Aus finanzieller Sicht hätte Kuhbach nicht zwingend eingemeindet werden müssen, es gab jedoch trotzdem Vorteile, sagt Ortsvorsteher Norbert Bühler, hier am Brunnen vor dem Rathaus. Quelle: Unbekannt

Ein übereifriger Schulleiter, ein unwilliger Bürgermeister und dann zielführende Gespräche: Die Eingemeindung nach Lahr verlief in Kuhbach nicht ohne Drama. Letztlich wurde man sich einig: Irgendwie hat Kuhbach immer schon zu Lahr gehört.

Kuhbach. Wenn man von Lahr aus in Richtung Schuttertal fährt, würde man es ohne das Ortsschild wohl kaum merken, dass man Kuhbach passiert. So eng sind Stadt und Dorf inzwischen aneinander gewachsen. Doch als in den 1960er-Jahren eine mögliche Eingemeindung nach Lahr zum Thema wurde, wurde dies im Dorf zunächst nicht so gut aufgefasst. Alle Gemeinderäte sträubten sich – bis auf einen, erzählt der heutige Ortsvorsteher Norbert Bühler im Gespräch mit der Lahrer Zeitung.

Dieser Gemeinderat war Heinrich Gaßmann, der damals zugleich auch Schulleiter war. Er stellte im Dezember 1966 ohne Auftrag und ohne Wissen der Gemeinde den Antrag, Kuhbach nach Lahr einzugliedern. Offenbar hatte er sogar bereits Gespräche mit der Stadt geführt. Der Gemeinderat rügte den Schulleiter – und der damalige Bürgermeister Alfred Weiß betonte sogar, dass eine Eingemeindung nicht in Betracht komme, solange er "als Kuhbacher Sohn und Bürger" amtiere. Zwei Monate später schied Gaßmann aus eigenem Antrag aus dem Gemeinderat aus und die Eingliederung schien zunächst vom Tisch.

Vier Jahre danach nahm der Gemeinderat die Gespräche mit der Stadt Lahr wieder auf. Es lockten Investitionen seitens der Stadt, die sich Kuhbach alleine nicht so schnell hätte leisten können. So sollte die Eingemeindung doch erfolgen, jedoch nur unter einer Bedingung: Im Eingemeindungsvertrag sollte geregelt sein, dass sich Kuhbach durch eine Ortsverwaltung immer noch zu einem gewissen Grad selbst verwalten und den Einwohnern eine bürgernahe Anlaufstätte bieten kann. Dagegen hatte die Stadt Lahr nichts einzuwenden, sodass man sich schließlich einigte. Nachdem die Kommunalpolitiker bereits überzeugt waren, wurden im Juli 1971 die Anwohner befragt. 78,1 Prozent sprachen sich für die Eingemeindung nach Lahr aus. Diesem Wunsch folgte der Gemeinderat, und der Vertrag wurde unterschrieben.

Anders als bei anderen kleinen Gemeinden zu dieser Zeit war die Eingemeindung aus Kuhbacher Sicht keine finanzielle Notwendigkeit. Mit dem Hersteller von Schallplattenspielern "EMT" hatte eine große Firma in Kuhbach ihre Produktionsanlagen. 200 bis 300 Menschen waren dort beschäftigt. Für Gewerbesteuer-Einnahmen zum Unterhalt der Infrastruktur war also gesorgt. Zudem hätte Kuhbach "vieles schon gehabt", was anderen Ortsteilen erst mit der Eingemeindung möglich wurde. Beispielsweise wurde bereits im Februar 1971 die Festhalle eingeweiht.

Größere Versprechungen als Investitionen in die Infrastruktur und den Kindergarten, der 1973 durch einen Umbau in der Schule untergebracht wurde, hätte Kuhbach aber auch nicht erwarten dürfen, erklärt Bühler. "Wir haben auch nicht viel eingebracht", sagt der Ortsvorsteher und bezieht sich auf die im Vergleich zu anderen Stadtteilen geringe Gemarkungsfläche Kuhbachs.

So ist das Dorf in den vergangenen 50 Jahren auch nur unwesentlich gewachsen. 1508 Einwohner hatte Kuhbach im Jahr 1970, 1564 sind es jetzt, erläutert Bühler. Diese seien allerdings im Ort "immer noch gut versorgt". Es gäbe zwar keine der vier Wirtschaften mehr, dafür immer noch einen Arzt, einen Zahnarzt, eine Metzgerei und zwei Bäckereien – und die Stadt Lahr sei ja nicht weit entfernt.

"Kuhbach ist eine Schlafgemeinde", sagt der Ortsvorsteher über sein Dorf. So werde der Ort oft bezeichnet, da die Menschen tagsüber arbeiten und sich kaum im Dorf aufhalten. Darunter leide auch das Dorfleben etwas. Man habe zwar mit dem VdK, dem Obst- und Gartenbauverein und der Narrenzunft "Kuhbacher Kühe" aktive Vereine, doch vor allem die Jugend treffe sich eher in Lahr, wenn sie was unternehmen möchte.

Der Ortschaftsrat plane, einen neuen Jugendclub zu installieren, damit sich die Jugend künftig auch im Ort selbst aufhalten kann. Auch die Ringer sollen sich künftig in Kuhbach wohler fühlen. Die alte Kegelbahn wird als neues Vereinsheim ausgebaut. Auch Fußball wird in Kuhbach gespielt – gemeinsam mit Reichenbach. Den Fußballplatz habe man damals bereits in weiser Voraussicht einer möglichen künftigen Zusammenarbeit nah an Reichenbach heran gebaut.

"Wir haben irgendwie immer schon zu Lahr gehört", sagt Bühler, der seit 2009 Ortsvorsteher ist. Per Losentscheid hatte er sich damals gegen den langjährigen Ortsvorsteher Theo Benz durchgesetzt. "Das war ein Aufregerthema", sagt Bühler. Nach fast 13 Jahren im Amt bilanziert er, dass die Zusammenarbeit mit der Stadt Lahr allgemein gut funktionieren würde, er sich aber mehr Mitspracherecht im Gemeinderat wünsche: "Die unechte Teilortswahl war besser", sagt Bühler und bezieht sich auf die Zeit nach der Eingemeindung, als jeder Stadtteil eine fixe Anzahl an Sitzen hatte. Er allein habe es manchmal schwer, die Interessen Kuhbachs durchzusetzen. Da seien andere Ortsteile im Gemeinderat besser vertreten.

Im Zuge der Kommunalreform wurden im Jahr 1972 die sieben heutigen Lahrer Stadtteile, die bis dahin eigenständige Gemeinden waren, in die Stadt eingegliedert. Die Lahrer Zeitung blickt in einer Serie auf den Prozess der Eingemeindung zurück und stellt die Entwicklung der einzelnen Stadtteile seit 1972 dar.