Nach dem Urteil des Offenburger Landgerichts muss sich der Kunde nicht mit der Nachbesserung des Fahrzeugs zufriedengeben, sondern hat Anspruch auf ein fabrikneues Fahrzeug. Foto: Symbolfoto: Vichra

Verkäufer soll als Ersatz einen fabrikneuen Wagen nachliefern

Das Landgericht Offenburg hat einen Autohändler gestern dazu verurteilt, als Schadenersatz für ein abgasmanipuliertes Fahrzeug einen Neuwagen auszuliefern. Das Urteil könnte wegweisend für andere Fälle sein, ist aber noch nicht rechtskräftig.

Offenburg. Die dritte Zivilkammer des Landgerichts Offenburg hat in einem gestern verkündeten Urteil einen Autohändler aus der Ortenau dazu verpflichtet, seinem Kunden gegen Rückgabe des abgasmanipulierten Fahrzeugs einen fabrikneuen Wagen als Schadenersatz zu liefern. Der Kunde aus Lahr hatte zu einem Zeitpunkt gegen den Händler geklagt, als der Hersteller noch nicht in der Lage gewesen ist, ein Update für die Software zur Abgassteuerung zur Verfügung zu stellen.

Der Kläger hatte nach Mitteilung des Gerichts bei dem beklagten Autohaus im Jahr 2014 einen Volkswagen Tiguan zum Preis von rund 41 000 Euro gekauft. Dieses Fahrzeug verfügte über einen 2,0-Liter-Dieselmotor vom Typ EA 189, dessen Motorsoftware den Ausstoß von Stickoxid im behördlichen Prüfverfahren optimierte. Das Kraftfahrt-Bundesamt hatte die Volkswagen AG dazu verpflichtet, bei allen betroffenen Fahrzeugen die aus Sicht des Amts unzu lässige Abschalteinrichtung zu entfernen und geeignete Maßnahmen zur Wiederherstellung der Vorschriftsmäßigkeit der Fahrzeuge zu ergreifen und nachzuweisen.

Das Landgericht entsprach nun den Forderungen des Klägers und verurteilte das beklagte Autohaus nun zur Lieferung eines mangelfreien, fabrikneuen und typenidentischen Ersatzfahrzeugs aus der aktuellen Serienproduktion des Herstellers mit gleicher technischer Ausstattung und gegen Rückübereignung des mangelhaften Fahrzeugs.

Zur Begründung verwies das Gericht darauf, dass das Fahrzeug wegen des nicht den gesetzlichen Bestimmungen entsprechenden Emissionsverhaltens mangelhaft gewesen sei. Dem Käufer stehe gemäß der Paragraphen 437,1 und 439,1 BGB die Wahl zu, ob er Beseitigung des Mangels oder Nachlieferung eines mangelfreien Fahrzeugs wolle. Die Nachlieferung sei auch nicht unmöglich, obwohl zwischenzeitlich nur noch die zweite Generation des VW Tiguan mit veränderten technischen Details produziert werde. Das beklagte Autohaus könne sich auch nicht darauf berufen, dass die Kosten der Nachlieferung unverhältnismäßig seien, denn zum Zeitpunkt, als der Käufer Gewährleistungsansprüche geltend machte, sei eine Nachbesserung noch nicht möglich gewesen. Das Kraftfahrt-Bundesamt habe erst später das Software-Update für den Motor EA 189 freigegeben.

Ralf Stoll, dessen Kanzlei Stoll & Sauer in Lahr den Kläger vor dem Landgericht vertreten hat, sagte unserer Zeitung, dass er bundesweit etwa 10 000 Mandanten habe, die in derselben Sache Prozesse führten. Auch wenn im Moment viele einzelne Gerichte über Einzelfälle urteilten, halte er den Ausgang vor dem Landgericht in Offenburg für richtungweisend: "Wir erhoffen uns ähnliche Urteile für all unsere Mandanten", sagte Stoll. Seiner Meinung nach sei es nicht richtig, dass ein Autokäufer sich mit der Nachbesserung seines manipulierten Autos durch ein Software-Update zufriedengeben müsse. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Das beklagte Autohaus kann dagegen Berufung beim Oberlandesgericht Karlsruhe einlegen.