Um Qualität im Krankenhaus zu gewährleisten braucht es mehr Personal, betont die Gewerkschaft Verdi. Foto: Berg Foto: Lahrer Zeitung

Verdi ruft Krankenhausbeschäftigte auf, gegen Missstände in ihrer Branche zu demonstrieren

Ortenau (red/sad). Bundesweit werden morgen, Mittwoch, 162 000 Menschen vor den Toren ihrer Kliniken gegen den Personalmangel in Krankenhäusern protestieren. Aus Südbaden beteiligen sich die Angestellten aus 16 Häusern: Mit dabei sind unter anderem das Spital Waldshut, das Spital Bad Säckingen, die drei Kliniken des Landkreises Lörrach, das Herzzentrum Bad Krozingen, die Uniklinik Freiburg, das Zentrum für Psychiatrie Emmendingen, die BDH Klinik Elzach, das Herzzentrum Lahr, die Medi-clin Lindenhöhe Offenburg sowie die Ortenau-Kliniken in Offenburg, Lahr, Wolfach und Kehl.

Die Gewerkschaft Verdi will gemeinsam mit den Beschäftigten zeigen, wie viele Stellen im Krankenhausbereich fehlen, um eine "qualitativ hochwertige Versorgung wieder" zu ermöglichen, heißt es in der Ankündigung der Protestaktion. Dazu hat Verdi jedem Krankenhaus von Flensburg bis Bad Säckingen Nummernschilder von 1 bis 162 000 zugewiesen. Diese Nummern entsprächen dem durchschnittlichen Personalbedarf der Kliniken gemessen an Vollkraftstellen aller Krankenhäuser, teilt Verdi mit. Bundesweit fehlen demnach 162 000 Stellen. Davon entfallen rund 70 000 auf die Pflege.

Ziel der Aktion ist es, der Konferenz der Gesundheitsminister der Bundesländer, die am morgigen Mittwoch in Bad Dürkheim tagt, vor Augen zu führen, was "wirklich notwendig wäre um eine gute Versorgungsqualität sicherzustellen". Denn: "Der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Reform der Strukturen der Krankenhausversorgung geht weit am Ziel vorbei", echauffieren sich die Verdi-Vertreter.

Das darin vorgesehene Pflegeförderprogramm stellt in den kommenden drei Jahren insgesamt bis zu 660 Millionen Euro für zusätzliche Stellen zur Verfügung. Zum Schluss sollen maximal 330 Millionen Euro pro Jahr bei den Kliniken bleiben, mahnt Verdi an. "Das hört sich nach einem großen Betrag an, es entspricht aber lediglich 6600 Stellen bundesweit", rechnen die Gewerkschafter vor. Also durchschnittlich maximal drei zusätzliche Pflegekräfte pro Klinik – "nicht einmal zehn Prozent von dem was nötig wäre". Verdi geht noch einen Schritt weiter: "Ob diese Stellen wirklich geschaffen werden, liegt im Ermessen der Klinikgeschäftsführungen." Was das Gesetz an Verbesserung für die Pflege plane "ist schon erbärmlich, für andere Berufsgruppen ist gar nichts vorgesehen".

Im Gesetzentwurf sei permanent von Qualität die Rede, von Qualitätskriterien, Qualitätskontrollen, transparenter Qualität für die Patienten, Zu- und Abschlägen für gute beziehungsweise schlechte Qualität, von Qualitätsverträgen zwischen Kliniken und Krankenversicherungen: "Dass zum Erreichen einer guten Versorgungsqualität eine ausreichende Menge an Personal vorhanden sein muss, wird nirgends thematisiert", betont Reiner Geis, Geschäftsführer der Verdi-Bezirksverwaltung Südbaden. Selbst die deutsche Krankenhausgesellschaft räume ein, dass "viele Krankenhäuser [...] aufgrund der finanziellen Schwierigkeiten zu engen Personalausstattungen gezwungen sind". Der 118. Deutsche Ärztetag habe sich eindeutiger geäußert: "Die Einführung der Diagnosis Related Groups hat dazu geführt, dass die Krankenhausträger die Personalstruktur ihrer Häuser massiv ausgedünnt haben. Dies hat vielerorts zu einem massiven Pflegenotstand geführt. Es ist ärztliche Aufgabe, auf gesetzliche Regelungen zu dringen, um eine Gefährdung unserer Patienten durch weitere Zunahme des Pflegenotstands auch in Zukunft zu vermeiden."

Die Überlastungsanzeigen von Pflegebeschäftigten würden laut Verdi eine noch deutlichere Sprache sprechen und zeigten regelmäßig patientengefährdende Situationen an: "Überall gibt es nur noch Notbesetzungen, Zeit für die Patienten bleibt da nicht", so Geis.

Überlastung der Pflegekräfte verhindert den Zusammenbruch des Systems

Er listet auf, wo in seinen Augen die Missstände liegen: "Die Arbeit kann nicht bewältigt werden. Im Ergebnis für die Patientenversorgung heißt das, Hygienevorschriften können nicht eingehalten werden. Patienten werden nicht gelagert oder mobilisiert, erforderliche Unterstützung beim Essen und Trinken kann nicht gewährleistet werden, Medikamente werden nicht zeitgerecht verabreicht. Patienten mit Problemen klingeln und es dauert lange bis jemand Zeit hat zu kommen. Skandale häufen sich. Der Pflegenotstand ist längst da." Nur die permanente Überlastung der Beschäftigten verhindere, dass die Versorgung zusammenbricht. Ständig werde gegen Arbeitsschutzgesetze verstoßen. Es werde mehr als zehn Stunden gearbeitet, Pausen würden nicht gemacht, an freien Tagen würde eingesprungen damit das System funktioniere. "Was fehlt ist eine verbindliche gesetzliche Regelung zur Personalausstattung der Krankenhäuser und der Finanzierung."