Vor dem Amtsgericht Wolfach wurde die Verhandlung gegen einen Geschäftsmann eingestellt. Ihm wurde Vorenthalten von Arbeitsentgelt vorgeworfen. (Symbolbild) Foto: dpa

Geschäftsmann zahlt 90 Tagessätze wegen veruntreuten Sozialversicherungs- beiträgen.

Wolfach - Vor dem Amtsgericht Wolfach wurde die Verhandlung gegen einen Geschäftsmann eingestellt. Ihm wurde Vorenthalten von Arbeitsentgelt vorgeworfen. Der Angeklagte, Staatsanwalt und die Richterin einigten sich nun auf eine Entschädigungssumme.

Drei Zeugen hatte das Amtsgericht Wolfach geladen, doch nach ungefähr einer Stunde des begonnenen Prozesses entließ die Richterin alle unvernommen. Der Grund: Der Angeklagte hatte eingewilligt, seinen Einspruch zurückzuziehen und der Staatsanwalt hatte dem zugestimmt. Nun muss der Unternehmer aus dem Kinzigtal 90 Tagessätze á 50 Euro, im Wert von 4500 Euro, entrichten.

Ihm wurde vorgeworfen, als Arbeitgeber über einen längeren Zeitraum ab 2015 in acht Fällen keine Sozialversicherungsbeiträge für einen Geschädigten bei der AOK Baden-Württemberg entrichtet zu haben. Insgesamt sei laut der Richterin ein Betrag in Höhe von knapp 9000 Euro hinterzogen worden.

Maßgeblich ging es bei dem Auftakt der Verhandlung um die Frage, ob der Angeklagte den Geschädigten als Scheinselbstständigen angestellt hatte. Laut den Akten und der Aussage des Geschädigten sei die Zusammenarbeit zwischen beiden wie ein normales Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverhältnis ausgestaltet gewesen. So habe der Angeklagte dem Geschädigten ein Auto für seine Arbeiten zur Verfügung gestellt. Dem widersprach der Angeklagte. Die Unterlagen belegten auch, dass er der Geschädigte von dem Selbstständigen an eine andere Firma vermittelt wurde, und von den Arbeitszeiten nicht unabhängig agieren konnte. "Man kann sich nicht aussuchen, ob man Arbeitnehmer oder Selbstständiger ist", redete die Richterin dem Angeklagten ins Gewissen. Ausschlaggebend sei, wie ein Arbeitnehmerverhältnis ausgestaltet sei und welche Abhängigkeiten bestehen würden.

Auch entnahmen die Richterin und der Staatsanwalt der Beweismittelakte, dass der Angeklagte einen Arbeitnehmerunterlassungsvertrag unterschrieben hatte. Insofern gingen beide davon aus, dass der Geschädigte in Lohn und Brot beim Angeklagten war.

"Wie kann das denn passieren, dass Sie jemanden als Arbeitnehmer überlassen, der gar nicht ihrer ist?", fragte die Richterin den Angeklagten. Anfangs bestritt dieser die Tatsachen, dann änderte er seine Strategie und betonte. "Es ist ein Versehen, kein Verbrechen." Er habe angenommen, da der Geschädigte eine Gewerbeanmeldung vorgenommen habe, liefe der Fall genauso wie in Italien ab. Dort habe er als Selbstständiger zehn Jahre agiert.

"Unwissenheit schützt vor Strafe nicht", erwiderte der Staatsanwalt. Als mittelständischer Unternehmer eines 40-Mann-Betriebs hätte dem Kinzigtäler bewusst sein müssen, wann jemand als selbstständig eingestuft wird und wie das Hintergrundwissen zu Bilanzvorschriften lautet. Zugleich misstraute er den Ausführungen des Angeklagten: "Die Tatsachen wissen Sie, Sie haben sie nur falsch gewürdigt."

Schließlich wurde deutlich, dass der Unternehmer den Fehler einräumte, obwohl er vor der Verhandlung noch Einspruch eingelegt hatte. Der Kinzigtäler wollte die Konsequenzen seines Handelns aber nicht übernehmen und prangerte immer wieder an, ihn als einen Verbrecher abzustempeln. "Sie sehen den Fehler ein, wollen aber nicht bestraft werden", kritisierte der Staatsanwalt daraufhin.

Der Angeklagte betonte, er sei seit 1972 selbstständig, habe drei Steuerprüfungen erlebt und nie sei etwas passiert. Offenbar hatte er Angst, dass hohe Summen auf ihn zukämen. Als die Richterin und der Staatsanwalt ihm ans Herz legten, den Einspruch zurückzunehmen und dann über die Tagessumme diskutierten, gab der Angeklagte nur vage Auskunft über seine Einkünfte. "Wir sind hier nicht auf dem türkischen Basar", appellierte die Richterin und stellte fest, dass die Höhe der gewählten Tagessätze genau richtig bemessen war.