensabend verbrachte.