Mit viel Humor und Ironie zeichnet Tomi Ungerer die Gefühle der Elsässer – etwa hinsichtlich ihrer "doppelten Identität" zwischen Frankreich und Deutschland. Eindrücklich zeigt sich dies in seinem Bild "Mutter Elsass". Foto: Diogenes Verlag

Künstler feiern Tomi Ungerer

Der Straßburger Künstler Tomi Ungerer feiert heute seinen 85. Geburtstag. Seit seiner Geburt am 28. November 1931 hat der Autor und Illustrator schon in Straßburg, New York, Kanada und Irland gelebt – und viele Werke erschaffen.

Straßburg. Frauen, Kinder und Politik – das gesamte pralle Leben von der Geburt bis zum Tod und mit allem, was zwischendurch wichtig ist – das sind die Themen, die der Straßburger Künstler Tomi Ungerer in den Mittelpunkt seines Schaffens rückt. Das Leben hat es ihm nicht leicht gemacht, es hat ihn hin und her geworfen, aber Ungerer machte aus der Unruhe das Beste, hat Grenzen ausgelotet und sich zeitlebens an zahllosen Orten vielfältig ausprobiert.

Mehr als 160 Bücher veröffentlicht

Als Autor und Illustrator veröffentlichte er mehr als 160 Bücher in französischer, englischer und deutscher Sprache. Darunter sind etwa 80 Kinderbücher, in denen Ungerer einfühlsam und liebenswürdig Partei für die Rechte der Kinder ergreift und sie zu Eigenständigkeit, Neugierde und Selbstverwirklichung ermutigt. Dafür wählte ihn der Europarat 2000 zum ersten Botschafter für Kindheit und Erziehung.

Einem größeren Publikum bekannt wurden auch die Bilderbücher für Erwachsene – mit beißender Satire wie in "Das große Liederbuch" von 1975 oder mit obszöner Erotik wie in "Das Kamasutra der Frösche" von 1982. Bücher von Ungerer wurden in 28 Sprachen übersetzt. Darüber hinaus versuchte er sich erfolgreich als Bildhauer, Erfinder, architektonischer Designer und Werbegrafiker.

Mindestens 40 000 Zeichnungen sind von ihm erhalten, die schon in mehr als 100 Ausstellungen zu sehen waren. Er selbst bezeichnet sich in einem seiner Bücher als Aufzeichner: "Ich zeichne, was ich aufschreibe, und ich schreibe auf, was ich zeichne, um einen Gedanken klar, kurz und bündig auszudrücken" ("Die Hölle ist das Paradies des Teufels", 2008).

1931 als jüngstes Kind eines Straßburger Uhrmachers geboren, der früh verstarb, wuchs Jean-Thomas Ungerer bei der Mutter und den Großeltern im Elsass auf. Obwohl sprachbegabt und an Literatur interessiert, schaffte er in den elsässischen Querelen rund um den Ausgang des Zweiten Weltkriegs den Schulabschluss nicht und verließ seine Heimat, um zunächst mit dem Fahrrad durch Frankreich und später durch ganz Europa zu reisen. Nach Wanderjahren zwischen Algerien und Norwegen führte ihn sein Weg 1956 schließlich in die Neue Welt.

In New York begann seine Karriere als Zeichner, Maler, Illustrator, Kinderbuchautor und Werbegrafiker. Bereits 1957 gewann er den ersten von zahlreichen Preisen für sein illustriertes Kinderbuch "The Mellops go flying". In diesem Jahr begann auch die Zusammenarbeit mit dem Zürcher Diogenes Verlag, in dem später die meisten seiner Bücher erschienen. In den USA entwarf Ungerer Filmplakate, unter anderem für Stanley Kubrick und Otto Preminger, und er machte sich einen Namen mit freizügigen Erotika, scharfen sozialsatirischen Zeichnungen und bissigen Karikaturen gegen Dekadenz, Ungerechtigkeit und Krieg, bis sogar das FBI aufmerksam wurde. Sein politisches Engagement setzte sich fort in Kampagnen gegen Rassismus und Faschismus, für Nukleare Abrüstung oder nachhaltige Ökologie sowie im Einsatz von Projekten zur europäischen Integration und insbesondere für die deutsch-französische Freundschaft.

Seit 1976 lebt Ungerer wieder in Europa

In den 70er-Jahren kehrte Tomi Ungerer über das kanadische Neuschottland zurück nach Europa. Seit 1976 lebt er mit seiner Familie nun auf einer Farm in Irland und immer wieder auch in Straßburg. Dort beherbergt das "Musée Tomi Ungerer" seit 2007 mehr als 8000 Zeichnungen sowie 2000 Plakate und Grafiken des Künstlers, die in wechselnden Ausstellungen zu sehen sind. Ergänzt wird die Sammlung durch eine Bibliothek, eine Videothek, ein Pressearchiv sowie eine große Spielzeugsammlung mit rund 6000 Objekten.

Dort erwartet Ungerer zu seinem Geburtstag nun ein ganz besonderes Geschenk. Anlässlich der 85 vollendeten Lebensjahre sind 85 französische und ausländische Künstler wie Lemaître, Mordillo oder Solotareff der Einladung gefolgt, zu Zeichenstift und Tusche zu greifen und sich in eigenen Werken mit denen des elsässischen Zeichners auseinanderzusetzen.

Die Sonderausstellung im Museum neben dem Nationaltheater zeigt die von den Gratulanten speziell zu diesem Anlass geschaffenen Zeichnungen vom 19. November bis zum 19. März. Das Musée in der Villa Greiner in Straßburg ist täglich außer Dienstag von 10 bis 18 Uhr geöffnet.