Manfred Lörch (links, Geschäftsführer Ortenau-Klinikum) und Hans-Jürgen Kargoll (Pflegedirektor Ortenau-Klinikum Lahr-Ettenheim) betonen, dass sie um die Belastung der Pflegekräfte in ihrem Haus wissen und alles tun, um ihnen die Arbeit zu erleichtern. Foto: Deckert

Verwaltung ist über Belastung der Pflegekräfte informiert und widerspricht Kreisrat Oßwald in allen anderen Punkten.

Ortenaukreis - Nach der Anfrage des Linken-Kreisrats Lukas Oßwald zu den Arbeitsbedingungen der Pflegekräfte im Ortenau-Klinikum haben die Verantwortlichen am Donnerstag Stellung genommen: "Wir haben bessere Bedingungen als viele andere Häuser." Dann widerlegten sie alle geäußerten Kritikpunkte.

"Die Belastung unserer Pflegekräfte und auch aller anderen Mitarbeiter ist unstrittig sehr hoch", betonte Manfred Lörch, Geschäftsführer des Ortenau-Klinikums. "Sie arbeiten viel und hart. Und die Arbeitssituation ist eng. Wir haben eine Schmerzgrenze erreicht. Aber ich wehre mich entschieden gegen die Anschuldigungen von Herrn Oßwald, bei uns im Haus herrschten Missstände."

Dann nahmen er und Hans-Jürgen Kargoll, Pflegedirektor des Ortenau-Klinikums Lahr-Ettenheim, Oßwalds Anschuldigungen sukzessive auseinander: Dieser hatte gefordert, dass der Kreis Geld nicht nur für Baumaßnahmen an den Klinikstandorten, sondern auch für den Klinikalltag ausgeben sollte. "Krankenhäuser bekommen für ihre Arbeit am Patienten Geld von den Krankenkassen", erklärte der Geschäftsführer das deutsche System. "Das ist eine festgelegte Summe pro Haus." Der Ortenaukreis investiert 2015/16 6,5 Millionen Euro in das Ortenau-Klinikum – allerdings für Baumaßnahmen.

Vier Millionen Euro mussten selbst aufgebracht werden

Ein Punkt, der dem Linken-Kreisrat nicht schmeckte. Er warf seinen Ratskollegen vor, "Baulöcher mit Einsparungen in der Pflege zu stopfen". Aber: Genau das ist, so Lörch, nicht der Fall. Es sei die Aufgabe des Landkreises, Geld für Baumaßnahmen auszugeben. Und für nichts anderes. "Ich möchte keine Klinik haben, die von den Kreisumlagen, also dem Geld, was die Kommunen an den Kreis abgeben, abhängig ist." Wenn die Umlage sinken würde, würde damit quasi auch dem Klinikum der Geldhahn zugedreht – in Lörchs Augen ein zu hohes Risiko und "eine kurzfristige Betrachtung". Er befürchtete gar, dass das Ortenau-Klinikum dann über kurz oder lang an einen privaten Investor oder Träger verkauft werden müsste – weil es bankrott gehen könnte. "Herr Oßwald hat recht: Wir brauchen dringen mehr Geld. Aber dafür ist der Ortenaukreis der falsche Ansprechpartner. Das Geld muss vom Bund kommen", forderte Lörch. Im vergangenen Jahr bekam das Ortenau-Klinikum Offenburg-Gengenbach 23 Millionen Euro über die Krankenhausentgelte – die Personalkosten in der Pflege lagen aber bei 27 Millionen Euro. "Die restlichen vier Millionen Euro, immerhin 70 Stellen, wurden vom Ortenau-Klinikum selbst finanziert", machte der Geschäftsführer klar.

