Halten sich die Ortenauer Kliniken an die Hygieneempfehlungen des Robert-Koch-Instituts? Das Rechercheteam Correctiv zieht das in Zweifel. Symbolfoto: Vichra Foto: Lahrer Zeitung

Rechercheteam beanstandet Situation an Ortenauer Krankenhäusern / "Zahlen veraltet"

Das Ortenau-Klinikum Offenburg, das Epilepsiezentrum Kork und die Franz-Alexander-Klinik Nordrach erfüllen laut Rechercheteam Correctiv die Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts zum Hygienepersonal nicht. Die Kritisierten relativieren.

Ortenau. "Gefährliche Keime haben leichtes Spiel in deutschen Kliniken", mahnt Correctiv. Mehr als jedes vierte Krankenhaus halte die Hygieneempfehlungen des Robert-Koch-Instituts (RKI) nicht ein. Nach diesen sollten Kliniken speziell geschultes Hygienepersonal beschäftigen. Auf Basis von Daten aus den Qualitätsberichten der Krankenhäuser haben Correctiv und das ARD-Magazin "Plusminus" nun eine Datenbank erstellt. Wer die RKI-Empfehlungen nicht erfüllt, ist in der zugehörigen Karte mit einem roten Punkt eingezeichnet – so auch die drei besagten Ortenauer Standorte.

Eines der Mankos dieser Bewertung: Die Qualitätsberichte und damit auch die Zahlen stammen aus dem Jahr 2014. "Der Rückblick erlaubt keinerlei Rückschlüsse auf die aktuelle Ausstattung mit Hygienepersonal", so der Vorstandsvorsitzende der Baden-Württembergischen Krankenhaus-gesellschaft (BWKG), Detlef Piepenburg. "Die Krankenhäuser im Land nehmen ihre Verantwortung für die Hygiene sehr ernst und setzen sich mit vielfältigen Maßnahmen für weitere Verbesserungen ein." Auch der Aufbau von zusätzlichem Hygienepersonal gehe Schritt für Schritt voran.

2011 hätten die Experten des RKI die Empfehlung zur Ausstattung der Krankenhäuser mit Hygienepersonal veröffentlicht, so Piepenburg. Der Gesetzgeber habe aber schnell erkannt, dass dieses hoch qualifizierte Personal auf dem deutschen Arbeitsmarkt nicht in dem benötigten Umfang verfügbar gewesen sei. Deshalb habe der Bundestag Mitte 2013 ein Hygiene-Förderprogramm aufgelegt, mit dem über mehrere Jahre die Qualifikation und zusätzliche Beschäftigung von Hygienepersonal finanziell unterstützt würden. Dass kurz nach dem Start des Förderprogramms noch nicht von allen Krankenhäusern die RKI-Empfehlungen erfüllt worden seien, sei nicht überraschend.

"Seit 2014 hat sich viel getan", berichtet auch Andreas Schröder, Krankenhaushygieniker beim Ortenau-Klinikum, auf Anfrage unserer Zeitung. Dass die Bewertung in der Correctiv-Karte zu kurz greife, macht er aber vor allem an anderen Faktoren fest. Das Ortenau-Klinikum sei ein Verbund mit neun Standorten, eine Aufschlüsselung nach diesen wie auf der Karte deshalb nicht sinnvoll. "Wir sind standortübergreifend tätig", so Schröder. Insgesamt gebe es für alle neun Standorte 2,6 Stellen für Krankenhaushygieniker und elf für Hygienefachkräfte. In Gengenbach etwa werde gemäß der Vorgaben nur eine halbe Stelle benötigt, sodass die dort zuständige Hygienefachkraft auch in Offenburg tätig sei.

Außerdem sind laut Schröder insgesamt 35 hygienebeauftragte Ärzte und 15 hygienebeauftragte Pfleger im Verbund beschäftigt. Dabei handle es sich um entsprechend geschulte Ärzte und Pfleger, die zwar überwiegend in ihren jeweiligen Fachgebieten tätig, auf ihren Stationen aber auch für Hygienefragen zuständig seien.

Dass es in Offenburg keine Hygienebeauftragten in der Pflege gibt, sieht Schröder auch nicht als Qualitätsmangel. Wo diese Stelle nicht besetzt werden könne, übernehme die Stationsleitung deren Aufgaben. Zumal hygienebeauftragte Pflegekräfte in der medizinischen Hygieneverordnung, mit der im Land das Infektionsschutzgesetz umgesetzt werde, auch gar nicht gefordert würden.

Piepenburg sieht überdies "einen groben handwerklichen Fehler" bei der Correctiv-Recherche, durch den die Situation der Kliniken im Jahr 2014 deutlich schlechter dargestellt werde, als sie tatsächlich gewesen sei. Mindestens die Hälfte der angeblich auffälligen Krankenhäuser würden nur deshalb als auffällig bezeichnet, weil sie in ihren Qualitätsberichten keine Hygienebeauftragten in der Pflege ausgewiesen hätten. Dabei sei es 2014 durch Vorgaben des Gesetzgebers nicht möglich gewesen, diese im Qualitätsbericht auszuweisen. "Man muss vorsichtig sein, dass bei dieser Art der Berichterstattung die Menschen keine Angst bekommen, ins Krankenhaus zu gehen", äußert Schröder seinen Unmut.

Auch André Saliger, kaufmännischer Leiter der Franz-Alexander-Klinik Nordrach, relativiert die Correctiv-Datenbank, in der sein Haus wegen einer fehlenden Hygienefachkraft "durchfiel". Dass diese im Qualitätsbericht von 2014 nicht aufgeführt war, müsse ein Fehler gewesen sein. Die Klinik beschäftige eine externe Hygienefachkraft, die regelmäßig im Haus sei, um Mitarbeiter zu schulen. Zudem habe sie Hygienestandards erarbeitet, auf die das Personal zugreifen könne.