Seit 44 Jahren ist das Mühlenbacher Rathaus Karl Burgers Arbeitsplatz. Foto: Reinhard

Mühlenbachs Bürgermeister feiert am morgigen Freitag sein 50-jähriges Dienstjubiläum

Mühlenbach. Er begann als Jugendlicher seine Ausbildung in der öffentlichen Verwaltung, morgen feiert Mühlenbachs Bürgermeister Karl Burger sein 50-jähriges Dienstubiläum. Im Interview spricht er über seine Ausbildung, seine Handschrift und wie sich für ihn alles schicksalhaft zusammenfügte.

Herr Burger, erinnern Sie sich noch an Ihren ersten Arbeitstag?

Ich bin damals wohl mit dem Fahrrad nach Haslach gefahren – ich habe ja bei der Stadt Haslach gelernt – und bin dann mit etwas wackligen Knien, mit viel Respekt aufs Rathaus. Alles war fremd.

Wie alt waren Sie damals?

Ich war noch 14 Jahre alt.

Damals konnte man mit 14 schon eine Ausbildung anfangen?

Ich habe zu dem Jahrgang gehört, 1952, der an Ostern eingeschult wurde und durch die Umstellung auf neun Schuljahre gab es zwei Kurzschuljahre. Das achte und das neunte waren verkürzt. Im Juli haben wir die Hauptschule beendet und am 1. September 1967 habe ich die Lehre begonnen. Sie hat drei Jahre gedauert.

Was waren Ihre ersten Aufgaben?

Früher gab es doch diese Versicherungskarten von der Rentenversicherung. Wenn da drei, vier Jahre eingetragen waren, mussten die Versicherten sie abgeben und die Karte musste aufgerechnet werden. Das heißt, die Einträge mussten auf eine Bescheinigung geschrieben werden, die hat der Versicherte dann für seine Rentenunterlagen bekommen und die Originalkarte ging an die Landesversicherungsanstalt nach Karlsruhe.

Das war alles handschriftlich?

Zum Teil, ja.

Wenn ich so Ihre Notizen sehe: Haben Sie damals genau so geschrieben wie heute?

Damals habe ich noch ein bisschen schöner geschrieben, damit alle das lesen können (lacht).

In meinem Notizbuch sieht es auch eher nach Steno als nach Handschrift aus.

Steno habe ich noch in der Schule gelernt. Ausbildungsbegleitend bin ich in meinem ersten Lehrjahr nach Hausach in die Kaufmännische Schule gegangen. Da saß ich bei den Bankern, weil es damals noch keine spezielle Verwaltungsklasse gab. Ab dem zweiten Lehrjahr konnte ich dafür nach Offenburg. Da habe ich Steno und Schreibmaschinenschreiben gelernt. Zehn-Finger-System und Blindschreiben.

Zehn-Finger-System, können Sie das heute noch?

Klar. Ich schreibe alles so. Zahlen weniger, aber bei den Buchstaben ist das kein Problem. Ich bemängele ein wenig, dass die jungen Leute das nicht mehr lernen.

Könnten Sie sich in einem anderen Beruf vorstellen?

Im Grunde war es gar nicht die Idee, auf die Verwaltung zu gehen. Ich habe immer gern Handwerkliches gemacht. Mein erster Gedanke war dann, irgendwas mit Mechaniker, Landmaschinenmechaniker oder so, zu lernen. Aber dann hat mein Vater mir eine Stellenanzeige in der Zeitung gezeigt. Die Stadt Haslach suchte einen Verwaltungslehrling. Mein Zeugnis war nicht gerade das schlechteste und ich sagte: "Warum nicht?". Ich habe dann eine Bewerbung geschrieben, hatte ein Vorstellungsgespräch und bin eingestellt worden. Das war die einzige Bewerbung, die ich je geschrieben habe, außer natürlich die für die Stelle als Bürgermeister.

Wie gestaltete sich Ihr weiterer Weg bis zum Bürgermeister?

Ich stand nach der Verwaltungslehre in Haslach vor der Wahl: Entweder ich gehe ins Angestellten- oder ins Beamtenverhältnis. Ich habe mich fürs Beamtenverhältnis entschieden. Haslach hat mich dann ins Beamtenverhältnis übernommen. 1971 habe ich den Lehrgang für den mittleren Verwaltungsdienst in Karlsruhe besucht. Nach der Prüfung hatte ich die Zulassung für den mittleren Dienst. 1972 bin ich zur Bundeswehr gekommen. Der Grundwehrdienst dauerte 15 Monate. In der Zeit war ja auch die Gemeindereform. Da ging es ja darum, ob die Gemeinden selbstständig bleiben. Mein Vorgänger, Bürgermeister August Becherer, hat mich gefragt, während ich bei der Bundeswehr war, ob ich Lust hätte, nach Mühlenbach in die Verwaltung zu kommen.

Warum hat er das gefragt?

Unser damaliger Rechner Anton Grießbaum ist 1974 in den Ruhestand gegangen. Es ging darum, dass die Kasse nach Haslach hätte abgegeben werden müssen, wenn kein Nachfolger gefunden worden wäre. Das wollte Bürgermeister Becherer verhindern. 1973 habe ich hier angefangen – mit der Bedingung, dass ich noch den Lehrgang für den gehobenen Verwaltungsdienst mache. Nach altem Recht war das für mich die letzte Chance. Danach gab es die Fachhochschule für öffentliche Verwaltung und da konnte ich nicht hin, weil ich kein Abitur hatte. Am 1. August 1973 habe ich dann die Kassengeschäfte von Grießbaum übernommen.

