Dieses Gebäude in der Rue du Grand Couronné zieht die Blicke der Passanten auf sich. Foto: Schauer Foto: Lahrer Zeitung

Umnutzung: Private Initiative möchte das "Haus der Bürger" dauerhaft übernehmen

Straßburg (thi). Ein Haus an der Ecke der Rue du Grand Couronné ist seit zwei Monaten zu einem Blickfang geworden. Ist dieser Rubik-Würfel mit Dach möglicherweise ein Werbegag? Noch steht nirgendwo zu lesen, dass es sich bei dem auffälligen Gebäude um das "Maison citoyenne" handelt: das Haus der Bürger.

Eine Initiative von Bürgern und Gruppen, die vor 18 Monaten einzog und deren Vertrag eigentlich am Jahresende ausläuft, hat das Fachwerk nun so bunt ausgemalt. Und das soll es noch nicht gewesen sein. "Hier soll der Bürger einen Ort haben, der ihm nützlich und hilfreich ist, wo er lehrreiche oder gesellige und unterhaltende Momente mit anderen teilen kann – kunterbunt wie die Wand draußen", erklärt Flora Picchinenna, die sich als Zivildienstleistende hier um den Alltag kümmert.

Das Fachwerkhäuschen wurde 2014 von der städtischen Wohnbaugesellschaft SERS gekauft. Weil es dann doch nicht in den städtischen Bebauungsplan integriert werden konnte, bot sie es der Initiative mietfrei bis Ende 2016 an. Nun denkt das Kollektiv zusammen mit dem Verein für ökologisches Bauen und Wohnen "Eco-Quartier Strasbourg" an eine feste Zukunft. Man ist dabei, sich mit der SERS abzustimmen. "Aber noch ohne richtigen Terminplan. Wir müssen erst noch die Verwaltungsform, das ökonomische Modell für das Haus entwickeln", erklärt Emmanuel Marx, Direktor von "Eco-Quartier Strasbourg".

In der Zwischenzeit kratzen und schaben die Freiwilligen schon heftig am alten Innenleben und bereiten alles für die Renovierung vor. "Da sind dann aber gut 150 000 Euro hinzublättern", weiß Picchinenna. Aber alle im Kollektiv seien überzeugt, dass es mit Spenden und Subventionen zu schaffen ist. Die großen Kleckse als Probe mit verschiedenen Farben innen an der Wand machen es deutlich – alle sind sicher, hier wird man die Raufaser anstreichen, hier wird man bleiben.

Und es läuft schon den ganzen Sommer was. Draußen im Garten gibt es jede Woche was zu tun: ein Programm mit Märchenlesungen oder engli schen Teekränzchen, ein Workshop zur Reparatur von Fahrrädern oder dem Anfertigen von Marionetten und auch mal ein kleiner Flohmarkt oder ein sommerliches Barbecue. "Im Kollektiv wird kollektiv nachgedacht und beschlossen und dann kollektiv erlebt, das soll dieses Haus sein. Und alles so bunt wie da draußen die Wand", begeistert sich Picchinenna.

So macht sich hier am Rand des Neudorfs gegenüber dem Place de l’Etoile mit dem Rathaus und der städtischen Verwaltung ein bunter Bürgersinn breit. "Die Baubehörde, die Stadt und die SERS haben uns den bunten Anstrich gleich genehmigt", sagt Picchinenna. "In anderen Worten: Wir sind willkommen. Bürgersinn wird hier im Maison citoyenne einen festen Platz haben."