In seinem Element: Joachim Riester dirigiert 75 Musiker der Stadtkapelle beim Doppelkonzert in der Festhalle. Foto: Steitz

Stadtkapelle und Musikverein ehren Dirigenten in der Festhalle

Erst heiter und ausgelassen, im nächsten Augenblick sanftmütig bis melancholisch: Beim Doppelkonzert "20 Jahre MD Joachim Riester" hat Joachim Riester durch eine farbenprächtige Klaviatur der Gegensätze geführt. Drei Stunden lang dirigierte er zwei Orchester.

Wolfach. Das spanische Temperament hatte die Wolfacher vollends ergriffen. Die Klarinetten und Querflöten brachten flirrende Melodien zu Beginn von Ferrer Ferrans "Alba Ouvertüre" hervor. Das spanische Lebensgefühl mit seinen heiteren Tanz- und Flamenco-Elementen breiteten die Musiker der Stadtkapelle Wolfach mit einer brillanten Leichtigkeit aus.

Zwischendurch klatschten sie kastagnettenartig in ihre Hände, um dann mit einem Wahnsinnstempo fortzufahren, bis Riesters Taktstock das Ganze in einer großartigen Bewegung beendete. Man hätte eine Stecknadel fallen hören können, so ruhig war es plötzlich. Fortan wurden Riesters Bewegungen filigraner. Lieblich und langsam begannen die Posaunen und Klarinetten. Und statt der Drums setzte die Triangel in einer leiseren Tonalität träumerische Akzente.

Musikdirektor (MD) Riester, der seit 20 Jahren die Stadtkapelle Wolfach und seit 15 Jahren den Musikverein Prechtal leitet, war während des Konzerts, das ihn für seine langjährige Tätigkeit als Dirigent offiziell ehrte, in seinem Element. Mit großer Sorgfalt und Präzision, aber auch Charisma spornte er seine insgesamt 160 Musiker (85 Prechtäler und 75 Wolfacher) vom Dirigentenpult aus zu Höchstleistungen an.

Das Publikum im mit rund 400 Zuschauern ausverkauften Saal der Festhalle wusste es ihm mit Pfiffen und üppigen Applaus bei Höhepunkten wie "Bohemian Rhapsody" (Freddie Mercury) und "Give It One" (Maynard Ferguson) zu danken. Die Zuschauer bekamen im Gegenzug zwei Zugaben: "In Treue fest" von den Prechtälern und "San Francisco March" von den Wolfachern.

Rockig und zuweilen jazzig präsentierten sich die Posaunisten und Saxophonisten sowie der gesamte Musikverein Prechtal vor allem bei "Children of Sanchez". Der Flügelhornsolist Klemens Disch fiel dabei durch seine betörenden Soloeinlagen auf.

Chuck Mangiones mit dem Grammy ausgezeichnete Filmmusik wurde von Riester trotz des zuweilen heftigen Tempos behutsam und sorgfältig aufgebaut, um dann wieder hart mit dem Klang zu brechen und die Melodie von Neuem sich entwickeln zu lassen. Am Ende faltete er fast demütig die Hände vor den Prechtälern zusammen und wendete sich dem Publikum zu, um sichtlich gerührt im wohlverdienten Applaus zu baden.

Lange im Voraus hatten die Prechtäler und Wolfacher die 14 Lieder fürs Konzert einstudiert. Mitte April gastierten die Musiker mit dieser Auswahl unter dem Motto "Tempus fugit –– wie die Zeit vergeht" zuerst in Prechtal.

Für Riester war der Probenmarathon ziemlich intensiv, doch diese Vorbereitung hatte sich gelohnt. Gerade bei den Wolfachern saß jeder Ton perfekt. Und wenn Riester zwischendurch ins decrescendo wechselte, waren seine Bewegungen zu den Musikern sofort synchron, sodass es mucksmäuschenstill wurde.

Originell agierten die Wolfacher vor allem bei "Congestion Charge", einem Lied aus "New London Pictures" von Nigel Hess. Sie suggerierten mithilfe von Rhythmusinstrumenten, wie einer Trillerpfeife oder einem Becken, den lärmenden Verkehr in London. Schlossen die Zuhörer die Augen, so fühlten sie sich ins pulsierende Stadtleben gezogen. Sogar eine richtige Ampelschaltung wurde auf der Bühne betätigt, sie wechselte wie die Musik in ihrer Tonalität zwischen Rot und Grün. Zum Schluss leuchtete sie rot auf.

Am Ende des anspruchsvollen Konzerts bedankte sich Horst Polus, Geschäftsführer der Stadtkapelle, bei Riester, dem seit dem opulenten "Someday Over The Rainbow" aus "Zauberer von Oz" (Harold Arlen) die Schweißperlen auf der Stirn standen, für seine bisherigen Dienstjahre. Dabei hob er Riesters Professionalität und Feingefühl hervor. Polus sicherte dem 54-jährigen MD zu, dass das Orchester ihn bei seinem Wunsch, ein internationales Wertungsspiel zu bestreiten, unterstützen werde und überreichte ihm einen Reisegutschein, der sich mit dem Präsent der Prechtäler ergänzt, die ihm zwei Karten für eine Vorstellung in der Hamburger Elbphilharmonie geschenkt hatten. Außerdem bekam er ein persönlich zusammengestelltes Fotoalbum mit 250 Bildern aus seiner bisherigen Schaffenszeit, das er glücklich entgegen nahm.