Wie lange haben Sie das gemacht?

Bis Ende 1984. Dann ist Augustin Keller, unser Ratschreiber, in den Ruhestand gegangen. Um diese Stelle habe ich mich innerbetrieblich beworben und ich habe sie bekommen. Ab Januar 85 war ich Ratschreiber, also Hauptamtsleiter. Das ging bis 1993, dann stand die Bürgermeisterwahl an. Bürgermeister Becherer wollte nach 24 Jahren nicht mehr kandidieren. Da stand ich vor der Frage: Bleibe ich Hauptamtsleiter und bekomme einen neuen Chef oder kannst du das auch selber machen? Ich habe mir das zugetraut und das dann mit meiner Frau Brigitte abgesprochen. Sie stand dahinter. Am ersten Tag der Frist habe ich meine Bewerbung abgegeben.

Wie viele Mitbewerber hatten sie damals?

Das waren Jürgen Schützinger, aus Villingen, NPD, und ein Einheimischer, Theo Wernet, der sich acht Jahre zuvor schon einmal beworben hatte. Der hat seine Kandidatur aber wieder zurückgezogen. Ich bin dann mit 85 oder 87 Prozent gewählt worden, genau weiß ich das gar nicht mehr.

Welche Ereignisse aus Ihrer Karriere haben Sie in besonders guter Erinnerung?

Ein besonderes Ereignis möchte ich jetzt gar nicht hervorheben, aber vielleicht dass ich ein bisschen zufällig in meinem Verwaltungsberuf gelandet bin und dass ich das Glück hatte, die klassische Laufbahn so durchzuziehen. Erst einmal die super Ausbildung in Haslach, dann hatte ich das Glück, hier in meiner Heimatgemeinde eine Anstellung zu finden, ohne dass ich mich aktiv bewerben musste. Und dass ich letztendlich noch Bürgermeister werde, hätte ich mir damals nicht träumen lassen, das war nicht mein Anspruch. Aber dass es gekommen ist und dass ich mich so entschieden habe, das war eine tolle Geschichte.

Also die Verkettung glücklicher Umstände.

So kann man das sagen. Das hat immer irgendwie optimal gepasst. Es gab nie ein Loch oder einen Rückschlag, wo ich mich fragen musste, "wie geht es jetzt weiter?". Und das ging alles so schnell vorbei. Die 50 Jahre und die 24 Jahre als Bürgermeister... Da denke ich oft, Mensch, das war doch alles erst.

Und welche Ereignisse haben Sie in weniger guter Erinnerung?

1978 hatte Ratschreiber Keller einen Herzinfarkt. Plötzlich fiel er – die erst Ansprechsperson in der Verwaltung -– krankheitsbedingt länger aus. Bürgermeister Becherer und ich als junger Kämmerer standen alleine da. Aber die Verwaltung musste ja weiterlaufen. Da haben wir gerödelt, das gab schlaflose Nächte. Aus der Not heraus haben wir bei der Stadt Haslach Personalausleihe gemacht. Die kannten zwar nicht alle Details, aber wussten wenigstens, wie Verwaltung geht. Das war eine anstrengende Zeit, ich war ja selber noch nicht lange in der Verwaltung.

Gibt es in Ihrem Berufsleben etwas, was Sie rückblickend anders machen würden?

Nein. Manchmal sagt man hinterher, das man etwas vielleicht ein bisschen anders hätte angehen können, aber ich kann mich nicht erinnern, dass irgendetwas total daneben ging.

Und was haben Sie, im Nachhinein betrachtet, genau richtig gemacht?

Dass ich damals den Verwaltungsberuf erlernt habe und doch nicht Landmaschinenmechaniker.

Was würden Sie als die größte Herausforderung Ihrer Karriere bezeichnen?

Die Entscheidung mich zu bewerben, war sicherlich eine große Herausforderung, ein großer Schritt. Von den Projekten her die Entwicklung des Baugebiets Hausmatt. Wenn man neuere Dinge nennen möchte, dann vielleicht den Umbau des Friedhofs. Darüber reden wir schon seit bald 30 Jahren. Und der Neubau des Feuerwehrhauses stand auch schon längere Zeit in der Diskussion. Da scheiterte es immer wieder am passenden Baugrundstück. Ich froh, dass es jetzt doch noch geklappt hat. Und das Thema Anschlussunterbringung und das Management mit den ehrenamtlichen Helfern war sicherlich auch eine Herausforderung. Das hat sich ganz gut eingependelt, auch wenn das Thema natürlich noch nicht durch ist.

Das klingt fast so, als würde zum Ende Ihrer Karriere alles ein gutes Ende finden.

Ja, ich freue mich, dass wir den Friedhof noch so hinbekommen haben. Und das Feuerwehrhaus: Dass wir das nicht mehr in meiner Amtszeit einweihen, damit habe ich kein Problem. Das ging nicht schneller. Aber die Weichen sind zu 80 Prozent gestellt. Und im nächsten Sommer komme ich als Pensionär gerne zur Einweihung, wenn sie mich einladen.

 Die Fragen stellte Charlotte Reinhard

INFO

Zur Person

 > 31. Dezember 1952: Geburt in Mühlenbach

 > 1967 bis1970: Lehre bei der Stadt Haslach, danach Anstellung in der Verwaltung

 > Juli 1972 bis September 1973: Wehrdienst

 > ab September 1973: Rechner in Mühlenbach

 > ab Januar 1985: Ratschreiber in Mühlenbach

 > ab Dezember 1985: Bürgermeister