Günter Belli spielte gern Saxophon. Repro: Steitz Foto: Schwarzwälder-Bote

Nachruf: Renommierter Wolfacher Dirigent Günter Belli erliegt mit 80 Jahren einem Herzversagen

Günter Belli ist im Alter von 80 Jahren am Neujahrstag an Herzversagen gestorben. Er hinterlässt eine Frau und vier Söhne. Lange Zeit fungierte er als Dirigent der Wolfacher und Hausacher Stadtkapelle sowie des Schapbacher Musikvereins.

Wolfach/Hausach/Bad Rippoldsau-Schapbach . Er war Visionär, Idealist, aber auch ein Perfektionist bis zum Schluss. "Er wusste immer, wie es klingen muss, klingen kann", erinnert sich Frederic Belli an seinen Vater Günter zurück. Am Neujahrstag ist dieser im Alter von 80 Jahren gestorben. Der Wolfacher erlag einem Herzinfarkt im Kreise seiner Familie.

Für sie kam der Tod überraschend, weil Belli bis zuletzt geistig und körperlich sehr fit gewesen sei. Auch an Weihnachten wurde noch gemeinsam musiziert. Jedoch ist Belli seit 30 Jahren herzkrank gewesen, berichtet seine Frau Elfi beim Pressegespräch, und vor 30, 20 sowie zehn Jahren habe er schon Herzinfarkte erlitten.

Der namhafte Musiker, der in der Region viel Gutes bewirkt hat, hinterlässt seine Ehefrau und die vier Söhne Christian, Nicolai, Julian und Frederic.

Belli war nicht nur der erste hauptberufliche Dirigent der Stadtkapelle Wolfach (1969-1980), sondern leitete auch die Stadtkapelle Hausach (1987-1997) und den Musikverein Schapbach (1977-1994). Er engagierte sich stark in der Jugendarbeit.

Unter ihm wurden zahlreiche Größen der lokalen Musikwelt ausgebildet, zum Beispiel Christoph Schilliger, Georg Schnurr, Roman Schilli und Joachim Riester. Auch Bellis Kinder lernten bei ihm und starteten fast ausnahmslos erfolgreiche Musikkarrieren, gehören heute zum Stamminventar des Südwest- oder Westdeutschen Rundfunks. Am 27. November war Belli deswegen sogar in der SWR4-Sendung "Musik aus dem Land" im Radio zu hören. Der Produzent Eddi Graf interviewte den 80-Jährigen bezüglich eines Benefizkonzerts seiner Söhne in Wolfach.

Günter Belli war in einer Epoche groß geworden, in der es keinen Fernseher gab, aber ein reges Vereinsleben. Er war nicht nur der Musikwelt sehr zugetan, sondern auch sportlichen Vereinsaktivitäten. So kickte er beim FC Wolfach, coachte die Mannschaft der Jugendkapelle Hausach und war begeisterter Tennisspieler im TC Wolfach.

Der wissbegierige Sohn des Schuhmachers und Stadtkapellmeisters Engelbert Belli erblickte am 15. September 1936 das Licht der Welt. Er wuchs in Wolfach auf und begann dort nach der Schule eine Lehre als Schuhmacher. In den 50er-Jahren absolvierte er eine Ausbildung zum Vermessungstechniker und arbeitete bis 1989 beim staatlichen Vermessungsamt in Wolfach. Schon damals begeisterte sich der 18-Jährige für die Musik und rettete einen Auftritt der "Kapelle Belli", der Tanzkapelle seines Vaters, da er sich heimlich das Saxophonspielen beigebracht hatte und überraschend für den ausfallenden Saxophonisten einspringen konnte.

Nachdem Günter Belli seinen musikalischen Horizont stetig erweiterte und er sich Schlagzeug, Trompete, Klarinette, Posaune, das Alphorn, die Querflöte bis hin zu seinem Lieblingsinstrument dem Saxophon stundenlang im Selbststudium nach Feierabend aneignete, begann er, zuerst nebenbei, als Vertretung seines Vaters die Stadtkapelle Wolfach zu leiten.

Musik zog sich wie ein roter Faden durch sein Leben, war sein Kosmos, erzählt seine Nichte Ingrid. "Noten waren seine Lektüre", erinnert sich Sohn Nicolai. Schon Engelbert Belli habe sich in der Musikszene einen bedeutsamen Namen erworben. Allerdings bekam Günter als jüngstes von drei Kindern nicht viel von seinem Vater mit, weil dieser in den Krieg ziehen musste. Auch Bellis Mutter starb früh und so wurde er von der Haushälterin Pauline aufgezogen. Günter und sein Bruder Helmut, Ingrid Bellis Vater, besaßen jedoch von Geburt an gute Musikergene.

