Archivfoto: Haas Foto: Schwarzwälder-Bote

Landratsamt will sich mit Entscheidung Zeit lassen. Vorhabenträger vermuten weiterhin Manipulation.

Oberwolfach/Hausach - Nachdem das Regierungspräsidium Freiburg (RP) bekannt gegeben hat, dass es keine Möglichkeit für Windkraftnutzung auf dem Gütschkopf sieht, melden sich weitere Beteiligte zu Wort. Die finale Entscheidung des Landratsamts wird allerdings eine Zeit dauern.

Die Reaktion von Nikolas Stoermer, dem ersten Landesbeamten des Landratsamts Ortenaukreis fällt reserviert aus. "Wir warten zunächst die schriftliche Stellungnahme des Regierungspräsidiums Freiburg ab", betont er gegenüber dem Schwarzwälder Boten. Sobald die Meinung des RPs vorliege, werde die Untere Naturschutzbehörde des Landratsamts ihre Stellungnahme zum Antrag auf Genehmigung der Windenergieanlagen auf dem Gütschkopf gegenüber der Unteren Immissionsschutzbehörde im Landratsamt abgeben.

Dann wird die Untere Immissionsschutzbehörde die abschließende Entscheidung anfertigen. "Bis wann dies erfolgen wird, können wir derzeit noch nicht abschätzen", so Stoermer. Jede immissionsschutzrechtliche Genehmigung sei eine Einzelfallentscheidung.

Verärgerte Planer

Emotionaler fällt die Reaktion bei den Vorhabenträger, dem Andreas Markowsky, Geschäftsführer von Ökostrom Consulting, und Klaus Preiser, Geschäftsführer von Badenova, aus. Beim Projektentwickler Ökostrom Consulting und dem potenziellen Betreiber Badenova Wärmeplus herrsche nun Verärgerung. Sie glauben, die Energiewende am Gütschkopf verzögere sich nur. Die Antragsteller fordern nun wissenschaftliche Ergebnisse zur Auerwild-Losung.

Sie hätten laut einer Stellungnahme kein Verständnis dafür, dass nach mehr als einem halben Jahr die Forstliche Versuchsanstalt (FVA) bestätigt hat, dass eine bei der Losung gefundene Feder vom Auerhuhn stammt, aber nichts zur Losung sagt. Die FVA werde deshalb anwaltlich aufgefordert werden, die Losung für kriminaltechnische Untersuchungen zur Verfügung zu stellen, so Markowsky und Preiser.

Dabei werde es auch darum gehen, betonen die Vorhabensträger, ob an der Losung menschliche DNA gefunden wird, denn es besteht der begründete Verdacht, dass die Losung kurz vor der Genehmigung nicht durch anwesende Tiere auf dem Gütschkopf gelangt sei, sondern ausgelegt wurde. Während die FVA zu diesem Thema schreibe "Manipulation der Funde können wir nicht abschließend beurteilen, allerdings spricht für uns vieles dafür, dass die Funde echt sind", gibt es nach Ansicht der Vorhabenträger schwerwiegende Indizien für die Manipulation.

Täter gesucht

So lag die Losung innerhalb einer 20 Hektar großen Fläche an einer überaus exponierten Stelle, an der zu dieser Zeit der mit Abstand größte "Trubel" auf dem ganzen Bergrücken wegen der Vorbereitungen zum Bau des Windparks herrschte. Außerdem sei der Losungsfund drei Tage später gefunden worden, nachdem Windkraftgegner verkündet hatten, alles zu tun, um den Windpark zu verhindern.

Die Vorhabenträger bieten daher an, dass die potenziellen Täter nicht in Regress genommen werden, wenn sie sich bis zum 10. April bei den Markowsky und Preiser melden. Werden die Täter danach ermittelt, kämen auf sie Schadensersatzforderungen in sechsstelliger Höhe zu, drohen sie.

Im Ortenaukreis hat es Stoermer zufolge bislang noch keinen vergleichbaren oder ähnlichen Fall gegeben. Die fachliche Einschätzung zum Auerhuhn erfolge durch die FVA als Gutachter. Das RP führt auf der Basis der Bewertung der FVA eine naturschutzrechtliche Bewertung als Höhere Naturschutzbehörde durch. Sie entscheidet, ob eine Ausnahme von den Verbotstatbeständen nach BNatschG erteilt werden kann. Die Untere Naturschutzbehörde des Landratsamts hat nun laut Stoermer nicht die Zuständigkeit, über Ausnahmen von Verbotstatbeständen nach BNatSchG zu entscheiden. Sie sei an die Entscheidung der Höheren Naturschutzbehörde gebunden, erläutert Stoermer.

