Symbolfoto: Hase Foto: Schwarzwälder-Bote

Das Neue Kommunale Haushaltsrecht hält Einzug ins Mittlere Kinzigtal

Als erste Gemeinde im Verbreitungsgebiet des Schwarzwälder Boten Kinzigtal wendet Steinach ab diesem Jahr das sogenannte Neue Kommunale Haushaltsrecht (NKHR) an. Eine Mammutaufgabe, die die Kämmereien im Hintergrund bereits seit einiger Zeit beschäftigt. Steinach/Mittleres Kinzigtal.

In der Steinacher Gemeinderatssitzung am Montagabend hat Kämmerin Petra Meister den Haushalt eingebracht. Über Investitionsprojekte und die Grundzüge des neuen Haushalts war bereits in der Dezembersitzung informiert und diskutiert worden (wir berichteten). Der Schwarzwälder Bote stellt am Beispiel Steinachs die wichtigsten Eckpunkte des neuen Systems, das auch als »Doppik« bezeichnet wird, vor.

Welches System kam bislang zur Anwendung?

Bislang verfährt die Haushaltsrechnung von Gemeinden nach dem System der Kameralistik. Der Gemeindehaushalt verfährt, vereinfacht erklärt, nach dem Prinzip einer Einnahmenüberschussrechnung. Er teilt sich auf Verwaltungs- und Vermögenshaushalt auf. In ersterem werden die Ein- und Auszahlungen des laufenden Betriebes verbucht – etwa Personalkosten oder Steuereinnahmen. Letzterer umfasst alle Posten, die das Vermögen der Gemeinde erhöhen oder vermindern, also beispielsweise Kauf und Verkauf von Grund und Boden, Baumaßnahmen oder die Aufnahme von Krediten.

Und nun?

Neben der Finanzlage wird nun auch die Ertrags- und Vermögenssituation aufgezeigt. Verwaltungs- und Vermögenshaushalt fallen weg. Die Gemeinde bildet einen Gesamthaushalt und muss diesen, nach Auskunft von Meister, noch in mindestens zwei Teilhaushalte untergliedern. Jeder einzelne Teilhaushalt besteht wiederum aus einem Teilergebnis- (mit Erträgen und Aufwendungen) und einen Teilfinanzhaushalt (mit Ein- und Auszahlungen).

Was bedeutet das konkret für Steinach?

Die Gemeinde Steinach hat ihren Gesamt- in insgesamt drei Teilhaushalte gegliedert: Innere Verwaltung, die Leistungen, die die Gemeinde nach außen erbringt, und den allgemeinen Finanzhaushalt.

Wie ist es um Steinachs Finanzen bestellt?

Für 2017 plant Steinach mit einem Ergebnishaushalt, dessen Einnahmen sich auf insgesamt rund 8,2 Millionen Euro belaufen. Die wichtigste eigene Einnahmequelle der Gemeinde bleibt die Gewerbesteuer, wo Meister mit einem Aufkommen von 1,3 Millionen Euro rechnet. Der Gemeindeanteil an der Einkommenssteuer beträgt 2,03 Millionen Euro, ein Wert, der alle Vorjahre übersteigt. Allerdings ist auch die Aufnahme von Darlehen in Höhe von rund 1,3 Millionen Euro für 2017 eingeplant, weil umfangreiche Investitionen anstehen. So beispielsweise die Umgestaltung des Adlerplatzes und die Rathaussanierung. Bis 2020 sind weitere Investitionen geplant – »Meilensteine der Gemeindeentwicklung«, wie Meister sie nannte.

Wann ist ein Haushalt nach NKHR genehmigungsfähig?

Der Ergebnishaushalt entspricht in großen Teilen dem bisherigen Verwaltungshaushalt. »Er wird allerdings nicht mehr in Einnahmen und Ausgaben ausgeglichen«, erklärte Meister am Montag. »Gesetzlich geregelt ist nur, dass alle ordentlichen Aufwendungen durch ordentliche Erträge gedeckt werden müssen.« Wenn eine Kommune diese Bedingung erreicht, ist der Haushalt genehmigungsfähig.

Was ist mit der Zuführungsrate?

Bislang wurde der Überschuss des Verwaltungshaushalts dem Vermögenshaushalt als Finanzierungsanteil zugeführt. Diese Zuführung von Überschüssen gibt es nicht mehr. »Der Ergebnishaushalt schließt mit einem ordentlichen Ergebnis, das entweder positiv oder negativ sein kann«, so Meister. Eine Entnahme aus den Rücklagen beziehungsweise dem Basiskapital ist noch immer möglich, erfolgt aber anders als bisher erst im Rahmen des Jahresabschlusses. Somit ist der Finanzierungssaldoin der Haushaltsplanung oft negativ. Das ist in Ordnung, er darf aber nicht so hoch sein, dass die Mindestrücklage der Kommune aufgezehrt wird.

In welchem Zeitraum erfolgt die Umstellung?

Im Hintergrund sind die Gemeinden bereits seit einiger Zeit damit befasst, die Haushaltsführung umzustellen. Der Beschluss erfolgte zum 1. Januar 2009. Auf der Informationswebseite des Gesetzgebers zu dieser Thematik www.nkhr-bw.de heißt es: »Die Kommunen haben ihr Haushalts- und Rechnungswesen spätestens ab dem Jahr 2020 nach dem neuen Haushaltsrecht zu führen.«

Warum der lange Vorlauf seitens des Gesetzgebers?

In der Steinacher Gemeinderatssitzung erklärte die Rechnungsamtsleiterin, der neue Haushalt habe nicht mehr viel mit dem alten zu tun: »Er ist gänzlich anders aufgebaut als bisher. Mit dem bisherigen Haushalt hat er außer dem Namen nicht mehr viel gemeinsam«, schickte sie am Montag der Vorstellung des Planwerks voraus. Die Rechnung vom kameralistischen System auf das doppische umzustellen, bedeutet einen hohen
Aufwand für die betreffenden Gemeinden. In Steinach beispielsweise ist eine erste Information über die Umstellung in der Gemeinderatssitzung im Dezember erfolgt. Die Sitzungen vorgestern und am kommenden
Montag, 23. Januar, werden zur Information und Diskussion genutzt. Der Beschluss erfolgt am Montag, 30. Januar.

Wann stellen die anderen Gemeinden im Mittleren Kinzigtal um?

In Haslach ist vorgesehen, das NKHR ab 2019 anzuwenden, teilt Kämmerin Gisela Ringwald mit. Der Haushaltsbeschluss, der in der Gemeinderatssitzung gestern Abend erfolgen sollte, wird also noch nach altem System gefasst. Hofstetten, Fischerbach und Mühlenbach haben nach Auskunft von Hofstettens Rechnungsamtsleiter Markus Neumaier eine Arbeitsgruppe gebildet. Alle drei Gemeinden stellen 2019 um. Wolfach peilt nach Auskunft von Kämmerer Peter Göpferich eine Umstellung auf 2018 an. Ob dies funktioniert, entscheidet sich in den kommenden Wochen. Spätestens 2019 soll es dann aber so weit sein. Oberwolfach, Hausach, Hornberg
und Gutach wollen das System auf 1. Januar 2018 umstellen.