Nicht nur auf die Dosierung, sondern auch auf den richtigen Zeitpunkt komme es an. Friesenheims Apotheker Constantin Bähr warnt davor, Jodtabletten "zur Vorsorge" einzunehmen. Foto: Woltas

Was in der ersten Welle des Coronaausbruchs das Toilettenpapier war, sind mit Ausbruch des Ukraine-Kriegs nun Jodtabletten. Etliche Apotheken bundesweit melden erhöhte Nachfragen. Die LZ hat sich in Apotheken der Region umgehört.

Friesenheim/Schwanau/Neuried - Die Angst vor einem atomaren Angriff auf Westeuropa hat Menschen bundesweit dazu gebracht, sich mit Jodtabletten einzudecken. Zahlreiche Medien berichteten in den vergangenen Tagen von einer erhöhten Nachfrage der Tabletten in Apotheken – zum Teil seien diese bereits restlos ausverkauft. Und wie sieht es in unserer Region aus? "Hochdosierte Jodtabletten waren bereits vor dem Ausbruch des Krieges nicht mehr verfügbar", erklärt Constantin Bähr von der Alemannen-Apotheke in Friesenheim der Lahrer Zeitung.

Französische Nachbarn kommen häufiger in Apotheke in Schwanau

Dies sei nun aber kein Grund zur Panik. Im Falle eines Falles müsse der Bürger nicht selbst sehen, woher er die Jodtabletten bekomme, dafür sei die Katastrophenschutzbehörde zuständig – "und darauf können wir uns verlassen".

Während in der Alemannen-Apotheke in Friesenheim die Nachfrage nach den hochdosierten Tabletten nicht weiter gestiegen sei, würde es in der Ried-Apotheke in Altenheim seit dem Ausbruch des Ukraine-Kriegs zu häufigeren Anfragen kommen, erklärt Mitarbeiterin Sabine Leuthner. Aber auch dort müsse man "ausverkauft" entgegnen. Ähnlich sehe es auch in der Apotheke an der Kirche im Schwanauer Ortsteil Nonnenweier aus. "Es kamen in den vergangenen Tagen schon mehr Menschen zu uns und fragten nach den Jodtabletten – vor allem auch aus dem benachbarten Frankreich", sagt Mitarbeiterin Larissa Klein im Gespräch mit der Lahrer Zeitung.

Bähr aus Friesenheim appelliert an die Bürger, einen kühlen Kopf zu bewahren und Jodtabletten nicht ohne Sinn und Verstand einzunehmen. Schwere Nebenwirkungen könnten auftreten, allein wenn die Dosierung nicht passe. Es ergebe "absolut keinen Sinn" die Standard-Jodtabletten, also die 100- bis 200-Mikrogramm-Varianten, überhäuft einzunehmen. "Im Vergleich dazu sprechen wir bei hochdosierten Jodtabletten, die beispielsweise bei einem nuklearen Unfall eingesetzt werden, von bereits 65 Milligramm – was umgerechnet 65 000 Mikrogramm wären. Ich nehme schwer an, dieser Vergleich spricht für sich oder?", so Apotheker Bähr.

Einnahme und Wirkung

"Bei einem Unfall in einem Kernkraftwerk kann es zur Freisetzung radioaktiver Stoffe – darunter auch radioaktivem Jod – kommen. Wird radioaktives Jod eingeatmet oder gelangt über Nahrung in den Körper, kann es sich in der Schilddrüse anreichern und die Entwicklung von Schilddrüsenkrebs fördern", so das Bundesamt für Strahlenschutz. Wenn Betroffene zum richtigen Zeitpunkt nicht-radioaktives Jod in Form von hochdosierten Jodtabletten einnehmen, können sie verhindern, dass sich radioaktives Jod in ihrer Schilddrüse anreichert. Aber auch das Bundesamt warnt: Jodtabletten sollten nur nach ausdrücklicher Aufforderung durch die Katastrophenschutzbehörden eingenommen werden. Die gewünschte Wirkung werde nur erreicht, wenn die Tabletten zum richtigen Zeitpunkt eingenommen werden. "Der richtige Zeitpunkt wird in einem Notfall von den Katastrophenschutzbehörden bekannt gegeben."