Ein weiteres Gespräch zwischen den Verantwortlichen des Landratsamts, den Vorhabensträger und der Gemeinde Oberwolfach sei bislang nicht vorgesehen. Es entspräche aber "der geübten Verwaltungspraxis", den Vorhabensträger vor Erlass einer negativen Entscheidung noch einmal anzuhören. Insofern ist von einer Unterredung auszugehen, sagt Stoermer.

"Rechtsweg offen"

Markowsky gibt sich kämpferisch. Sie wollen erst einmal die Entscheidung des Landratsamts abwarten. Der Rechtsweg sei aber "grundsätzlich offen". "Ob wir den beschreiten, wissen wir noch nicht, das müssten wir dann prüfen", betont der Geschäftsführer gegenüber dem Schwarzwälder Boten.

Fakt ist allerdings, dass der zukünftige Betreiber vor einigen Jahren bereits einen Pachtvertrag mit der Gemeinde Oberwolfach über die Fläche abgeschlossen hat. Damals war der Bürgermeister Jürgen Nowak daran beteiligt.

Der derzeitige Bürgermeister Matthias Bauernfeind bezog ebenfalls Stellung zur zweiten fachlichen Einschätzung des RPs: "Das RP hat unter Abwägung zahlreicher Aspekte eine Entscheidung getroffen, die sicherlich die richtige ist", schreibt er in einer E-Mail.

Der Gütschkopf sei nur einer der drei möglichen Standorte für die Windkraft in Oberwolfach gewesen. "Es war sicherlich der mit den besten Windverhältnissen", äußert er. Jetzt seien noch die zwei Standorte Hochenlochen und Landeck/Katzenkopf übrig. "Es wird nun spannend zu erfahren, ob einer dieser beiden Standorte und der Pilfer in Wolfach ausreicht, dass der substanzielle Beitrag für unsere Verwaltungsgemeinschaft erbracht werden kann", gibt Bauernfeind zu bedenken.

Das RP als Höhere Naturschutzbehörde sieht laut einer Pressemitteilung seit Mittwochabend keine Möglichkeit der Windkraftnutzung am Gütschkopf bei Oberwolfach (wir haben berichtet). Ausschlaggebend für diese Entscheidung war die ergänzte Stellungnahme der FVA, die das Gebiet in der höchsten Schutzkategorie für das Auerhuhn eingruppiert.

Das RP ist als höhere Naturschutzbehörde zuständig für den besonderen Artenschutz und für NATURA 2000 Gebiete und nimmt zu Fachgutachten in Genehmigungsverfahren und zu Bauleitplanungen fachlich Stellung. Es ist keine Zulassungsbehörde für Windkraftplanungen. In ihrer ersten Stellungnahme im November 2016 hatte die Behörde die im Juni gefundenen Auerhuhn-Losungen beziehungsweise Federn nicht als "sicheren Reproduktionsnachweis" bewertet. Zwischenzeitlich hat die FVA ihre fachliche Bewertung umfassender begründet und mit weiteren Daten plausibel hinterlegt.

Diese Bewertung hat zur Folge, dass die Errichtung und der Betrieb von Windkraftanlagen den artenschutzrechtlichen Verbotstatbestand des Paragrafen 44 Absatz 1 Nummer 2 Bundesnaturschutzgesetz verwirklicht. Eine vom Landratsamt als Genehmigungsbehörde für erforderlich gehaltene artenschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung nach dem Bundesnaturschutzgesetz ist nicht möglich.

Das RP sieht hierbei keinen Handlungsspielraum, weil wegen des sehr schlechten Erhaltungszustandes des Auerhuhns im Schwarzwald generell keine Ausnahmen erteilt werden können. Auch würde das Vogelschutzgebiet erheblich beeinträchtigt. Wolfach/Oberwolfach.

SWV: Erleichterung

Erleichtert über die Entscheidung des Regierunspräsidiums zeigte sich Gabriele Schäfer, Vorsitzende des Schwarzwaldvereins Oberwolfach. "Ich war von Anfang dagegen, dass ein Vogelschutzgebiet einfach umgenietet wird", sagte sie auf Anfrage des Schwabo. Allerdings äußerte sie auch die Sorge, was nun folgt. In Bezug auf Windkraft löse "das eine das andere ab".

Auch die Wolfacher Bundestagsabgeordnete Kordula Kovac (CDU) begrüßt die Stellungnahme, wonach keine Ausnahmegenehmigung für den Aufbau von Windkraftanlagen erteilt werden kann.

Ihre Veranstaltung zur Windkraft auf dem Gütschkopf am Freitag, 7. April, möchte Kovac dennoch nicht absagen: "Die Abstandsfrage ist bislang nicht geklärt. Wir müssen uns weiter mit dem Thema befassen. Meine Sorge ist, dass nach dem Wegfall des Gütschkopfs für die Windkraft schnell ein neuer Standort bei Oberwolfach gefunden ist."