Sozialarbeiter und Gesprächskreise sollen Lahrer Schulen sicher machen / Umfrage unserer Zeitung

Eine aktuelle Forsa-Umfrage gibt an, dass die Gewalt an Schulen in Deutschland zugenommen hat. Wir haben bei Rektoren und Sozialarbeitern aus Lahr nachgefragt, wie es damit an ihren Schulen aussieht.

Lahr. Ein Mädchen liegt am Boden, die Hände schützend vor dem Gesicht. Drei weitere Jugendliche stehen um sie herum, schreien das Opfer an, treten auf sie ein. Jemand hält dieses Ereignis mit dem Handy fest und stellt den Film ins Netz – er hat sich über Facebook wie ein Lauffeuer verbreitet. Gewalt an Schulen, in diesem Fall freilich nicht an einer Lahrer Schule, geht im Zeitalter des Internets auch über den Schulhof hinaus.

Gewalt wird bei der Forsa-Studie allgemein verstanden: gemeint sind damit sowohl körperliche als auch psychische Attacken. Bundesweit wurden 1951 Lehrer an allgemeinbildenden Schulen befragt – darunter 500 in Baden-Württemberg. "59 Prozent der befragten Lehrer gehen davon aus, dass die Gewalt an Schulen in den vergangenen fünf Jahren zugenommen hat", so das Fazit der Studie. 36 Prozent der Lehrer können keine großen Veränderungen feststellen und vier Prozent glauben, dass die Gewalt auf den Schulhöfen abgenommen hat.

Wolfgang Meier, Rektor der Geroldsecker-Schule, kann eine Zunahme von Gewalt nicht bestätigen. "Ich würde bei Grundschulkindern noch von Kinderstreitigkeiten sprechen", sagt er. Das Thema sei dennoch kein Tabu. Es gebe Schulsozialarbeiter und Gesprächskreise in den Klassen, in denen den Kindern "das richtige Verhalten" und "das Lösen von Konflikten" vermittelt werden. "Ich sehe in diesem jungen Alter der Kinder – zwischen sechs und zehn Jahren – die Raufereien bei den Jungs und die Ausgrenzungen bei den Mädchen eher als eine Gender-Angelegenheit an. Sie testen sich aus und lernen die Grenzen kennen", sagt Meier.

57 Prozent der von Forsa befragten Lehrer sind der Meinung, es werde zu wenig gegen Gewalt an Schulen getan. Christian Reinbold, Leiter der Otto-Hahn-Realschule, kann dem nicht zustimmen. "Wir bieten Projekte zur Gewaltprävention an", erklärt er. Dafür werden auch Polizisten eingeladen. "Uns ist wichtig, dass Schüler wissen, welche Rechte und Pflichten sie haben, und dass mit Gewalt keinem geholfen ist", sagt der Realschulleiter. Vor allem das Thema Cyber-Mobbing werde in den Präventionsprojekten behandelt.

Auch Gerhard Ziaja-Le-Duff, Sozialarbeiter der Friedrichschule, hält das Internet für einen Teil des Problems. "Diese Form von Mobbing – egal ob dabei ein Mitschüler oder ein Lehrer das Opfer darstellt – ist leider kaum zu kon-trollieren", erklärt Ziaja-Le-Duff. In der Friedrichschule, eine Gemeinschaftsschule, gebe es zwar ein Handyverbot, außerdem würden unerlaubte Bild- und Videoaufnahmen nicht geduldet. Dennoch komme es hin und wieder zum Regelverstoß. Die Gewalt an der Schule selbst sei aber nicht gestiegen. "Wir organisieren Fortbildungen für Lehrer und Sozialarbeiter, sodass sie in schwierigen Situationen eingreifen können", sagt Ziaja-Le-Duff.

Michael Müller, Schulsozialarbeiter des Scheffel-Gymnasiums, schließt sich den vier Prozent der Umfrage an, die eine Abnahme der Gewalt wahrnehmen. "Heutzutage wird viel mehr über das Thema kommuniziert. In unserer Schule gibt es in jeder Klasse einmal pro Woche eine Besprechungsstunde. Die Schüler reflektieren die Woche, gehen auf Probleme ein und versuchen, Lösungen zu finden", erklärt er. Die Gesprächsrunden würden sehr helfen. "Aufgestockte Wut wird dort – auch einmal mit hitzigen Diskussionen – entladen und artet nicht in Gewalttaten aus", sagt Müller.

Auch der Rektor des Scheffel-Gymnasiums, Reinhard Schmidt, spricht von positiven Erfahrungen: "Mit unserem Sozialarbeiter und den zwei Beratungslehrerinnen sind wir auf einem guten Weg", berichtet er. Schmidt ist der Ansicht, dass mögliche Gewaltprobleme nicht nur mit den Schülern besprochen werden sollten. "Auch die Eltern sollten aufgeklärt werden und ihren Kindern den richtigen Weg zeigen", appelliert er. Ein Schulausschluss aufgrund von Gewalttaten komme nur sehr selten vor. "Schließlich ist es unsere Aufgabe, mit und nicht gegen die Kinder zu arbeiten."

INFO

Schnelle Hilfe

"Die erste Anlaufstelle für betroffene Schüler ist der Schulsozialarbeiter oder der Vertrauenslehrer", sagt Michael Müller, Sozialarbeiter des Scheffel-Gymnasiums. Schüler, die sich zunächst einem externen Ansprechpartner anvertrauen wollen, können sich an das Kindersorgen-T elefon unter der kostenlosen Nummer 0800/111 0 3 3 3 wenden. Weitere Informationen gibt es unter www.mobbing-in-der-schule.info.