Stephan Bloß, Wilfried Pertschy und David Schmidt (von links) vom Südbadischen Fußballverband auf dem Sportplatz des SV Kippenheimweiler. Das Schiedsrichtertrio befindet sich händeringend auf der Suche nach Nachwuchskräften.                                                                                                 Foto: Kroll

Stephan Bloß, Wilfried Pertschy und David Schmidt suchen Nachwuchs-Schiedsrichter

Ortenau. Der Südbadische Fußballverband sucht händeringend nach Schiedsrichter-Nachwuchskräften. Die Überalterung schreitet konstant voran. Wilfried Pertschy, Bezirksschiedsrichterobmann, Stephan Bloß, Obmann der Schiedsrichtergruppe Ettenheim, und David Schmidt, Bezirkslehrwart, sprachen im Interview mit unserer Zeitung, wie es dazu kommen konnte und wie man den Trend stoppen könnte.

Was glauben Sie, woran es liegt, dass immer weniger Nachwuchskräfte zu finden sind und somit die Zahl der aktiven Referees kontinuierlich abnimmt?

Bloß: Meiner Meinung nach suchen viele Vereine nicht nachdrücklich genug. Kein Wunder, sie haben selbst genug Probleme damit, Vorstandsmitglieder und Jugendspieler zu finden. Woche für Woche keinen Schiedsrichter zu stellen, ist für Vereine oft billiger, als den Nachwuchs mit der Erstausstattung auszurüsten. Erst später rechnet sich der Aufwand für die Ausbildung. Dann sind aber leider mehr als die Hälfte schon wieder weg, zum Beispiel wegen eines Studiums.

Pertschy: Es ist auch die negative Berichterstattung, die uns zusetzt. Ein Schiedsrichter wird an seinen Fehlern gemessen, nicht an seinen richtigen Entscheidungen. Selbst wenn er 99 Mal richtig und nur einmal falsch gelegen ist. Der Schiri wird immer mehr als notwendiges Übel gesehen, dabei ist er eigentlich Sportler, der ebenso hart trainieren muss.

Herr Bloß, Sie sprachen einmal über die "Sorgen und Nöte der Schiedsrichter". Was meinten Sie damit?

Bloß: Zum Beispiel den immer geringeren Respekt vor den Schiedsrichtern. Weiterhin, dass regelmäßig Spiele abgesagt werden müssen, weil die Schiriposition schlicht nicht besetzt werden kann. Außerdem die bereits angesprochene Überalterung, die uns vor immer größere Probleme stellt.

Bei der Schiedsrichter-Hauptversammlung des Bezirks Offenburg war von einer zunehmenden Aggressivität und Verrohung auf und neben dem Platz die Rede. Wie drückt sich das aus?

Pertschy: Der Ton wird rauer. Schiris werden wegen Banalitäten beleidigt und beschimpft. Besonders bei Jugendspielen ist das auch neben dem Platz problematisch. Viele Väter sehen in ihrem Sohn den nächsten Ronaldo und können Entscheidungen gegen ihn einfach nicht akzeptieren. Das nennt man wohl übertriebenen Ehrgeiz. Physische Attacken sind hingegen im ländlichen Raum Südbadens noch die Ausnahme.

Das Freundschaftsspiel zwischen dem SV Eckartsweier und dem FC Ottenhöfen hatte für Aufsehen gesorgt, weil ein Spieler den Referee "in den Schwitzkasten genommen" hat. Dafür wurde er mit einer lebenslangen Fußballsperre bestraft. Ein zu hartes Maß?

Pertschy: Absolut nicht. Ehrlich gesagt hätte ich mit einer anderen Strafe gar nicht gerechnet. Man muss die Unparteiischen schützen. Eine Entschuldigung seitens des Spielers, auf jeden Fall aber des Vereins, wäre bei solchen Vergehen zusätzlich angebracht Leider wartet man darauf oft vergeblich. Hier hat sich der Verein aber klar vom Spieler distanziert und ihn direkt vor die Tür gesetzt.

Wie könnte man die Respektlosigkeit gegenüber Referees schon von vornherein verhindern?

