Die Riegeler Bierablage in der Okenstraße kann sich im sanierten Zustand sehen lassen. Foto: Cames

Renovierung der "Riegeler Bierablage" in der Offenburger Okenstraße ist abgeschlossen

Die Nordweststadt in Offenburg hat einen neuen Blickfang. Die im Stil des Neobarock gebaute "Riegeler Bierablage" an der B 3 strahlt wie frisch erbaut.

Offenburg (red/wa). Die Restaurierung wurde von der Stadt Offenburg und dem Städtebauprogramm "Soziale Stadt" sowie im Rahmen des Programms "Mehr-Lin", das sich für mehr Lebensqualität im Nordwesten Offenburg einsetzt, unterstützt.

Während des wilhelminischen Kaiserreichs florierte die Wirtschaft. Mit Industrie und Handel ging es stetig bergauf, ebenso mit den Gaststätten. Die Brauerei Riegeler, beheimatet im Kaiserstuhl, war in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die zweitgrößte Brauerei in Baden.

Um das produzierte Bier ausliefern zu können, benötigte die Brauerei Umschlagplätze. Mit der Bahn wurden sogenannte Bierablagen beliefert, von wo aus mit Pferdekutschen die Gaststätten in der Nähe mit dem flüssigen Brot versorgt wurden. So entstand auch das imposante Ge bäudeensemble "Riegeler Bierablage" an der Ecke Okenstraße/Bunsenstraße.

Das Haus wurde 1907 von dem Architekten Julius von der Ohe mit Bezügen zur Historie gebaut: einem barocken Dach, Toren wie im Mittelalter und drei dorischen Säulen auf der Rampe im Innenhof. Auftraggeberin war die reiche Familie Meyer, die sich in der Region mehrfach verewigt hat. Freiburg zum Beispiel verdankt ihr den Großen und Kleinen Meyerhof sowie die Wolfshöhle in der Altstadt.

Die groß geratene "Riegeler Bierablage" brauchte den Platz für Bierfässer, Flaschenbierverkauf (heute Restaurant) sowie für Wagen, Pferde, Futter und Knechte.

Der Besitzer des Gebäudes, der freiberufliche Bauingenieur Peter Becker, hat ein Faible für Altbauten und staunt immer wieder über die "gewaltigen" Ausmaße des Gebäudes.

Sogar der Keller hat 2,70 Meter Deckenhöhe, die Wohnräume sind mit gut erhaltenen Stuckdecken drei Meter hoch. "Die komplett erhaltene Bausubstanz entspricht nahezu identisch dem Urzustand von 1907; hier wurde in den vergangenen 110 Jahren kaum etwas kaputt saniert", sagt Becker, der das Gebäude 2005 übernahm.

Auch die Eiskeller sind groß geraten. In jenen Tagen gab es noch keine Kühlschränke, um das Bier kalt zu stellen. Man behalf sich mit Eis, das im Winter an den überfluteten Kinzigwiesen gebrochen wurde. Von dort wurde es in die Bunsenstraße gekarrt und über Luken in den überirdischen Eiskeller geschüttet. Die Deckenhöhe beträgt um die acht Meter, die Steinwände sind knapp einen Meter breit mit eingemauerter dicker Kork-Isolierung. Dort ist das ganze Jahr über Winter. Drei solcher Räume hat es.

Am Nutzungskonzept wird noch gearbeitet

Acht Wohnungen, von denen zwei derzeit aktuell renoviert werden, zwei Künstlerateliers, eine ehrenamtlich geführte Fahrradwerkstatt der Flüchtlingshilfe sowie das Restaurant zur Riegeler Bierablage gehören dazu.

Viele Räume sind im besten Wortsinne ausbaufähig, auch eine Gartenwirtschaft im Hof ist genehmigt. Der Besitzer sucht für die nicht ausgebauten Räume und den großen Innenhof noch nach einem Konzept.

Becker hat energetisch und in Zusammenarbeit mit dem Denkmalschutz renovieren lassen. Neue, den Originalen von 1907 nachempfundene schall- und wärmegedämmte Fenster wurden eingebaut, das Dach gedämmt und neu gedeckt, die Fassade erneuert und der verwitterte Sandstein restauriert. Alle Aufträge gingen an Ortenauer Betriebe. "Firmen von hier arbeiten vertrauensvoll und zuverlässig", weiß Becker aus eigener beruflichen Erfahrung.

INFO

Bierablagen

Die Riegeler Bierablagen sind große Zwischenlager gewesen, die typischerweise Eisenbahnanschluss hatten, von dem aus die regionalen Abnehmer beliefert wurden. Ihre Gebäude waren zugleich Markenzeichen und Reklameträger der Brauerei und konnten auch einen Ausschank haben. Im Jahre 1914 verfügte die Riegeler Brauerei bereits über 30 Bierablagen, neben Offenburg zum Beispiel in Lahr oder Ettenheim. Die Brauerei produzierte von 1834 bis 2003 am Standort Riegel und ist heute Teil der Fürstlich Fürstenbergischen Brauerei.