Alice (Merle Gebauer) wird auf der Bühne in der Festhalle von einem Bienenschwarm umringt. Foto: Dorn

"Alice im Wunderland" begeistert 400 Zuschauer in der Festhalle / Moderne Interpretation von Carolls Buchklassiker

Nach einem fast halben Jahr Vorbereitung haben die Schülerinnen der Ballettschule Isgard Mader in der Wolfacher Festhalle "Alice im Wunderland" gezeigt. Eine gelungene Interpretation.

Wolfach . Ungebetene Gäste, nächtliche Ruhestörung, womöglich Alkohol und Drogen: Es braucht keine sozialen Netzwerke, damit eine Feier junger Menschen aus dem Ruder läuft. Bei Alice 18. Geburtstag waren es "nur" die beiden Jungs oder besser gesagt, deren Musikgeschmack, die bewirkt haben, dass die Geburtstagsfeier ein jähes Ende nahm. Diese gelungene Interpretation des Märchens "Alice im Wunderland" zeigten Kinder und Jugendliche am Freitagabend in der Festhalle Wolfach.

Ein halbes Jahr lang hatten sich die Schülerinnen der Ballettschule "Isgard Mader" auf diesen Auftritt vorbereitet. Nach den eher an klassischen Märchen orientierten Vorstellungen der letzten Jahre hatte sich Regisseurin Isgard Mader mit dem Stück "Alice im Wunderland" deutlich näher an die Erfahrungswelten ihrer älteren Ballettschülerinnen heran gewagt.

Ulrike Mader hatte dazu farbenfrohe Kostüme angefertigt. Auch die Requisiten verstärkten die Wirkung des Stücks. Auf der Materialliste standen unter anderem fünf Türblätter, zwei tarnfarbene Tunnelzelte, zehn Stirnlampen sowie ein Schlauchboot.

Maders Interpretation basierte auf der fantastischen Buchvorlage aus dem Jahr 1865 vom britischen Schriftsteller Lewis Carroll. So waren in bei der Wolfacher Aufführung die strenge Mutter (Sanja Epting) und gütige Tante (Linda Schenk) zwei Gegenpole. Lollipop und Ballkleidchen waren laut der Mutter erlaubt, Hip-Hop und männliche Ballgäste nicht. Diese Grenzen des Erlaubten wurden bei der Geburtstagsparty deutlich überschritten.

Nur die Tante vermag die unglückliche Alice (Merle Gebauer) zu verstehen und zu trösten. Sie schenkt Alice eine kleine anschmiegsame Katze (Luisa Kremer) und die Protagonistin erträgt den Rest des Tags tapfer.

Umschwirrt von Schmetterlingen und blauen Vögeln, die von den jüngeren Ballettkindern gespielt und getanzt wurden, fällt Gebauer alias Alice auf einer Blumenwiese in einen tiefen Schlaf.

Sie beginnt zu träumen und folgt einem weißen Kaninchen (Annalena Weiß). Dieses huscht in seinen Bau und Alice versucht vergeblich in eine der fünf Türen hineinzukommen. Da alle viel zu klein sind, nimmt die 18-Jährige einen Zaubertrank ein und schrumpft die passende Größe.

Die Alice im Miniaturkörper – jetzt von Alicia Santos gespielt – findet ihren Weg durch die Tür. Erst ein herzhafter Biss in eine Zauberfrucht verwandelt sie wenig später wieder in die "alte", größere Protagonistin zurück.

Isoliert in dem Raum hinter den Türen erinnert sich das junge Mädchen an das traurige, jähe Ende ihrer Geburtstagsfeier. Wie ein verlorenes Irrlicht tanzt sie auf der Bühne in der Wolfacher Festhalle durch die Dunkelheit. Mit jeder Minute weiterer Einsamkeit werden ihre Ballettschritte schwermütiger. Ein Schwarm blauer Fische nimmt sie auf. Schwerelos gewinnt Alice beim Schwimmen neuen Lebensmut und spielt ausgelassen mit ihnen, die am Ende des ersten Akts die Ballettbühne gemeinsam mit Meerjungfrauen und Krebsen bevölkern.

Das Weiß alias Kaninchen schaut dem Treiben eine Weile zu, mahnt Alice dann zur Eile und schubst sie höflich, aber bestimmt in ein Schlauchboot.

Im zweiten Akt werden Alice Träume deutlich realistischer. Ihre Freunde partizipieren an der Geschichte, Blumen auf der Wiese beginnen ihren Namen zu singen und weisen ihr den Weg. Einzig das weiße Kaninchen, dass immer energischer auf die abgelaufene Zeit verweist, stört die Harmonie.

Die junge Frau lässt sich jetzt vollends auf ihre Träume ein. Selbst als eine riesige Katze erscheint, deren Kopf und Körper in luminiszierenden Farben im Schwarzlicht auf der Bühne zum Leuchten gebracht wird, hat sie keine Angst. Im Gegenteil, sie tätschelt das absonderliche Tier sogar am Kopf.

Diese Handlung mündet in ein furioses Finale: Alice trifft auf die böse Herzkönigin, die durch Sanja Epting verkörpert wird. In der Traumwelt wird Alice zum Tode verurteilt. Dem tapferen kleinen Herzkönig (Katharina Lehmann) und den Karten-Soldaten ist es zu verdanken, dass die Königin von Alice ablässt. Damit endet der Traum. Die 18-Jährige wacht wieder auf und kann sich – so behauptet sie es zumindest vor ihren Freundinnen – in der realen Welt an nichts mehr erinnern.

Mit einem langanhaltendem Applaus belohnten rund 400 Zuschauer anschließend das Ensemble. Von den kleinen Bienen, Igeln, den Vögeln, dem großen Heer an Freundinnen bis hin zum Schmetterling hatte es eine fast fehlerfreie Aufführung auf die Bühne gebracht.

Den einzigen Fauxpas nahm Regisseurin Mader selbst auf ihre Kappe: Hinter der Bühne hatte es im zweiten Akt recht laut geklirrt, aber außer ein bisschen Geschirr von der Geburtstagsgesellschaft war nichts zu Bruch gegangen.

Nun ist die Vorfreude auf 2019 schon groß, wenn sich der Vorhang erneut bei der nächsten Vorstellung der Ballettschüler öffnen wird.