Bloß: Man muss Spielern, die noch im Kindesalter sind, als Vorbild Respekt vor anderen Menschen vorleben. Das sollte schon ganz früh anfangen, ab der B- oder C-Jugend. Wenn die Teenies in die Pubertät kommen, ist es meist zu spät. In der Bundesliga kriegen die Kids jede Woche mit, wie respektlos mit Schiedsrichtern umgegangen wird. Profis bekommen für Beleidigungen viel zu niedrige Strafen. Da denken die Amateurspier natürlich: Das gilt für uns genauso. Wir bekommen also praktisch das ab, was sie einen Tag zuvor im Fernsehen gesehen haben.

Wie können sich Schiedsrichter wehren?

Schmidt: Wir lernen bereits in der Ausbildung, wie wir mit Aggressivität und Gewalt umzugehen haben. Man sollte nicht zu autoritär wirken, stattdessen einen guten Draht zu den Spielern finden. Schiris sind heute nicht mehr nur Entscheider, sondern Spielmanager. Es ist wichtig, souverän aufzutreten und zu seinen Entscheidungen zu stehen. Auch wenn sich diese mal als falsch herausstellen. Man muss sie gut verkaufen. Dann akzeptieren die Spieler auch mal einen Pfiff gegen sich. Wenn es nach dem Spiel heißt: "Merci fürs Pfeifen, Schiri", weiß man, dass man das Spiel gut zu Ende gebracht hat.

Sie versuchen, Nachwuchskräfte zu gewinnen, beispielsweise bei Lehrgängen. Warum sollte man bei Ihnen vorbeischauen?

Pertschy: Wir veranstalten regelmäßig Weiterbildungen. In der Nähe des Feldbergs haben wir ein verbandseigenes Drei-Sterne-Hotel, wo unsere Lehrgänge und Qualifizierungsmaßnahmen stattfinden. Dort würden wir gerne wieder neue Gesichter erblicken. Die Schiedsrichter-Ausbildung ist eine Art Lebensschule. Man eignet sich Soft Skills an, die auch in anderen Lebensbereichen hilfreich sind. Dazu gehören Zuverlässigkeit, Pünktlichkeit, Kritik- und Widerstandsfähigkeit sowie generell die Stärkung der individuellen Persönlichkeit. Man lernt, vor schwierigen Entscheidungen nicht zu kneifen. Es gibt gute Aufstiegschancen für junge Schiedsrichter im Südbadischen Verband. Ab der Kreisliga A wird man beobachtet. Mit guten Leistungen kann man pro Saison eine Liga aufsteigen. Theoretisch könnte man also schon nach acht Jahren Bundesliga pfeifen.

Gibt es weitere Gründe?

Schmidt: Finanziell lohnt sich die Tätigkeit schon als Schüler. Bei zwei gepfiffenen Partien am Wochenende springen 40 bis 50 Euro Taschengeld heraus – plus Spesen. Liga für Liga wird es dann natürlich mehr. Auch ein wichtiger Punkt ist die Kameradschaft unter Schiedsrichtern. Wir unternehmen regelmäßig etwas miteinander, dadurch wird auch der Teamgeist gestärkt. Das Beste kommt zum Schluss: Mit einem Schiedsrichterausweis ist man bundesweit berechtigt, bei nationalen Partien kostenlos ins Stadion zu gehen. Ebenfalls gratis sind alle Spiele der deutschen Nationalmannschaft, solange sie in der Heimat ausgetragen werden.  Fragen von Thomas Kroll.

INFO

Die Schiedsrichtergruppe Ettenheim

Die Schiedsrichtergruppe Ettenheim ist mit 28 Mitgliedern die kleinste im Südbadischen Fußballverband. Ihr Einsatzgebiet umfasst 16 Vereine. Arne Grigorowitsch pfeift in der Verbandsliga, die nächst höchsten Referees sind in der Bezirksliga aktiv. Das Durchschnittsalter beträgt 42 Jahre, was Obmann Stephan Bloß als besorgniserregend empfindet. Lediglich neun Leute sind unter 30, keiner unter 18, dafür aber elf über 50 Jahre alt. Eine Altersgrenze gibt es in den unteren Amateurklassen nicht. Ältester aktiver Schiedsrichter der Gruppe ist Franz Kaspar mit 68 Jahren.

Infos zum Südbadischen Fußballverband und den Gruppen finden sich unter www.sbfv.de, wenn man dem Reiter zum Bezirk Offenburg folgt. E-Mails an das Schiedsrichtertrio sind ebenso willkommen. Die Adressen sind: perwil@web.de (Wilfried Pertschy), blossmann@freenet.de (Stephan Bloß) und d.t.schmidt@gmx.de (David Schmidt).