Sie gewannen den Poetry Slam im Schlachthof: Hank Flemming und Yasmin Abbas. Foto: Baublies

Hank Flemming und Yasmin Abbas gewinnen im Schlachthof

Die Texte der Sieger der Dichterschlacht im Schlachthof hätten kaum unterschiedlicher sein können. Yasmin Abbas aus Mainz und Hank Flemming aus Tübingen, der im Erzgebirge verwurzelt ist, haben den Poetry-Slam für sich entschieden. Marvin Suckut, der diesen Wettstreit seit Jahren moderiert, benötigte für die Kür eine zweite Abstimmung.

Bei der Dichterschlacht – der wörtlichen Übersetzung des Worts Poetry Slam – entscheiden die Zuschauer. Nach dem "Ein-Sekunden-Applaus" der rund 50 Besucher erkannte der Moderator auf zwei Gewinner. Knapp auf dem zweiten Platz landete Lenny Felling. In der Vorrunde schieden Olga Polkin aus Lahr und Hannah Grünewald aus Freiburg aus. Die Lahrerin trug ein Gedicht auf Russisch vor.

Felling sah nach der Vorrunde schon wie der klare Sieger aus. Er hatte, mit überwiegend englischen Bandnamen, eine phonetische Ähnlichkeit mit deutschen Sätzen hergestellt. Er erzählte eine eher banale Geschichte eines gescheiterten Überfalls auf ein Juweliergeschäft. Damit erzielte er Lachsalven und Szenenapplaus. Im Finale erzählte Abbas eine Geschichte von ihrer Großmutter. Sie hat diese Begebenheit nur von ihrer eigenen Mutter gehört.

Das Trio "Sinu" sorgt für Musik

Die "Oma", wie sie die Vorfahrin im Text nannte, hat sie nur wenige Male gesehen. Es ist die Geschichte eines Mädchens, das mit 13 Jahren von der Familie verheiratet wird und mit 15 Jahren das erste Kind zur Welt bringt. Mit 30 Jahren und sieben Kindern begehrt die Oma auf und wird von der eigenen Familie – wohl mit Gewalt – zerbrochen.

Die Art, wie Abbas diese Geschichte ganz sachlich und mit einfachen Worten im Schlachthof erzählt hat, war außergewöhnlich. Sie blieb ruhig, Gestik und Mimik waren sehr sparsam. Man hätte in den sechs Minuten der Erzählung – das war Vorgabe beim Wettkampf – die sprichwörtliche Stecknadel fallen hören. Besonders beindruckend: Sie machten dem eigenen Urgroßvater und dem Großvater heute und im Nachhinein keine Vorwürfe. Denn: "Wie soll man aus dem Käfig ausbrechen, wenn man nicht weiß, dass es einer ist?"

Auch Flemming erzählte von der eigenen Großmutter und deren Sorgen, dass der Enkel keine Frau bekommen würde. Sein Text trug den Titel "Gangster-Rap der Oma". Besonderheiten der Sprache des Erzgebirges und starke Unterschiede bei den Ansichten von Oma und Enkel sorgten für viel Heiterkeit in Lahr. Das eigentliche Problem sei, dass der Dialekt die "beste Verhütung" sei, erzählte der Wettstreiter. Denn die Oma würde nicht verstehen, dass der Enkel immer noch nicht Vater wäre. Flemming brachte da ungerührt die folgende Erkenntnis – der Oma – vor: "Sex ist weitgehend besser, wenn mehr als eine Person im Spiel ist." Hier war die Heiterkeit besonders ausgeprägt.

Zum Wettstreit der Worte gehört Musik. Bei der Dichterschlacht am Freitag im Schlachthof trat das Trio "Sinu" ebenfalls aus Mainz auf. Es machte nichts, dass der Schlagzeuger krankheitsbedingt verhindert war. Das Duo mit Gitarre und Gesang sowie Keyboard war auch so sehr gut.

In einer früheren Version stand, die Großmutter von Yasmin Abbas sei in der Türkei aufgewachsen. Das ist falsch, tatsächlich wurde in dem Vortrag kein Ort genannt. Zudem wurden einmal die Namen Felling und Flemming verwechselt. Wir bitten, die Fehler zu entschuldigen.