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Schaeffler verzichtet auf Verlagerung von Arbeitsplätzen in die Slowakei

Die Verlagerung von rund 200 Arbeitsplätzen der Firma Schaeffler in die Sowakei ist vom Tisch. In mehreren Verhandlungsrunden haben sich die Geschäftsleitung und Betriebsrat darauf geeinigt, dass die betroffene Abteilung in Lahr bleibt.

Lahr. Die insgesamt zehnte Gesprächsrunde zwischen Betriebsrat, Gesamtbetriebsrat und IG Metall auf der einen sowie Mitgliedern der Geschäftsleitung auf der anderen Seite hat den Durchbruch gebracht. Acht Stunden verhandelten Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter am Montag in Homburg, wie jetzt bekannt wurde, um sich zu guter Letzt auf das "Zukunftskonzept Lahr" zu einigen.

Der Kernpunkt der Vereinbarung: Die betroffene Abteilung bleibt in Lahr und der Standort steigt stufenweise voll in den Flächentarifvertrag ein. Das bedeutet bis Ende 2022 eine 38-Stunden-Woche, von denen 35 Stunden bezahlt werden. Zum 1. Januar 2023 soll dann die 37-Stunden-Woche gelten, zum 1. Januar 2024 die 36-Stunden-Woche, zum 1. Januar 2025 die 35-Stunden-Woche - wobei jeweils 35 Stunden bezahlt werden. Außerdem werden alle Azubis, die in 2017 und 2018 ihre Lehre beenden, unbefristet übernommen. Darüber hinaus muss die Firma laut der Vereinbarung in diesem und im nächsten Jahr mindestens 40 Leiharbeiter übernehmen – und bis 2022 werden jeweils 60 statt wie bisher 47 Altersteilzeitverträge bereitgestellt.

"Junge Leute dauerhaft an die Firma zu binden und verdiente Kollegen gut in die Rente lassen: das ist ein solides und nachhaltiges Zukunftskonzept", heißt es dazu in einer Mitteilung des Betriebsrats. Verhandlungsführer Gerhard Ohnemus, der Vorsitzende des Schaeffler-Betriebsrats in Lahr, und seine Mitstreiter machen darin keinen Hehl aus ihrer Freude: "Die Arbeitnehmer haben für eine konkrete Zukunftsperspektive gekämpft – und sie auch erreicht." Zumal von der Verlagerung der 200 Arbeitsplätze indirekt das gesamte Werk Lahr mit seinen rund 1300 Mitarbeitern betroffen gewesen wäre, sind Ohnemus und Co. überzeugt: "Das Werk hätte dann ein enormes Kostenproblem und wäre mittelfristig als Ganzes bedroht".

Als weiterer Verhandlungserfolg verzichte das Unternehmen ab sofort auf die Einforderung von zehn "Qualifizierungs"-Stunden pro Jahr und Mitarbeiter, die bisher im Januar pauschal vom Stundenkonto abgezogen wurden. Außerdem werde der kaum beeinflussbare Krankenstand aus der Prämie im Fertigungsbereich herausgenommen. Auch eine zusätzliche neue Teamprämie soll eingerichtet werden.

Als Gegenleistung verlangt die Geschäftsleitung laut der Mitteilung des Betriebsrats mehr Flexibilität beim Personaleinatz – vor allem in der Fertigung – und bei der Arbeitszeit. Regelungen, die im tariflichen Rahmen sowie unter Einbeziehung des Betriebsrats getroffen werden sollen. Die Einzelheiten sollen noch in Betriebsvereinbarungen festgelegt werden. "Wir haben damit einen ganz wichtigen Schritt zum Erhalt und zur Weiterentwicklung des Standorts Lahr geschafft. Außerdem ist der Flächentarifvertrag endlich konkert in Sicht", konstatieren zufrieden die vierköpfige Verhandlungsgruppe des Lahrer Betriebsrats mit Gerhard Ohnemus, Volker Barthruff, Siegfried Schmid und Harald Bruder, Lea Marquardt von der IG Metall und dem Schaeffler-Gesamtbetriebsratsvorsitzenden Norbert Lenhard.

Vom geplanten Stellenabbau wäre eine Abteilung betroffen gewesen, in der Stütz- und Kurvenrollen gebaut werden, die zum Beispiel bei Förderbändern auf Flughäfen verwendet werden. "In dieser Abteilung ist der Anteil von Facharbeitern sehr hoch, es geht um Menschen, die 20, 30 oder schon 40 Jahre im Betrieb arbeiten, hochqualifizierte Leute", hatte Gerhard Ohnemus gegenüber unserer Zeitung erklärt, als im November 2016 die Pläne zur Verlagerung der Jobs bekannt geworden waren. Zuvor hatten Schaeffler-Beschäfin Lahr hatten unter anderem Überstunden ohne Bezahlung geleistet, um ihre Arbeitsplätze zu sichern.

INFO

Unternehmen

Die Schaeffler-Gruppe ist ein global tätiger Automobil- und Industriezulieferer. Produziert werden Präzisionskomponenten und Systeme in Motor, Getriebe und Fahrwerk sowie Wälz- und Gleitlagerlösungen für eine Vielzahl von Industrieanwendungen. 2016 erwirtschaftete das Technologieunternehmen einen Umsatz von rund 13,3 Milliarden Euro. Mit rund 86 600 Mitarbeitern ist Schaeffler eines der weltweit größten Familienunternehmen und verfügt mit rund 170 Standorten in über 50 Ländern über ein weltweites Netz aus Produktionsstandorten, Forschungs- und Entwicklungseinrichtungen und Vertriebsgesellschaften. In Lahr sind rund 1300 Mitarbeiter beschäftigt.