Wird das Areal Reichswaisenhaus bebaut oder nicht? Darüber können die Lahrer am Sonntag entscheiden. Foto: Archiv

35 000 Wahlberechtigte bei der Abstimmung über den Altenberg

Der Wahlkampf ist vorbei, jetzt sind die Bürger gefragt: Rund 35 000 Lahrer können beim Bürgerentscheid am Sonntag, 24. März, über die Bebauung auf dem Areal Reichswaisenhaus entscheiden. Hier die Fakten im Überblick.

Lahr. Bereits zum dritten Mal haben die Lahrer Gelegenheit, über wichtige kommunalpolitische Themen direkt mitzubestimmen. Beim ersten Bürgerentscheid ging es um die Frage, ob sich die Stadt an einer Betreibergesellschaft des Lahrer Flughafens beteiligen soll, beim zweiten um den Bau eines Solitärgebäudes auf dem Rathausplatz. Beim Urnengang am Sonntag geht es formal um die Änderung des Bebauungsplans Altenberg, der die Voraussetzung dafür ist, dass der Investor, die Firma Bauwert aus Baden-Baden, seine Pläne umsetzen kann.

Das ist geplant

Bei der Informationsveranstaltung am 10. März in der MPG-Aula hat Uwe Birk, Chef der Firma Bauwert, die überarbeitete Planung für die Wohnbebauung vorgestellt. Geplant sind 139 Wohneinheiten in den beiden Bestandsgebäuden und in den Neubauten. Besonderes Augenmerk hätten Bauherr und Architekten auf einen "behutsamen Umgang" mit den Baudenkmälern, dem Thaeder- und dem Schauenburg-Haus, gelegt, außerdem auf eine Integration der Mehrfamilien-, Einfamilienhäuser und Doppelhaushälften in das rund 63 370 Quadratmeter große Gesamtareal. Der stadtbildprägende Charakter der beiden Baudenkmäler bleibe trotz der Bebauung erhalten. Der Anteil der Überbauung liege unter 15 Prozent.

Das sagt die BI

Die Bürgerinitiative Altenberg, die im August vergangenen Jahres gegründet wurde, hat bei einem Bürgerbegehren rund 4000 Unterschriften gesammelt, um über einen Bürgerentscheid die Bebauungsplanänderung für das Areal zu kippen. Nach Meinung der BI ist eine Bebauung des Areals in mehrfacher Hinsicht problematisch: Wegen der "massiven Bebauung" müssten Bäume gefällt werden, es werde "keine Rücksicht auf Flora und Fauna" genommen. Zu erwarten sei auch, dass durch die gehobene Wohnbebauung die Mietpreise in Lahr steigen. Ein weiterer Punkt sei, dass die Oststadt durch Baugebiete wie das Kasernenareal und Hosenmatten II überdurchschnittlich gewachsen sei. Schon jetzt fehlten Kindergarten- und Grundschulplätze, und der Verkehr habe durch 2000 zusätzliche Einwohner in der Oststadt zugenommen.

Das sagt der Verein

Der Verein als Grundstückseigentümer sieht nach den Worten seines Vorsitzenden Jörg Uffelmann keine andere Möglichkeit als einen Verkauf an einen Investor. Sonst könnten die beiden denkmalgeschützten Bestandsgebäude nicht erhalten werden. Die Sanierung sei dringend notwendig, damit das Areal nicht weiter verkommt. Der Erlös aus dem Verkauf soll für einen sozialen Zweck verwendet werden. So will der Verein einen Neubau für die Kindertagesstätte "Die kleinen Strolche", die bisher noch im ehemaligen Waisenhaus untergebracht ist, finanzieren. Ein weiterer Teil des Erlöses soll an die Stiftung Bürger für Lahr gehen.

Das sagt die Stadt

Die Stadtverwaltung warnt vor einem Stillstand auf dem Areal Reichwaisenhaus. Bedenken wegen der Natur, der Verkehrsbelastung, der Entwässerung sieht die Stadt durch die verschiedenen Gutachten zu dem Bauprojekt ausgeräumt. Im Vergleich zu anderen Bereichen in Lahr sei die Verkehrsbelastung gering, laut der Gefahrenkarte des Landes sei das Bauareal kein "Rutschgebiet". Die zulässigen Werte zur Dichte eines allgemeinen Wohngebiets werden eingehalten. Durch den Waldabstand im Norden und eine Ausgleichsfläche im Osten würden genügend Flächen frei bleiben.

Das wird gefragt

Folgende Frage sollen die Lahrer beim Bürgerentscheid beantworten: "Sind Sie dafür, dass der Beschluss des Gemeinderats vom 25. Juli 2016 zur Aufstellung des Bebauungsplans Altenberg (1. Änderung des Bebauungsplans Altenberg) aufgehoben wird?". Diese Frage soll beim Bürgerentscheid mit Ja oder Nein beantwortet werden. Wer gegen die Bebauung ist, stimmt mit Ja, wer dafür ist, mit Nein. Eine Mehrheit muss mindestens 20 Prozent der Stimmberechtigten betragen – das ist das Abstimmungsquorum. In Lahr sind das rund 6960 Stimmen.

So geht es weiter

Falls es genügend Nein-Stimmen gibt, kann der Investor bauen. Wenn mindestens 6960 Lahrer mit Ja stimmen, sind drei Jahre lang keine Planungen für das Gelände möglich. Wird das Quorum nicht erreicht, entscheidet der Gemeinderat darüber, ob der Aufstellungsbeschluss aufgehoben oder das Bebauungsplanverfahren weitergeht.

INFO

Bürgerentscheid

Für die Wähler unterscheidet sich der Bürgerentscheid kaum von einer Wahl. Abgestimmt wird in den gewohnten Wahllokalen mittels eines amtlichen Stimmzettels oder per Briefwahl. Die Abstimmungszeit in den 39 Wahllokalen dauert von 8 bis 18 Uhr. Jeder Abstimmungsberechtigte hat eine Stimme, die er mit einem Kreuz auf dem Stimmzettel im Ja- oder Nein-Feld abgibt.