Belli beherrschte letztlich jedes Instrument der Blaskapelle, trat mit allen Instrumenten solistisch bei Konzerten auf und vertiefte sein Wissen bei Dirigentenlehrgängen in Trossingen.

Auch seine Nichte konnte Belli animieren, ihr Talent im Schapbacher Musikverein zu entfalten. Trotz anfänglicher Bedenken willigte sie ein und widmete sich dem Querflötenspiel. "Wir waren so gut", schwärmt Ingrid Belli noch heute. Wenn ihr Onkel die Blaskapelle "zum Singen" gebracht hätte, habe sich keiner mehr auf dem Stühlen halten können.

"Was ich vermissen werde, ist sein positives Gefühl, seine Begeisterungsfähigkeit, die er uns Musikern als Zuhörer vermittelt hat", bekennt Frederic Belli. Von Dixieland, Blasmusik bis hin zur Neuen Musik habe der 80-Jährige bis zuletzt jede Musikrichtung gemocht. Seine Neugierde und Weltoffenheit seien grenzenlos gewesen. Zu den Konzerten seiner erfolgreichen Söhne sei Belli immer voller Stolz angereist. Als Zuhörer habe er dabei "weit über den Tellerrand geblickt". Er kannte die verschiedenen Künstler und wusste die Personen stets in Beziehung, in ein internationales Gefüge, einzuordnen.

Auch viele Bildungsreisen habe der Wolfacher unternommen. Mit seinen Kapellen war er zum Beispiel in Holland, Schweden oder Italien. Er war ein offener Mensch, bemerkt sein Sohn Christian, es habe schon vorkommen können, dass Belli spontan in einem Zug mit seinem Gegenüber ein reges Gespräch anfing, das die Fahrt andauerte.

Neben der Musik lagen ihm auch seine Familienmitglieder am Herzen. Ehefrau Elfi lernte er 1978 bei einer Musikveranstaltung in der Schlosshalle in Wolfach kennen. Sie lernte ihm zuliebe nach der Heirat (1979) Klarinette, gemeinsam unterrichteten sie die regionale Jugend.

Mehrmals pro Woche absolvierte die Familie Belli regelmäßig zwei Stunden pro Abend musikalische Proben – mal in Schapbach, mal in Wolfach oder Hausach. Auch die Jungs waren von Anfang an mit dabei. Dieses künstlerische Engagement hatte Belli so fest im Griff, dass er dabei oft auch die Zeit vergessen konnte und die Probe oder der Unterricht länger dauerte. "Pädagoge mit Leidenschaft" sei er gewesen, erzählt Sohn Julian. Sein Vater habe nicht nur bei den eigenen Kindern die Charakterzüge in so jungen Jahren prägen und verfeinern wollen, sondern auch bei externen Schülern – auch wenn diese Professionalität im Amateurbereich sicherlich zuweilen überfordern konnte, so Frederic Belli. Nur zuletzt sei sein Vater in dieser Hinsicht gelassener geworden.

"Das schönste war für ihn ›sein Konzert‹, das er eingefädelt hat, das letzte große Geschenk an die Stadt Wolfach", resümiert Frederic. Die Rede ist vom Benefizkonzert "Belli and Friends", das am 4. Dezember in der Festhalle Wolfach stattfand. Der 80-jährige Belli hatte dies mitorganisiert und wusste genau, wie er seine Söhne terminlich koordinieren konnte.

Ein befreundeter Musiker seines Ensembles "Trombone Unit" erzählte Frederic Belli hinterher, dass er beobachtet habe, wie Vater Belli während der Darbietungen "Gänsehaut" beim Zuhören bekam. Er habe in diesen Momenten innerlich das Zepter an seine Söhne abgegeben, urteilte der Bekannte. Er war vermutlich mit seinem Wirken im Reinen, weil er wusste, dass sein musikalisches Erbe ist in guten Händen ist. Sein Sohn Frederic fasst es so zusammen: "Er hat nie angegeben, aber mit dem Konzert hat er das gesagt, was er sagen wollte."

Weitere Informationen: Die Trauerfeier findet vor-aussichtlich am Mittwoch, 11. Januar, ab 14.30 Uhr in der Katholischen Kirche St. Laurentius in Wolfach statt.