Raphael Cisar und Kristina Fehse übernehmen die Hauptrollen in William Shakespeares Drama. Foto: Baublies Foto: Lahrer Zeitung

Katja Thost-Hauser und Bruno Thost sprechen über die Inszenierung, die heute Abend Premiere feiert

Von Endrik Baublies

Seelbach. Die Seelbacher Freilichtspiele feiern am heutigen Samstag Premiere. Mit "Romeo und Julia" kommt zum dritten Mal ein Drama aus der Feder William Shakespeares auf die Bühne. Was ist das Besondere am Autor und an der Inszenierung der Tragödie im Klostergarten?

Die echte Telefonzelle neben der sparsam dekorierten Bühne ist kein Zufall. Balthasar aus dem Hause Montague hat kein Handy, daher muss er den Notruf mithilfe des gelben Häuschens absetzen. Regisseurin Katja Thost-Hauser hat die Geschichte der verfeindeten Häuser Capulet und Montague, aus "deren unheilvollem Schoß ein Liebespaar entsprang", aus einer fernen Vergangenheit in die 1980er-Jahre verlegt. "Da waren Handys oder SMS noch unbekannt", erklärt Thost-Hauser, die nicht nur Regie führt, sondern auch Julias Mutter, Lady Capulet, spielt.

Die Musik zu ihrer Inszenierung stammt aus derselben Zeit. "Ich habe zu der Musik meine Hausaufgaben gemacht", erinnert sich die Regisseurin, Jahrgang 1972. Ein Großteil des Publikums werde sich an ähnliche Dinge erinnern, ist sie sich sicher. Und: "Jüngere kennen die Musik ebenfalls." Dann gibt es auf der Bühne den optischen Gegensatz zwischen Punks und Mods, Lederjacken und Schickeria. Der Streit der "zwei Häuser, beide an Ansehen gleich", wird so gut sichtbar.

Warum wird Shakespeare im Jahr 2014 gegeben? "Es ist das Jahr des 450. Geburtstags", erklärt Bruno Thost. Er hat vor elf Jahren die Idee der Freilichtspiele nach Seelbach gebracht. Neben seiner Aufgabe als Intendant spielt er den Pater Lorenzo. Einig sind sich Vater und Tochter, dass die Tragödie des Liebespaars, "von einem Unstern bedroht", in diesem Jahr ideal für das Ensemble und den Klostergarten ist.

Die gesamte Truppe besteht zum einem aus professionellen Schauspielern, überwiegend aus Wien, und Laiendarstellern aus dem gesamten Schuttertal. Das Drama drängt sich für die rund 30 Darsteller förmlich auf. Es gibt sehr viele kleinere Rollen. Gefragt sind Mimen, die an der Choreografie mitwirken: Mit Tanzen und Singen, aber auch Wut und Lärm, bevölkern sie die fiktiven Straßen Veronas. Die Titelfiguren Julia Capulet und Romeo Montague sind dazu nicht so dominant, wie es die Hauptrolle im Drama "Hamlet" vor zwei Jahren gewesen ist. Damit lässt sich die Tragödie mit und für alle Darsteller des Ensembles – aus Wien wie aus dem Schuttertal – in Szene setzen. "Wir sind gleichwertige Partner", erklärt die Regisseurin. Einerseits lerne man als professioneller Schauspieler nie aus. "Andererseits gibt es im Schuttertal viele Talente." Das gelte sowohl für die Darsteller, die seit Jahren dabei sind, wie auch für neue Gesichter auf der Bühne. So haben allen zusammen die komplizierte Choreografie in wenigen Tagen einstudiert. Das Kompliment klingt noch besser beim Blick zur Bühne auf den großen, hölzernen und erhabenen Aufbau, Symbol des Unsterns.

Interessant ist die Sprache bei der Inszenierung im Klostergarten: Im London des ausgehenden 16. Jahrhunderts war noch die Rede davon, "im Theater ein Stück zu hören". Der Autor, Schauspieler, Regisseur und Intendant William Shakespeare verwendete sehr viel Sorgfalt mit Blick auf den Klang seiner Worte. Katja Thost-Hauser hat sich entschlossen, auch die Sprache an heutige Hörgewohnheiten anzupassen. Das macht Sinn, da die wunderbare Übersetzung August Wilhelm Schlegels um 1800 entstanden ist.

Weitere Informationen: Die Hauptvorstellungen sind ausverkauft. Karten gibt es nur noch für die Zusatzvorstellung am Mittwoch, 17. September.

INFO

Romeo und Julia

Das Drama ist Mitte der 1590er-Jahre entstanden. Gedruckt wurde "Romeo und Julia" erstmals im Jahr 1597 (die sogenannte "Bad Quarto", wahrscheinlich ein Raubdruck). 1599 erschien eine Ausgabe, die Shakespeares Truppe, die "Chamberlains Men", autorisiert hat (die sogenannte "Good Quarto"). Eine Neuauflage davon ist 1609 erschienen. Darauf basiert die Ausgabe von 1623, "William Shakespeare Comedies, Histories & Tragedies". Die Zitate Shakespeares im Text stammen aus der modernen Verfilmung "Romeo und Juliet" von Buz Luhrmann (1996).