"Die einsamen Gegenden haben mir eher zugesagt", berichtet Martin Brucker im Gespräch über seine Weltreise. Foto: Brucker

Ein Welschensteinacher berichtet von seiner sechseinhalbjährigen Tour durch die Welt

Sechseinhalb Jahre sind eine lange Zeit. Zeit, die Martin Brucker "auf der Straße" verbracht hat: Der Welschensteinacher war mit seinem Motorrad auf Weltreise. Nun ist er wieder zurück und berichtet von seinen Eindrücken.

Welschensteinach. "Im März 2010 bin ich gestartet, im Oktober des vergangenen Jahres war ich wieder zurück", berichtet Brucker im Gespräch mit dem Schwabo. Die Strecke verlief am Ende von Haustür zu Haustür: "Ich bin von der Haustür meiner Mutter aus gefahren – und da auch wieder angekommen", berichtet der 49-Jährige.

"Das Ziel war eigentlich, irgendwo Arbeit zu finden", blickt Brucker zurück. Zuvor war er neun Jahre lang Entwicklungshelfer in Äthiopien gewesen. "Und dann bin ich von Deutschland aus erst einmal in Richtung Südostasien gestartet und habe dort meine Kontakte abgeklappert." Die Arbeitssuche verlief am Ende aber nicht unbedingt so, wie gedacht: Als gelernter Schreiner habe er eher Gelegenheitsarbeiten angenommen oder als Gegenleistung dafür, dass jemand ihn aufnahm, gearbeitet.

Das anhaltende Nomadenleben tat sein Übriges: "Ein Angebot für eine Stelle als Entwicklungshelfer habe ich aus Laos bekommen. Da war ich selbst aber schon in Australien." Schlussendlich entschied Brucker sich, weiterzufahren – besonders das australische Outback hatte es ihm angetan. Von Australien aus stand dann die Entscheidung an, ob er nach Afrika oder nach Südamerika weiterreisen sollte. "Afrika – zumindest Teile davon – kannte ich schon durch meine Arbeit als Entwicklungshelfer. In Südamerika war ich vorher noch nie. Also habe ich noch ein Jahr an meine Reise drangehängt und bin nach Südamerika gegangen." Bruckers Route ist in der Grafik nachvollziehbar. Am Ende reiste er über St. Petersburg zurück nach Welschensteinach.

Ist es nicht schwierig, sich in manchen Ländern zu verständigen? Mit Händen und Füßen sei es eigentlich immer möglich gewesen, berichtet Brucker. Es gebe natürlich inzwischen auch Reiseführer, die ähnlich wie Bilderbücher funktionieren: Der Reisende zeigt auf ein Bild und macht dem Anderen damit klar, was er möchte. "Aber das wollte ich nicht. Ich wollte ja mit den Leuten in Kontakt treten! Ich habe mich bemüht, in jeder Sprache wenigstens die gängigsten fünf bis zehn Worte zu lernen. Die Leute waren auch wirklich aufgeschlossen und haben sich gefreut – es ist eine Art Wertschätzung."

Durch seine Arbeit als Entwicklungshelfer habe er ohnehin bereits Einblicke in fremde Kulturen erhalten, so sei der Kulturschock nicht zu groß gewesen. In Kombination mit einer gewissen Menschenkenntnis "und glücklicherweise auch dank vieler freundlicher Menschen, die ich auf dem Weg kennen gelernt habe" kann Brucker davon berichten, dass er keine wirklich gefährlichen Erlebnisse hatte. "Im Gegenteil. Ein Höhepunkt dieser Reise waren tatsächlich die Leute." In Argentinien beispielsweise sei ihm eine Strecke empfohlen worden. Als er sich später bei einem Mechaniker absichern wollte, habe dieser abgeraten: "›Wenn dir da was passiert, dauert es sicher drei Tage, bis jemand zu Hilfe kommt‹, meinte er." Aber der Mechaniker habe zufällig eine Gruppe über eine ähnliche Wegstrecke geleitet und habe dem Deutschen vorgeschlagen, diese ebenfalls zu nehmen. "Ich bin ihnen mit dem Motorrad ein paar Stunden vorausgefahren. So hatte ich die Sicherheit, dass schnell jemand da ist, falls was passiert."

Bemerkenswerte Begegnungen

Bemerkenswert sei auch eine Begegnung im Iran gewesen. Dort habe er noch kein GPS gehabt und habe wegen Übernachtungsmöglichkeiten an einem Taxistand in der Innenstadt gefragt. Einer der Fahrer habe einfach ein Auto angehalten – und der Mann hinterm Steuer sprach Deutsch. Er lud Brucker ein, zahlte ihm eine Tankfüllung, wollte ihn sogar bei sich übernachten lassen, empfahl ihm aber schlussendlich ein Hotel. "Dort durfte ich mein Motorrad an der Rezeption abstellen, damit auch wirklich nichts passiert. Und als ich am Ende meine Rechnung beim Hotel bezahlen wollte, sagten die, das hätte der Herr schon getan. Solche Gastfreundschaft habe ich immer wieder erlebt, aber ich finde sie immer noch bemerkenswert."

Eher zugesagt hätten ihm aber trotzdem die einsamen Gegenden der Erde: Das australische Outback oder Patagonien beispielsweise. "Oder die amerikanischen Wälder. Fahren Sie mal durch die ›Backwoods‹ von Idaho. Da merken Sie, wie klein der Schwarzwald eigentlich ist."

In Welschensteinach habe sich in den vergangenen sechseinhalb Jahren Vieles verändert. "Ich musste ohnehin auch vom Kopf her erst mal wieder ankommen", fasst Brucker die Zeit seit seiner Rückkehr zusammen. Nun arbeitet er die Tour auf und möchte ab Oktober in Vorträgen von ihr berichten. Und die nächste Reise hat er auch schon im Kopf – denn alle Länder hat er noch immer nicht bereist.

INFO

Das Motorrad

Martin Brucker ist auf seiner Reise mit einer BMW G650 Xchallenge unterwegs gewesen. Das Enduro-Motorrad habe in den sechseinhalb Jahren gute Dienste geleistet, berichtet er: So sei er von vornherein ohne Ersatzreifen unterwegs gewesen, um Gewicht zu sparen "und mit den Reifen hatte ich auch nie so wirklich Probleme." In Argentinien sei es schwierig gewesen, an Ersatzteile zu kommen. "Sonst war das durchaus machbar."