Neue Aufträge: Das Schwanauer Unternehmen hat Einsätze für Tunnels am Brenner an Land gezogen und will auch in Paris, München und Offenburg zum Zug kommen. Foto: Herrenknecht

Altkanzler sitzt im Aufsichtsrat / Wechsel im Vorstand / Sohn rückt in Führungsverantwortung

Beim Tunnelbau-Unternehmen Herrenknecht aus Schwanau sitzt jetzt Altkanzler Gerhard Schröder neu im Aufsichtsrat. Der Weltfirma geht es wirtschaftlich glänzend, sie spürt jedoch den zunehmenden Druck chinesischer Konkurrenz.

Schwanau. "Ja, es stimmt, wir konnten Gerhard Schröder für uns gewinnen, er ist neu in den Aufsichtsrat unseres Unternehmens gerückt. Wir versprechen uns von der Zusammenarbeit mit ihm wichtige Impulse auf unseren Weltmärkten", erklärt Martin Herrenknecht als Vorsitzender des Vorstands im Gespräch mit unserer Redaktion. Herrenknecht und den früheren deutschen Kanzler verbinde eine langjährige Zusammenarbeit, die nun mit dem Vize-Posten im Aufsichtsrat bestärkt werde. Wirtschaftsmann Schröder solle vor allem wegen seiner vielfältigen Kontakte in der Welt für das Schwanauer Familienunternehmen wirken.

Auch sonst gibt es allerhand Neuigkeiten in der Schwanauer Firmenzentrale, wo der Weltmarktführer in Tunnel-Vortriebstechnik zu Hause ist und als einer der größten Arbeitgeber der Ortenau insgesamt rund 5000 Arbeitsplätze anbietet.

> Neue Stiftung: Damit das Familienunternehmen in seiner jetzigen Form dauerhaft zusammenbleiben könne, sei eine Stiftung gegründet worden. So könne man eine Aufteilung des Unternehmens für die Zukunft verhindern, erläutert Firmenlenker Martin Herrenknecht.

> Sohn rückt in die Führung: Martin-Devid Herrenknecht (30), der einzige Sohn des Firmengründers, übernimmt Verantwortung im Familienunternehmen und bereitet sich damit offenkundig auf weitere Aufgaben im Unternehmen vor. "Martin-Devid ist zuständig für Einzelprojekte, betreut unsere Group-Brands mit rund 220 Millionen Euro Umsatz und kümmert sich um das Thema Industrie 4.0 bei uns", erläutert Firmenlenker Martin Herrenknecht. Die beiden Töchter der Familie sind nicht im Unternehmen aktiv.

> Chef macht weiter: Martin Herrenknecht wird dieses Jahr 75 Jahre alt, zeigt aber keinerlei Anzeichen, im Unternehmen kürzertreten zu wollen. "Mir macht es noch Spaß, ich bin gut drauf, weshalb sollte ich also aufhören?" Die Weichen für die Firma seien gut gestellt und er brauche nicht zwingend weiterzumachen. "Das läuft notfalls alles auch ohne mich", sagt er. Doch so lange er noch mitwirken könne, in diesen schwieriger werdenden Zeiten, packe er noch kräftig mit an. Und: Wann er aufhöre, das entscheide ausschließlich er selbst. Kein anderer. Von seiner Ankündigung vor einiger Zeit, nur noch zwei Jahre weitermachen zu wollen, ist der vital-quirlige Schaffer ganz offenkundig abgerückt.

> Wechsel im Vorstand: Die neue Nummer Zwei bei Herrenknecht ist nun Michael Sprang (Jahrgang 1978). Er wurde zum stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden bestellt und folgt damit Gebhard Lehmann (Jahrgang 1951) nach, der 40 Jahre lang im Unternehmen wirkte und nun als externer Berater fungiert. Sprang verantwortet die Finanzen. Vorstandsmitglied Kurt Stiefel (Jahrgang 1956) geht zum Jahresende in den Ruhestand und betreut die Ressorts Recht, Personal und IT. Auch er soll danach als Berater weitermachen.

> Die Geschäftslage: Die Zahlen des Vorjahres werden derzeit für den Geschäftsbericht der AG erarbeitet. Doch Firmenlenker Martin Herrenknecht zeigt sich mit der Entwicklung des Unternehmens "sehr zufrieden, alles läuft positiv", gibt es zu verstehen. Und für das laufende neue Geschäftsjahr stünden die Zeichen bereits auch sehr gut.

> Aggressive Chinesen: Sorge bereitet den Schwanauern die zunehmende chinesische Konkurrenz auf den Weltmärkten. "Die werden immer aggressiver", berichtet Martin Herrenknecht. Der Kampf um Aufträge werde insgesamt härter, man gleiche diesen Druck aber mit immer neuen Innovationen aus.

> Preis für Ausbildung: Zwischen 180 und 200 Auszubildende sind bei der Firma beschäftigt. Beim Azubi-Test des Magazins "Focus" kam Herrenknecht jetzt im Bereich Maschinenbau auf Platz eins, mit 100 von 100 Punkten.

INFO

Herrenknecht

> Geschichte: Das Unternehmen wurde Mitte der 70er-Jahre von Martin Herrenknecht in der Mietwohnung in Lahr gegründet und ist seither in Familienhand. Der Firmensitz ist Schwanau.

> Beschäftigte: Rund 5000 Menschen arbeiten bei der Firma weltweit. Diese Zahl hält sich stabil. Herrenknecht will personell nicht weiter wachsen.

> Weltmarktführer: Mit seiner Tunnel-Vortriebstechnik ist das Unternehmen technologischer Weltmarktführer. Größtes Projekt 2016 war die Fertigstellung des Gotthard-Basistunnels.