Ehrenamtliche aus Neuried, Hohberg und dem Schuttertal sind gemeinsam mit ihren drei Bürgermeistern an die ukrainische Grenze gefahren. "Eine emotionale Reise", sagt Bürgermeister Tobias Uhrich gegenüber der Lahrer Zeitung. Foto: privat

Um im Kriegsgebiet zu helfen, haben sich drei Bürgermeister aus der Region am Freitag um 4 Uhr auf den Weg zur ukrainischen Grenze gemacht. Nach 56 Stunden waren sie zurück in Neuried. Bürgermeister Tobias Uhrich kann kaum in Worte fassen, was er erlebt hat.

Neuried - Die drei Bürgermeister Tobias Uhrich (Neuried), Matthias Litterst (Schuttertal) und Andreas Heck (Hohberg) sind am Freitag um 4 Uhr zur ukrainischen Grenze aufgebrochen. Mit im Gepäck mehr als 55 Tonnen Spendengüter, darunter Nahrung, Decken, Wasser, Medikamente und Verbandszeug. Die Waren, die an einer zentralen Sammelstelle in Lezajsk abgeben wurden, wurden in die insgesamt 13 Mannschaftstransportwagen der Feuerwehren aus den Gemeinden Neuried, Schuttertal und Hohberg gepackt. Insgesamt 36 Personen waren gemeinsam unterwegs.

"Ich kann die letzten 56 Stunden nicht in Worte fassen", sagt Uhrich gegenüber der Lahrer Zeitung am Montag. "Wir haben miterlebt, was Krieg bedeutet. Einen Steinwurf von uns entfernt, lassen Frauen und Kinder ihre Männer zurück, Familien verlieren ihre Heimat und ihre Liebsten. Sie sind orientierungslos, sie sind hilflos und überfordert", beschreibt Uhrich die Lage vor Ort.

An der Grenze herrscht große Skepsis

Bevor sie jedoch am eigentlichen Ziel ankamen, um die Hilfsgüter abgeben zu können, kam es noch zu einem ganz anderen Schockmoment: "Wir hatten auf der Hinfahrt einen schweren Autounfall mit einem unserer Fahrzeuge", erzählt Uhrich der LZ. Glücklicherweise sei keiner verletzt worden, die Fahrzeuge hätten aber einen Totalschaden erlitten. Kurzerhand habe man dann die Hilfsgüter aus dem Transporter umladen müssen – "mehrere Stunden haben ein weiterer Feuerwehrmann und ich bei Minusgraden draußen verbracht, bis dann alles geklärt war", so Uhrich. Erst gegen 23 Uhr sei er dann im Hotel angekommen.

Am Samstag sei der Trupp dann nach Przemysl gefahren, wo sich ein großes Flüchtlingslager befindet. "Sie können sich das kaum vorstellen, Tausende Menschen in einer riesigen Halle, die voll steht mit Feldbetten", so Uhrich. Die drei Bürgermeister hätten in der Halle stundenlang um die Mitfahrgelegenheit geworben – "aber es wollte wirklich absolut keiner mitfahren". Große Skepsis herrsche vor Ort. So sei man zum Bahnhof Krakau gefahren, habe dort weiter angefragt und konnte dort dann 14 Menschen mit nach Deutschland nehmen und in Nürnberg an die zuständigen Behörden übergeben.

Was das Team die zwei Tage geleistet habe und auch emotional verarbeiten müsse, sei in Worte nicht zu fassen, so Uhrich. "Ich bin stolz und dankbar!" Er komme mehr als Europäer und weniger als Deutscher von dieser Kurzreise zurück. "Das unsichtbare Band der Kameradschaft habe ich noch nie so verspürt wie in den vergangenen beiden Tagen mit meinen beiden Kollegen Andreas Heck und Matthias Litterst sowie unseren Kameraden der Freiwilligen Feuerwehren der drei Kommunen", schreibt der Neurieder Rathauschef in seinem Instagram-Post und würdigte einmal mehr die Ehrenamtlichen vor Ort. "Aus allen Teilen Europas kommen Menschen und wollen helfen. Europa steht zusammen für die Ukraine", so Uhrich.

Mit der Rückkehr sei es nun aber bei Weitem nicht getan, es seien weitere Spendenaktionen geplant. Außerdem will Uhrich, so schnell es geht, für die mittlerweile 70 Flüchtlinge in Neuried einen täglichen Deutschunterricht anbieten können. "Für einige Ukrainer ist bereits klar, dass sie nicht mehr zurückkehren werden. ›Es gibt keine Heimat mehr‹, hat beispielsweise eine Frau zu mir gesagt", so der Neurieder Rathauschef.

Bürgermeister bedanken sich

Bürgermeister-Kollege Heck hielt sich in seinen Berichten über die Sozialen Medien kurz: "Alle Teilnehmer haben Unglaubliches die letzen beiden Tage geleistet", schreibt er am Sonntag über Instagram. Auch Litterst ist "unglaublich stolz auf ein phantastisches Team. Es war mir eine Ehre mit Euch allen einen kleinen Beitrag zur Linderung all des Leids und des Elends geleistet zu haben. Nur einen halben Tag Autofahrt von uns entfernt, spielen sich Szenen ab, die mit Worten kaum zu beschreiben sind."