Dieses Jahr wurde in Berlin beschlossen, das Budget für die Kliniken in der Bundesrepublik um ein Prozent zu erhöhen. Die Personalkosten werden aber um drei Prozent steigen. Zudem soll ab 2017 der sogenannte Versorgungszuschlag wegfallen – immerhin 0,8 Prozent des Budgets. "Ja, wir sind gezwungen zu sparen", sagte Lörch. Die Kosten stiegen seit vielen Jahren schneller als die Einnahmen. "Einsparungen sind aus unserer Sicht nicht mehr möglich. Das ist weder gegenüber dem Personal noch gegenüber den Patienten vertretbar", erklärte Lörch.

Ein kleiner Silberstreifen erscheint am Finanzierungs-Horizont: Im kommenden Jahr soll es ein Gesetz geben, das bis 2018 660 Millionen an alle Krankenhäuser in Deutschland ausschüttet um Pflegestellen zu fördern. "Wenn man das linear auf alle Klinikstandorte runterrechnet, dann sind das für das Ortenau-Klinikum pro Standort 0,8 bis eine Stelle mehr", erklärte Kargoll. "Für das ganze Haus also etwa zehn Stellen." Aber, die genaue Aufteilung der Gelder stehe noch nicht fest.

Die Stellenanzahl ist in den vergangenen Jahren gestiegen

Dennoch bemühten sich alle Verantwortlichen, um bestmögliche Arbeitsbedingungen. Die Stellen in der Pflege seien klinikweit erhöht und nicht reduziert worden. 2000 etwa gab es 1534 Vollzeitstellen im Pflege- und Funktionsdienst. Im vergangenen Jahr waren es 1733 Stellen. "Köpfe sind das mehr, da manche Stellen von Teilzeitkräften geteilt werden", sagte der Geschäftsführer. Auch böte das Ortenau-Klinikum seinen Angestellten ein Gesundheitsförderungsprogramm und Fortbildungen an. Auch der Vorwurf, dass Überstunden nicht vom Personalrat genehmigt würden stimme nicht – beziehungsweise könne nicht stimmen. Denn: Das ist nicht die Aufgabe des Gremiums. "Überstunden werden von der Stationsleitung gegengezeichnet", so Kargoll. "Dann werden sie abgebaut oder ausgezahlt."

Noch vehementer wehrten sich Lörch und Kargoll gegen die Punkte, die Oßwald im Zusammenhang mit der Behandlung von Patienten genannt hatte – etwa gegen den Vorwurf, Patienten würden kein Wasser mehr zu spüren bekommen, weil sie alle mit Feuchttüchern gewaschen würden. "Ja, das machen wir bei MRSA-Patienten auf der Intensivstation – weil es hygienischer ist", berichtete Kargoll. "Die Patienten und die Pflegekräfte empfinden das auch als angenehm. Zum einen weil es schneller geht und der Patient nicht so lange unbekleidet im Bett liegen muss. Zum anderen sind die Tücher rückfettend und tun der Haut gut. Bei bettlägerigen Patienten wird dadurch vermieden, dass das Bettzeug beim Waschen nass wird." Aber: Die Tücher seien teurer als Wasser. Der implizierte Vorwurf, das Ortenau-Klinikum wäre zu geizig, um mit Wasser zu waschen, sei nichtig. "Ginge es nach den Pflegekräften, müssten wir die Tücher sogar noch häufiger einsetzen."

Auch Thrombosestrümpfe würde alle zwei Tage, wenn sie schmutzig sind, jeden Tag gewechselt. Vitalfunktionen werden laut Kargoll dann überprüft, wenn es nötig ist. Und auch bei den Visiten seien die Pflegekräfte weiterhin mit dabei. "Manchmal kann es vorkommen, dass ein Arzt eine Visite alleine machen muss. Etwa, wenn er um die vereinbarte Zeit eine Operation hatte und erst spät abends Zeit hat, die Visite zu machen und auf Station nur noch der Nachtdienst da ist", so Kargoll. "Aber ansonsten sind die Pflegekräfte mit dabei."