Foto: Dieter Wissing Foto: Lahrer Zeitung

Sicherheitsmaßnahmen im Kreis nach Anschlag in Berlin verschärft

Der Anschlag auf einen Berliner Weihnachtsmarkt hat die Republik erschüttert – und auch in der Ortenau eine Sicherheitsdiskussion ausgelöst. Die Behörden wollen vor allem mehr Präsenz zeigen.

Ortenau/Straßburg. Die Adventszeit soll eigentlich eine besinnliche Zeit sein. Auf den Weihnachtsmärkten in der Region treffen sich die Menschen nicht zuletzt deshalb, um sich gemeinsam auf das frohe Fest einzustimmen, um sorglose Stunden zu verbringen. Gerade diese Unbeschwertheit wird durch den LKW-Anschlag von Berlin auf eine harte Probe gestellt. Doch trotz aller Verunsicherung und Hilflosigkeit angesichts eines Vorfalls, der sich wohl kaum hätte verhindern lassen, sind Behörden und Veranstalter gefragt, für ein größtmögliches Maß an Sicherheit zu sorgen.

Polizei

"Wie im gesamten Land gibt es auch für die Weihnachtsmärkte im Bereich des Polizeipräsidiums Offenburg keine konkreten Gefährdungshinweise", informierte die Polizei, die nach dem Anschlag dennoch ihre Präsenz auf den Märkten in der Region erhöhen und ihre Verweildauer ausweiten will, gestern. Zwischen der Polizeiführung des Präsidiums und den politisch Verantwortlichen der Kommunen finde ein zeitnaher Informationsaustausch statt.

"Die bisher mit den Organisatoren auf lokaler Ebene abgestimmten Sicherheitskonzepte bleiben bestehen", heißt es aus dem Präsidium weiter. Bei Bedarf sollen sie nach Gesprächen zwischen Polizei, Betreibern und Ordnungsämtern durch geeignete bauliche Maßnahmen ergänzt werden. Allerdings müssten sich die Besucher im Umfeld der Märkte bei Polizisten an den Anblick sichtbar getragener Maschinenpistolen gewöhnen.

Polizeivizepräsident Reinhard Renter zeigt großes Verständnis für die Verunsicherung und Sorgen der Bürger, wirbt aber auch um Vertrauen in die Arbeit der Polizei. Sein Appell lautet: "Lassen Sie sich die Vorfreude auf Weihnachten nicht nehmen. Seien Sie jedoch wach- und aufmerksam. Melden Sie Auffälligkeiten sofort und unterstützen Sie so die Arbeit der Kollegen." Obwohl im Dienstbezirk des Polizeipräsidiums Offenburg derzeit keine Großveranstaltungen zum Jahreswechsel unter freiem Himmel bekannt seien, werde die Polizei auch in der Silvesternacht durch erhöhte Präsenz und mehr Streifentätigkeit für Sicherheit sorgen, kündigt das Präsidium an.

Offenburg

In Offenburg, wo noch bis Freitag einer der größten Weihnachtsmärkte in der Region stattfindet, haben die Verantwortlichen bereits gestern reagiert. "Wir haben im Vorfeld ein umfangreiches Sicherheitskonzept erarbeitet, das nun hochgestuft wurde", teilt Stefan Schürlein, Leiter der Abteilung Stadtmarketing, auf Anfrage unserer Zeitung mit. Konkret bedeute das, dass der private Security-Dienst verstärkt auf Streife gehe. Bisher habe dieser vor allem im Vinzentiusgarten und in den Abendstunden, wenn mehr Glühwein fließe, für Ordnung auf dem Weihnachtsmarkt gesorgt. Jetzt patrouillierten die Sicherheitsleute während der gesamten Öffnungszeiten – und in den Abendstunden vermehrt.

Den Weihnachtsmarkt wegen des Vorfalls in Berlin komplett abzusagen, kann sich Schürlein nicht vorstellen: "Wir sind eine offene Gesellschaft und sollten uns unseren Lebensstil nicht diktieren lassen", sagt er in Übereinstimmung mit zahlreichen Bundespolitikern. Eine andere Ausgangssituation wäre es allerdings, wenn es Hinweise der Sicherheitsbehörden auf Offenburg als konkretes Anschlagsziel gäbe, so der Marketingchef.

Letztlich lasse sich ein Lastwagen aber nicht aufhalten – und in einer Stadt wie Offenburg gebe nicht nur auf dem Weihnachtsmarkt Menschenmengen. "Selbst wenn man den Weihnachtsmarkt so abriegeln könnte, dass auch kein Lastwagen durchkommt, befindet sich nebenan die Fußgängerzone, die auch voller Menschen ist", verweist Schürlein auf das Restrisiko, das trotz aller Sicherheitsmaßnahmen bleibt.

Gengenbach

Darauf weist auch Michael Götz vom Ordnungsamt der Stadt Gengenbach hin, in die Adventsmarkt und -kalender ebenfalls jedes Jahr Tausende Besucher locken: "Ein Restrisiko gibt es leider immer", sagt Götz und ergänzt: "Wir haben uns im Vorfeld gegen Zugangskontrollen entschieden." Für die wenigen Tage bis Freitag, wenn Markt und Kalender zu Ende gehen, noch etwas grundlegend zu ändern, sei auch kaum möglich. Bislang sei in Gengenbach alles ohne Zwischenfälle abgelaufen.

Lahr

Recht entspannt reagieren auch die Inhaber der Weihnachtsmarktstände in Lahr auf den Vorfall in der Hauptstadt. "Wenn etwas passiert, passiert es eben", sagt Lora Baumann, die seit vielen Jahren mit ihren Zuckerwaren durchs Land reist. "Es gibt so Vieles, vor dem man sich fürchten könnte." Dass der Weihnachtsmarkt in Berlin aus Pietätsgründen eine Pause einlegt, halten die Befragten für richtig. Wenn man aber aus Angst grundsätzlich auf solche Veranstaltungen verzichten würde oder sie wie in Frankreich von schwerbewaffneten Polizisten schützen ließe, dann hätten die Terroristen ihr Ziel erreicht. Das dürfe man nicht zulassen.

Straßburg

Auch der Straßburger "Christkindelsmärik" scheint weiterhin wie geplant stattzufinden. Frankreichs Innenminister Bruno Le Roux kam am Tag nach dem Anschlag in Berlin spontan zu einer Stippvisite nach Straßburg. "Jeder soll die Vorfreude auf Weihnachten unbeschwert genießen können", sagte er. "Für die Sicherheit widmen wir jedem Weihnachtsmarkt besondere Aufmerksamkeit – ob auf den Champs Elysées in Paris, in Metz, Colmar oder Straßburg. Wir sind auf die Bedrohung eingestellt." Es sei nicht vorgesehen, den Weihnachtsmarkt in Straßburg vor dem 24. Dezember zu schließen, betonten Oberbürgermeister Roland Ries und Le Roux.

Die elf Weihnachtsdörfer des "Christkindelsmärik" in der Innenstadt sind von der Ill umgebenen. Sperren und Kontrollen waren von Anfang an auf den 15 Brücken eingerichtet worden. Sechs Brücken sind geschlossen. Rund 600 Beamte der Police Nationale, Militärkräfte und 70 Beamte der städtischen Polizei sind insgesamt im Einsatz, wie Ries mitteilt. Für die Sicherheit gebe es ein Budget von 450 000 Euro.