Die Lahrer Müller-Filiale auf dem Schlossplatz: Hier werden Kunden momentan nicht nach ihrem Impfstatus gefragt. Foto: Bender

Der Einzelhandel ächzt unter 2G – nicht so der Drogeriemarkt Müller in Lahr. Dort dürfen aktuell, und wohl auch künftig, auch Spielwaren und Co. ohne Kontrollen verkauft werden. Bei den Geschäften drumherum sorgt das für Unmut.

Am vierten Adventssamstag herrscht in der obersten Etage der Müller-Filiale auf dem Lahrer Schlossplatz Riesentrubel – die Gänge sind voller Menschen, die Regale teils nur schwer zu erreichen. Wer Geschenke für den Nachwuchs kaufen will, kommt über die Rolltreppe unbehelligt in die Spielwarenabteilung. War da nicht was? Doch: Landesweit herrscht im Einzelhandel aktuell die 2G-Regel. Zutritt nur für Geimpfte und Genesene. Warum wird die bei Müller nicht kontrolliert?

Werbegemeinschaft zeigt sich kritisch

Die Antwort ist nicht ganz einfach. Für Drogerien gilt die coronabedingte Einschränkung grundsätzlich nicht, weil sie der Grundversorgung dienen. Wie auch in Supermärkten dürfen hier alle einkaufen, unabhängig vom Gesundheitsstatus. Doch das Müller-Sortiment in Lahr beinhaltet auch Waren, die nicht zum lebensnotwendigen Bedarf zählen. Neben Spielzeug etwa Haushaltswaren und Elektronikartikeln. "Bei Mischsortimenten entfällt die Kontrollpflicht, wenn mindestens 60 Prozent des Gesamtumsatzes aus Produkten des täglichen Gebrauchs generiert werden. Das hat das Unternehmen vergangenes Jahr nachgewiesen. Wir gehen momentan davon aus, dass dieser Stand noch gültig ist", erklärt Lucia Vogt, Leiterin des städtischen Ordnungsamts, auf LZ-Nachfrage.

Schon 2020 gab es bei Müller in Lahr ein munteres Hin und Her. Erst alles offen, dann Sperrung einzelner Etagen und Bereiche, dann konnte wieder alles gekauft werden. Damals war der Einzelhandel im ganzen Land im Lockdown – und andere Innenstadt-Betriebe schauten mit Groll auf den Schlossplatz. Auch wenn die Lage heute etwas weniger dramatisch scheint – immerhin dürfen die, die 2G erfüllen, überall einkaufen – erheben sich wieder kritische Stimmen. "Angesichts seines Angebots müsste Müller schon ein sehr schlechter Kaufmann sein, wenn er den Großteil seines Erlöses aus Drogerie-Produkten erwirtschaftet", sagt der Vorsitzende der Lahrer Werbegemeinschaft Michael Schmiederer mit ordentlich Sarkasmus in der Stimme. Die Situation des Einzelhandels sei äußerst besorgniserregend: "Die Stimmung ist auf dem absoluten Tiefpunkt. Viele hoffen nur noch, dass sie nach Weihnachten überhaupt noch öffnen können." Ein Trend, der offenbar für ganz Deutschland gilt: Die Kassen klingeln im Advent nicht, sagen die Handelsverbände und nennen als Hauptgrund die 2G-Regel (siehe Info).

Dass die Müller-Filiale in Lahr diese auch künftig nicht umsetzen muss, ist laut Lucia Vogt, nicht in Stein gemeißelt: "Wir haben die aktuellen Umsatzzahlen angefordert und werden nach deren Prüfung entsprechend entscheiden." In anderen Filialen im Land, ist zu hören, soll Müller auf städtischen Druck den Impfstatus seiner Kunden mittlerweile kontrollieren.

Info - Bund steht hinter Regel

Das Oberverwaltungsgericht in Niedersachsen hat die 2G-Regel im Einzelhandel Ende vergangener Woche gekippt. In Schleswig-Holstein war ein Eilantrag dagegen indes abgelehnt worden. Bei mehreren Gerichten in ganz Deutschland sind Klagen noch anhängig. Die Bundesregierung hält an der Vorgabe fest, wie ein Sprecher am Freitag mitteilte. Sie sei sinnvoll und das Infektionsschutzgesetz in dieser Angelegenheit klar. Gerade mit Blick auf die neue Omikron-Variante des Coronavirus’ sei die 2G-Vorgabe epidemiologisch und gesundheitspolitisch angebracht.