Auf einen Zeckenstich können laut Reinhard Kaiser auch neurologische Störungen folgen. Foto: Pleul

Neurologe informiert über Gefahren von Zeckenbissen / Baden-Württemberg ist Risikogebiet

Lahr (red/lst). Das Frühjahr steht vor der Tür und zieht die Menschen in Wald und Flur. Allein in Lahr sind mehr als 2000 Menschen im Schwarzwaldverein, Alpenverein oder den Naturfreunden organisiert. Die Freude an der Natur kann allerdings getrübt werden, denn dort tobt sich auch die Zecke aus. Zeckenbisse können schwerwiegende Erkrankungen nach sich ziehen. Der Freundeskreis Klinikum Lahr hat den Neurologen Reinhard Kaiser eingeladen, über Gefahren der Zecken und Schutzvorkehrungen zu informieren.

Herr Kaiser, wie gefährlich sind Zeckenbisse?

Zecken übertragen bei ihrer Blutmahlzeit eine Vielzahl von Krankheitserregern. In Baden-Württemberg, das ein Risikogebiet ist, ist dies aber nur das Virus der Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) und der Erreger der Borreliose, ein Bakterium. Die FSME macht sich zunächst, ein bis zwei Wochen nach dem Zeckenbiss, mit einer unspezifischen Beeinträchtigung des Allgemeinbefindens, hohem Fieber und Kopfschmerzen bemerkbar. Dann können aber neurologische Störungen folgen, wie Lähmungen, eine Beteiligung der Hirnhäute – Stichworte sind Hirnhautentzündung und Meningitis, in schweren Fällen aber auch eine gefährliche Entzündung des Gehirns und des Rückenmarks. Darin liegt die Gefahr. Das Risiko nach einem Zeckenstich an einer FSME zu erkranken, liegt bei eins zu 150. Etwa die Hälfte der Betroffenen muss einen schweren Krankheitsverlauf hinnehmen, oft mit langwierigen Folgeschäden. Am schwersten erkranken Patienten, bei denen die FSME-Viren neben dem Gehirn auch das Rückenmark infizieren. Schwere Verlaufsformen vor allem durch Lähmungen nehmen mit dem Alter deutlich zu. Die Borreliose führt bei einem kleinen Teil der Gebissenen, die manifest erkranken, zunächst zu Hauterscheinungen, der so genannten Wanderröte. Diese ist eine zwingende Indikation zur Antibiotikatherapie, wobei die nachfolgende, gefährliche zweite Phase verhindert wird. Allerdings kann die Wanderröte auch fehlen, und es kommt gleich zur zweiten Phase der Borreliose. Es kommt dann zu einer Nervenentzündung, die von sehr starken Schmerzen und Lähmungen geprägt ist und gelegentlich bleibende Gesichtslähmungen zurücklässt. Die begleitende Gehirnhautentzündung verläuft dagegen stets recht milde.

Welche Möglichkeiten haben die Ärzte?

Die in unserer Region verbreitete Zeckenart "Ixodes Rizinus", volkstümlich auch "Holzbock" genannt, übertragt das Virus Frühsommer-Meningoenzephalitis und den Erreger der Borreliose. Die Borreliose lässt sich gut mit Antibiotika behandeln. Anders ist das bei der FSME: Hier gibt es keine kausale Behandlungsmöglichkeit, wir empfehlen deshalb dringend eine FSME-Impfung, die allerdings nicht gegen die Borreliose wirkt. Die Impfung ist gut verträglich, Impfkomplikationen bei der FSME sind seltener als bei der Tetanus-Impfung. Wer in Baden-Württemberg viel in der Natur unterwegs ist, der sollte eine Impfung ins Auge fassen. Das Risiko einer schweren Verlaufsform einer FSME ist bei 1:500 Zeckenbissen sehr hoch. Eltern und Großeltern sollten beim Thema FSME-Impfung nicht nur den Blick auf Kinder und Enkel richten, sondern auch an sich selber denken, gerade weil ältere Erkrankte mit erheblichen Folgeschäden rechnen müssen.

Was kann man gegen Zeckenbisse tun?

Wer in der Natur unterwegs ist, sollte daran denken, dass die Zecke angenehme Temperaturen und ausreichend Feuchtigkeit mag. Deshalb fühlen sich Zecken in der Laubstreu im Wald besonders wohl. Um Zeckenbisse zu vermeiden, sollte man sich nicht im hohen Gras oder im Unterholz aufhalten. Wanderer sollten geschlossene Kleidung mit langen Ärmeln und langen Hosen tragen, wobei die Socken über die Hosenbeine gezogen werden sollten, um der Zecke den Weg auf die Haut zu versperren. Erfahrungen zeigen, dass sich Zecken auf heller Kleidung besser erkennen lassen, so dass man sie noch entfernen kann, bevor sie beisst.

INFO

Vortrag

Reinhard Kaiser referiert zum Thema »Wie gefährlich sind Zeckenbisse wirklich?« beim Vortragsabend des Freundeskreises Klinikum Lahr und der Volkshochschule Lahr am kommenden Montag, 20. März, ab 19 Uhr im Pflugsaal. Der Eintritt ist kostenlos.