Hartmut Läßle, hier am Sportplatz, sieht für seinen Ort Wittenweier als Teil Schwanaus "keine Nachteile". Foto: Köhler

Vor 50 Jahren gaben die vier Schwanauer Ortsteile ihre Eigenständigkeit auf, um zu fusionieren. In Wittenweier – dem kleinsten Ortsteil mit rund 500 Einwohnern im Jahr 1972 – gab es die wenigstens Diskussionen, so Ortsvorsteher Hartmut Läßle.

Wittenweier - Der kleinste Teil der Ried-Gemeinde war vor rund 50 Jahren der erste, der sich mit einer Eingemeindung in größere Gemeinden beschäftigte. Bei einem kleinen Dorf mit 500 Einwohnern und nur wenig Industrie und Steuereinnahmen "war der Gedanke nicht fern, sich mit größeren Gemeinden zusammenzutun", so Hartmut Läßle, der derzeit Sven Kehrberger in der Funktion als Ortsvorsteher vertritt. Die Professionalisierung und Modernisierung der Verwaltung sei alleine nur schwer umzusetzen gewesen. Die Frage habe lediglich gelautet: Wohin geht man?

Die ersten Gespräche führte Wittenweier mit dem Nachbarort Nonnenweier. Doch dieses wollte Anfang der 1970er-Jahre noch eigenständig bleiben. Auf mehr Zuspruch stießen die Wittenweierer in Ottenheim, sodass das Dorf bereits im Jahr 1971 – ein Jahr vor der Gründung Schwanaus – nach Ottenheim eingemeindet wurde. "Erbitterte Gegenwehr ist mir nicht bekannt", kommentiert Läßle die Haltung der Wittenweierer Bürger. Diese habe sich auch nicht geändert, als dann Nonnenweier und Allmannsweier hinzukamen. Und dennoch: Eine gewisse Umstellung war es für die Anwohner, wenn nun der Bürgermeister zu Besuch kam. "Früher war das der Willi oder der August, nun war das ein Herr in Krawatte", so Läßle lachend.

Eine Orientierung nach Süden sei bei der Kommunalreform nie ein Thema gewesen, vermutet Läßle. Kappel liegt zwar nur wenige Kilometer entfernt, doch "es gibt eine natürliche Grenze. Hier ist Stopp", so der Ortsvorsteher. Beispielsweise ist Kappel katholisch und Wittenweier evangelisch. Es fahre kein Bus zwischen den beiden Orten, Kappels Kinder gehen nach Ettenheim auf die Schule, Wittenweiers Kinder nach Ichenheim oder Lahr. Entsprechend gebe es dort keine Vermischungen.

Durch die Fusion zur Gemeinde Schwanau habe Wittenweier "definitiv keine Nachteile" gehabt, sagt Läßle. Die Wittenweierer – und auch er selbst – würden sich in der Regel als Schwanauer sehen. Läßle kenne das auch nicht anders, so war er beispielsweise selbst in Allmannsweier in der Schule. "In der SG-Schwanau-Jugend merkt man das", gibt der Ortsvorsteher ein weiteres Beispiel. Dort trieben die Kinder zusammen Sport und es spiele keine Rolle, aus welchem Ortsteil der Mitspieler komme.

Ein Vorteil der Fusion sei der Bau der Elzhalle gewesen. Diese wurde im Fusionsvertrag jedem Ortsteil mit Hallensport treibenden Vereinen versprochen. Doch Wittenweier hatte zunächst keinen. Also schüttelte der damalige Ortsvorsteher Wilhelm Schlage eine Tischtennisabteilung aus dem Ärmel und die Halle konnte gebaut werden. "Sie ist für unsere Zwecke sehr geeignet", freut sich Läßle über die Elzhalle. Auch der Elzsteg war Teil des Fusionsvertrags.

Wäre Wittenweier noch eigenständig, könnte man den Fokus auf eigene Problematiken legen, erzählt der Ortsvorsteher. Die anderen, größeren Ortsteile hätten bei Projekten eine "Sogwirkung", für die Läßle auch Verständnis zeigt. Ganz oben auf dem Plan stünde als eigenverantwortliches Wittenweier dann, dass alle Kindergartenkinder auch einen Platz im Ort finden und nicht in andere Ortsteile ausweichen müssen. Auch für eine stündliche ÖPNV-Taktung und eine Anbindung in Richtung Ettenheim würde Läßle sich einsetzen. Ob das als eigenständige Gemeinde stemmbar wäre? Das hinge davon ab, wie viel finanzielle Zuwendung man bekommen würde.

Ob eigenständig oder nicht "wir sind hier eine kleine Community. Fast jeder kennt hier jeden", beschreibt Läßle seinen Ort. "Es gibt keinen schöneren Fleck Erde als hier". Neben Ausflügen in die Natur gebe es in Wittenweier noch mehr. Im Sportverein werde zwar nicht mehr Fußball gespielt, dafür geturnt, gewandert oder gewalkt. Ein Fest für die Bevölkerung wie ein irischer Abend soll einmal im Monat veranstaltet werden. Der Sportplatz sei ein Treffpunkt auch für die Jugendlichen, deswegen habe man im Ort für dessen Erhalt gekämpft. Junge Eltern könnten sich im Kindergarten austauschen. Dort schafften vor allem Zugezogene auch den Anschluss – auch ein Grund, warum Läßle hofft, dass alle Kindergartenkinder im Ort bleiben. Und auch wenn manches besser sein könnte: "Es ist ein Privileg, hier friedlich zu leben", ist sich Läßle sicher.

LZ-Serie zum Jubiläum

Die Lahrer Zeitung stellt in der Serie zum Schwanauer Jubiläum die Perspektive jedes Ortsteils vor. In den einzelnen Teilen geht es darum, wie das Stimmungsbild in jedem Ortsteil bezüglich der Fusion vor 50 Jahren war und welche Vor- und Nachteile sich aus dem Zusammenschluss für den jeweiligen Ort ergeben haben.