Medizintechnik-Hersteller wirft früherem Offenburger gefährliche Körperverletzung vor

Eine Medizintechnikfirma hat einen Ex-Chefarzt der Unfallchirurgie in Offenburg angezeigt. Bei einer strittigen Untersuchung zu deren Produkten soll er sich laut Firma wegen gefährlicher Körperverletzung an Patienten strafbar gemacht haben.

Offenburg. Hintergrund ist eine in dessen Zeit in Offenburg erarbeitete und im April veröffentlichte Studie des Arztes – die laut dem Pressesprecher des Medizintechnik-Herstellers Syntellix, Klaus Kocks, überhaupt keine Studie sei. Es habe keine Genehmigung der zuständigen Ethikkommission vorgelegen. Die in der Veröffentlichung beschriebenen Vorgänge – etwa das wiederholte Röntgen – hätten ohne diese Genehmigung nicht vorgenommen werden dürfen, sagt Kocks. Und das sei – sofern es die Eingriffe und Nachuntersuchungen überhaupt gegeben habe – als gefährliche Körperverletzung zu werten.

Bei fünf Patienten mit frischen Brüchen an den Händen hatte der Unfallchirurg Metallschrauben auf Magnesiumbasis eingesetzt, die aus der Produktpalette der Medizintechnikfirma mit Sitz in Hannover stammen und im Gegensatz zu den üblichen Schrauben aus Titanlegierungen im Körper verbleiben – weil sie sich auflösen.

Die Schlussfolgerung der umstrittenen Studie: "Aufgrund der beobachteten Zystenbildung und der langen Zeit bis zur Konsolidierung", also Heilung, könne der Einsatz der Schraube am Kahnbein "im klinischen Alltag derzeit nicht empfohlen werden".

Staatsanwaltschaft ermittelt derzeit nicht

Die Firma Syntellix erstattete daraufhin mit Schreiben vom 25. April Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft Hannover. Diese wurde nun der Staatsanwaltschaft Offenburg zur Prüfung vorgelegt, wie deren Pressesprecherin Miriam Kümmerle auf Anfrage unserer Zeitung bestätigte. In der Anzeige werde der Vorwurf erhoben, "die Ärzte hätten die Studie nicht ordnungsgemäß durchgeführt, sodass sie sich unter anderem wegen gefährlicher Körperverletzung an den an der Studie teilnehmenden Patienten strafbar gemacht hätten", so Kümmerle. Ermittelt werde bislang nicht. Die Staatsanwaltschaft Offenburg prüfe derzeit, ob sie zuständig sei und überhaupt eine Straftat vorliege.

Der angezeigte Arzt, der seit einiger Zeit als Unfallchirurg in Thüringen tätig ist, war gestern bis Redaktionsschluss nicht für eine Stellungnahme zu erreichen. Er habe inzwischen aber eingeräumt, dass es sich bei der Arbeit nicht um eine Studie gehandelt habe. Dies teilt der Verlag mit, der den Aufsatz veröffentlicht hatte. Der Co-Autor habe inzwischen sogar bestritten, überhaupt an der Untersuchung beteiligt gewesen zu sein, sagt Kocks. Sein Name sei ohne sein Wissen als Mitverfasser angeführt worden.

Das Ortenau-Klinikum Offenburg-Gengenbach, der ehemalige Arbeitgeber des Arztes, sei zur Zeit mit der internen Aufklärung des genauen Sachverhalts befasst und könne diesen deshalb noch nicht kommentieren, so Pressesprecher Christian Eggersglüß.

Gerüchte, nach denen die Medizintechnikfirma – in der der frühere EnBW-Chef Utz Claassen dem Aufsichtsrat vorsitzt – einen Konkurrenten als "Drahtzieher" der strittigen Untersuchung vermutet, konnte Kocks nicht bestätigen.