Auch viele Lahrer werden künftig ihren Stromzähler genau im Blick behalten. Billigstromanbieter kündigen derzeit reihenweise Verträge. Das E-Werk Mittelbaden springt ein, jedoch zu einem deutlich höheren Tarif. Foto: Deck (Symbolbild)

Der Rückzug von Billigstromanbietern wirkt sich auch auf das E-Werk aus. Das Lahrer Energieunternehmen übernimmt die Grundversorgung, wenn es zum Lieferstopp kommt – aktuell ist das tausendfach der Fall. Die Neukunden fallen zunächst in einen deutlich teureren Tarif.

Was passiert mit Kunden, deren Verträge gekündigt werden?

Die fallen in das Versorgungsraster des Grundversorgers. Das ist für Lahr und Region das Elektrizitätswerk Mittelbaden. "Derzeit hat das E-Werk Mittelbaden mehrere Tausend Kunden aus der Kündigungswelle von Billiganbietern und Discountern aufgenommen", so der Betrieb auf Nachfrage der Lahrer Zeitung.

Welchen Tarif bietet das E-Werk diesen Neukunden an?

Der regionale Versorger hat einen separaten Tarif für Neukunden in der Grund- und Ersatzversorgung eingeführt, "um die zusätzlichen Beschaffungskosten bei derzeit ungewöhnlichen und extrem hohen Börsenpreisen zu decken", wie es heißt. Diese seien kurzfristig förmlich explodiert, laut E-Werk Mittelbaden um sage und schreibe mehr als 400 Prozent.

Wie hoch ist der Tarif im Vergleich zu dem von Bestandskunden – und wie wirkt sich dies auf einen Haushalt aus?

Der neue Grundtarif beträgt 49,92 Cent pro Kilowattstunde, teilt das E-Werk mit. Eine vierköpfige Referenzfamilie verbraucht nach Unternehmensangaben etwa 2700 Kilowattstunden Strom im Jahr. Mit dem neuen Tarif werden somit rund 1350 Euro fällig. Das ist teilweise mehr als doppelt so viel wie Bestandskunden zahlen.

Kann das E-Werk noch weitere Kunden aufnehmen?

Ja. Man werde selbstverständlich alle Kunden der Region im Grundversorgungsgebiet aufnehmen, die einen Anspruch auf eine Grundversorgung haben und keinen Stromliefervertrag kündigen, betont das E-Werk.

Warum wird Strom derzeit immer teurer?

Durch die Erholung der Wirtschaft nach der Corona-Krise steigt der Energiebedarf. Das betrifft Strom doppelt, da auch Erdgas, was zur Stromgewinnung eingesetzt wird, teurer wird. Laut dem Energiewirtschaftlichen Institut der Universität Köln ist der aktuell hohe Erdgaspreis der maßgebliche Haupttreiber des Strompreises. Auch die gestiegene CO-Abgabe treibe den Preis in die Höhe.

Wie beurteilt das E-Werk das Vorgehen der Billig-Konkurrenz?

"Wenn die Billiganbieter ihre noch verbliebenen Strommengen am Markt verkaufen und dafür ihren Kunden die Lieferverträge kündigen, dann nutzen sie die Möglichkeiten eines freien Marktes auf Kosten ihrer Kunden schamlos aus", findet Kleine, nimmt aber auch die Verbraucher in die Pflicht: "Es sollte dem wettbewerbsfreudigen Kunden klar sein, mit welchem Risiko er mit wem Verträge abschließt."

Sollte der Staat nun regulierend eingreifen?

"Der Staat muss sich nun entscheiden, ob er weiter einen freien Strommarkt möchte, oder ob er den Markt regulieren will", nimmt E-Werk-Chef Ulrich Kleine Stellung. "Halbe Sachen sind da schwierig. Beides wird in der Konsequenz nicht günstiger werden." Nicht einzusehen sei allerdings, warum Bestandskunden die Zeche für Schnäppchenjäger mitbezahlen sollen, deren Verträge nun von Billiganbietern reihenweise gekündigt werden, erklärt Kleine.