Gerlinde Brandenburger-Eisele erzählt, dass "Das Hütemädchen" 1933 von den Nazis beschlagnahmt wurde. Foto: Haberer

Städtische Galerie zeigt Werke von Gretel Haas-Gerber

Offenburg. Anlässlich der Fertigstellung des digitalen Werksverzeichnisses von Gretel Haas-Gerber widmet die städtische Galerie Offenburg der 1998 verstorbenen Künstlerin eine weitere Ausstellung. In der Galerie selbst sind 42 Arbeiten zu sehen, das digitale Werksverzeichnis umfasst knapp 5000.

In ihrer Heimatstadt Offenburg hat die 1903 geborene Haas-Gerber längst den Rang einer Kunstikone. Ihr Nachlass ist im Besitz der städtischen Kunstsammlung, die neue Galerie im Kulturforum wurde 2007 mit einer umfangreichen Werkschau von Haas-Gerber eröffnet. 2014 folgte eine Retrospektive, die ihr zeichnerisches Werk würdigte. Nun sind in der Galerie erneut einige Arbeiten der 1985 nach Offenburg zurückgekehrten Künstlerin zu sehen. Anlass ist die Fertigstellung des digitalen Werksverzeichnisses, das ab sofort im Internet unter www.haas-gerber.de abgerufen werden kann. Darin sind nicht nur fast 5000 Arbeiten mit Abbildungen und umfangreicher Legende katalogisiert. Das Verzeichnis wartet auch mit Informationen zum Leben und Wirken der Künstlerin auf.

Ganz anders die bis zum 24. September zu sehende Ausstellung in der städtischen Galerie. Gerlinde Brandenburger-Eisele und ihr Team haben sehr zurückhaltend gehängt. Die Ausstellung bietet den einzelnen Bildern Raum, um ihre Wirkung zu entfalten. Die insgesamt 42 Exponate umfassende Bilderschau zeigt trotzdem einige der wichtigsten Arbeiten aus sieben Jahrzehnten Kunstschaffens. Die ersten beiden Räume sind den 1920er-Jahren gewidmet, den frühen Porträts und ihren innigen Menschenbildern, in die sich bei Haas-Gerber auch immer wieder wunderbar angelegte Selbstporträts einschleichen. Das wohl wichtigste Bild der Serie, das 1928 entstandene Ölgemälde "Das Hütemädchen", hängt gleich am Anfang. Im Herbst 1933, Haas-Gerber hatte eben erst den Durchbruch als bildende Künstlerin geschafft, wurde das Werk wegen "Verächtlichmachung des Bauernstands" aus einer Ausstellung in der Offenburger Messehalle heraus beschlagnahmt. Geringschätzung und Spott prägten die öffentliche Reaktion. Die Künstlerin legte bis 1948 Pinsel und Zeichenstift beiseite.

Ihre Rückkehr in die Kunstwelt ging einher mit stilistischen Veränderungen, der Hinwendung zu einer Figürlichkeit mit abstraktem Unterton. 1967 begann sie ein zweites Kunststudium bei Karl Otto Götz an der Akademie in Düsseldorf. Haas-Gerber politisiert sich, bezieht nun in vielen ihrer Arbeiten Stellung. Westlicher Wohlstand und Dekadenz prallen auf Armut und Unterdrückung. In Anspielungen wird etwa der Vietnamkrieg thematisiert, die Absurdität politischer Mechanismen. Die Auseinandersetzung mit Unterdrückung, Macht und Krieg setzt sich bis weit in das Spätwerk von Haas-Gerber hinein fort.

Die Ausstellung schlägt aber nicht nur inhaltlich Pflöcke ein. Sie untermauert auch einmal mehr das künstlerische Gesamtbild ihres Werks, die bereits im Frühwerk erkennbare Reife ihres Mal- und Zeichenstils.

INFO

Die Ausstellung "Gretel Haas-Gerber – Malerei aus sieben Jahrzehnten" ist noch bis zum 24. September in der städtischen Galerie in Offenburg zu sehen. Die Vernissage findet heute, Freitag, ab 19 Uhr statt. Die Öffnungszeiten sind dienstags bis freitags von 13 bis 17 Uhr sowie samstags und sonntags von 11 bis 17 Uhr.