Kreisbrandmeister spricht über seine Erfahrungen / Förderung des Ehrenamts ist ihm wichtig

Ortenau (red/vk). Seit April 2016 hat der Ortenaukreis mit Bernhard Frei einen hauptamtlichen Kreisbrandmeister. Im Gespräch berichtet der 37-jährige Gengenbacher über seine Aufgaben sowie über negative und positive Erfahrungen wie absichtliche Fehlalarmierungen und unkomplizierte Unterstützung.

Welche Aufgaben hat eigentlich ein Kreisbrandmeister?

Der Kreisbrandmeister beaufsichtigt das Feuerwehrwesen der 51 Gemeinde- und elf Werkfeuerwehren im gesamten Ortenaukreis. Er arbeitet eng mit den Feuerwehren und den Verwaltungen der Städte und Gemeinden zusammen. Insbesondere unterstützt er sie bei der Festlegung von Alarm- und Ausrückordnungen, der Beschaffung von Feuerwehrausrüstungen und der Organisation der Aus- und Fortbildung. In bestimmten Fällen kann er von den Baurechtsbehörden als Sachverständiger im Bereich des vorbeugenden Brandschutzes herangezogen werden. Bei Bränden, Katastropheneinsätzen und Unglücksfällen können der Kreisbrandmeister oder seine Stellvertreter auch die Einsatzleitung vor Ort übernehmen.

Was macht das Feuerwehrwesen im Ortenaukreis aus?

Der Ortenaukreis ist der flächengrößte Landkreis in Baden-Württemberg. Seine Größe und Struktur stellen eine Herausforderung für unsere Einsatzkräfte dar. Die Vielseitigkeit reicht vom ländlichen Raum über die verschiedenen Industriebetriebe bis hin zu Betrieben für Freizeit und Tourismus. Auch die hiesige Verkehrsinfrastruktur mit der A 5, der Rhein als bedeutende Binnenwasserstraße sowie die Bahnstrecken stellen besondere Anforderungen an die Feuerwehren. Dafür brauchen wir hier ein flächendeckend gut ausgebildetes Feuerwehrwesen, um für den Einsatzfall gerüstet zu sein.

Mussten Sie schon negative Erfahrungen sammeln?

In wenigen Fällen wurden die überwiegend ehrenamtlichen Kräfte vor Ort schon bei ihrer Arbeit von Einzelnen behindert oder gar direkt angegriffen. Das ärgert mich ungemein. Auch der Notrufmissbrauch, also böswillige Fehlalarmierungen, sorgen bei den Einsatzkräften und den Mitarbeitern der Integrierten Leitstelle des Landkreises für Frust und Ärger. Häufig funktioniert auch die Bildung einer Rettungsgasse nicht – etwa auf der Autobahn bei Achern. Im Innenstadtverkehr wissen Verkehrsteilnehmer oft nicht, was zu tun ist, wenn sie einem Einsatzfahrzeug mit Blaulicht und Sondersignal begegnen, sodass diese nur erschwert oder verspätet die Einsatzstelle erreichen können. Es ist jedoch sehr wichtig, dass das Einsatzfahrzeug freie Bahn hat. Also: Ruhe bewahren und je nach Situation rechts am Straßenrand anhalten oder bis zur nächsten geeigneten Ausweichstelle weiterfahren. Abruptes Abbremsen aber sorgt immer wieder für gefährliche Situationen.

Welche positiven Ereignisse bleiben Ihnen in Erinnerung?

Beim Großbrand in einem landwirtschaftlichen Betrieb in Kehl im Sommer 2016 haben wir ganz unkompliziert Unterstützung von den Straßburger Kameraden erhalten, das war klasse! Auch das gemeinsame ABC-Gefahrenabwehrkonzept, also die gegenseitige Unterstützung beim Gefahrstoffeinsatz, zeigt, dass die deutsch-französische Zusammenarbeit der Feuerwehren gut funktioniert. Das beweisen auch die Einsätze des deutsch-französischen Feuerlöschboots "Europa 1". Es freut mich sehr, dass die interkommunale Zusammenarbeit der Feuerwehren im Kreis funktioniert und immer mehr an Bedeutung und Akzeptanz gewinnt. Das zeigt sich nicht nur bei Einsätzen, wie kürzlich bei den Wald- und Gebäudebränden, sondern auch bei den gemeinsamen kreisweiten Ausbildungen und der Zusammenarbeit bei der Gerätewartung. Die gute Kooperation mit dem Kreisfeuerwehrverband als Sprachrohr der mehr als 9000 Angehörigen der Feuerwehren im Kreis bereitet mir ebenfalls Freude.

Welche Ziele setzen Sie sich für die Feuerwehren und den Brandschutz?

Die Förderung des Ehrenamts steht ganz oben auf meiner Liste. Ich möchte die ehrenamtliche Arbeit durch eine zentrale Weiterbildung wertschätzen und mithilfe von Konzepten für Ausbildung, Führung und Einsatz entlasten. Den weiter steigenden Anforderungen, strukturellen Veränderungen im Feuerwehrwesen und dem demografischen Wandel möchte ich offen begegnen und gemeinsam mit den Feuerwehren dazu beitragen, den hohen Sicherheitsstandard im Landkreis zu halten und zu fördern. Ich wünsche mir, dass die Motivation und Begeisterung der Feuerwehrangehörigen auch für die Zukunft erhalten bleibt, denn eine gute Kameradschaft ist Basis funktionierender Zusammenarbeit. Mein größter Wunsch allerdings ist, dass alle Kameraden immer gesund von ihren zahlreichen Übungen, Fortbildungen und Einsätzen nach Hause zu ihren Familien zurückkehren.