Originelle Fotografie: Sie zeigt die Familie vom Uhlbauernhof auf dem Weg zum Kräuterbüschel-Gottesdienst. Foto: Haas

Oberwolfacher feiern seit Menschengedenken jährlich den "Chrubuschletag" / Auch Erwachsene nehmen diesmal teil

Oberwolfach-Walke ist mit der Marienkirche noch immer ländlicher geprägt als der andere Ortsteil Kirche. Das ist auch beim "Chrubuschletag" zum Ausdruck gekommen. So wird der Feiertag Mariä Himmelfahrt im Tal genannt.

Oberwolfach. Stolz haben am vergangenen Dienstag vor allem viele Kinder die unter der Anleitung von ihren Müttern und Omas gebundenen Kräuterbüschel zur Kirche gebracht.

Die Sträuße wurden auf den Stufen zum Altar und der Kommunionsbank niedergelegt. Am Ende des Gottesdiensts erhielten sie den Segen durch Hannes Rümmele, Pfarrer der Seelsorgeeinheit an Wolf und Kinzig. Diese Zeremonie wurde mit dem Marienlied und dem Schlusssegen beendet, bevor die Kinder und Erwachsene dann in alle Richtungen davoneilten.

Sieben Kräuter müssen es mindestens sein, wenn jemand einen Kräuterbüschel binden möchte. Allerdings sind auch 9er-, 12er- oder 15er-Büschel bekannt. Manche Menschen sammeln und binden sogar noch weit mehr Blumen und Kräuter in einem Strauß zusammen.

Geachtet wird dabei auf die vorgeschriebenen, "magischen" Zahlen. Die Zahl Drei ist seit alten Zeiten und bei vielen Völkern heilig. Die Neun ist eine verstärkte Drei und die Sieben ist vor allem in der jüdisch-christlichen Tradition gebräuchlich.

Schon immer war die bunte Blumenpracht ein besonderer Anlass zum Fotografieren. Jedoch zeigen die ältesten noch greifbaren Bilder nicht die wirkliche Buntheit, was darin begründet ist, dass es sich um Schwarz-weiß-Aufnahmen handelt. Diese Farbenpracht wurde lediglich durch einige Maler festgehalten.

Die frühesten Aufnahmen aus Oberwolfach sind um die 100 Jahre alt. Sie zeigen vorwiegend Mädchen mit Kräuterbüscheln, auf der Treppe zur Pfarrkirche stehend. Diese Aufnahme geriet als Ansichtskarte in den Umlauf.

Originell ist die Fotografie aus dem Besitz der Familie Hermann Dieterle vom Uhlbauernhof im Battengott. Es zeigt die Familie vor knapp 100 Jahren mit der Kutsche auf dem Weg zum Gottesdienst in St. Bartholomäus und erinnert somit an eine längst vergangene Zeit. Damals haben die christlichen Feiertage noch gänzlich den dörflichen Jahresrhythmus bestimmt.

INFO

Das steckt hinter der Tradition

Die Kräuterbüschel wurden früher meist im "Herrgottswinkel" aufgehängt, das heißt in der Zimmerecke über dem Esstisch der Wohnstube, in der das Kruzifix meist auch heute noch hängt. Die Wurzeln der Kräuterweihe reichen weit bis zu den Ur-Mysterien der Menschheit zurück. Zuerst wurden sie mit einem Kräuterbusch bei Natur- und Erntedankfesten zu Ehren verschiedener Götter gefeiert. Die Sträuße waren heidnische Lebensruten, deren Berührung die fruchtbarkeitsspendende und heilende Kraft der Vegetation auf die Menschen übertragen sollte. Helfen sollten die geweihten Kräuter – oftmals im Tee zubereitet – gegen beispielsweise die Verzauberung des Viehs, bei Gewitter, Krankheit, für eine gute Ernte oder Eheglück. Während des Jahrs wurden die Kräuter zu verschiedenen Anlässen und in Notsituationen genommen. Heilkräftig sollte es vor allem sein, wenn sie mit Weihrauch vermischt im Krankenzimmer angewendet wurden