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Freundeskreis und Migrationsamt laden auf Übungsplatz ein

Flüchtlinge erkunden die Stadt meist mit dem Fahrrad. Deshalb haben der Freundeskreis Flüchtlinge, das Migrationsamt des Landkreises und das Verkehrskommissariat einen Kurs veranstaltet, in dem die Neuankömmlinge die Verkehrsregeln erlernen.

Lahr. Es ist Montagmorgen, 11 Uhr. Auf dem Verkehrsübungsplatz warten Polizeihauptmeister Berthold Pfeifer und Polizeiobermeisterin Ellen Haber vom Verkehrskommissariat auf eine Gruppe von Flüchtlingen, denen sie das richtige Verhalten im Straßenverkehr beibringen sollen. Die beiden sind zunächst überrascht: Die acht Bewohner des Wohnheims in der Geroldsecker Vorstadt kommen in Begleitung von Petra Wieber vom sozialen Dienst pünktlich auf den Platz marschiert. Das haben die Polizisten bei anderen Gruppen im Ortenaukreis noch nicht erlebt. Aber Pfeifer stutzt. "Wo sind die Fahrräder?" Die haben die fünf Erwachsenen, zwei Jugendlichen und ein Kind nicht mitgebracht. "Das haben wir nicht gewusst", sagt Wiedemer. Pfeifer hat ein kleines Problem: Er hat zwar genügend Fahrräder dabei, aber die sind alle für Viertklässler gedacht, die normalerweise hier ihre Fahrradprüfung ablegen.

Die Räder auf die Erwachsenen einzustellen, das geht halbwegs. Sie sind zwar immer noch ein bisschen klein, aber man kann darauf fahren. Aber für den vierjährigen Ahmed hat Pfeifer kein kleineres Rad. Und auf einem Viertklässlerrad? "Im Leben nicht", sagt der Polizist. Das Gesicht des Vierjährigen wird immer länger, die Enttäuschung steht ihm ins Gesicht geschrieben. Aber Pfeifer, der selbst Kinder hat, zeigt sein weiches Herz. Ein Rad hat er noch, das ist ein bisschen kleiner als die anderen und eigentlich immer noch zu groß für Ahmed. Aber der Junge darf trotzdem darauf fahren.

Doch bevor es losgeht mit dem korrekten Links- und Rechtsabbiegen, dem Einhalten von Stoppstellen, dem richtigen Einordnen im Straßenverkehr und dem Verhalten in einer Einbahnstraße, brauchen die Flüchtlinge noch eines: Fahrradhelme. Der Freundeskreis hat mit Spendengeldern neue Helme besorgt, die David Schaller jetzt aus seinem Auto holt: Schwarze für die Erwachsenen, bunte für Kinder. Ahmed greift sich sofort einen grünen Krokodilhelm und strahlt. Eine Frau ist in der Gruppe, sie trägt ein Kopftuch. Ihr den Helm anzupassen, ist nicht so ganz einfach. Aber nach einer Weile und ein paar Einstellungen am Helm geht’s.

Anfangs noch etwas wackelig, gewinnen die Flüchtlinge schnell Sicherheit auf dem Rad. "Ihr seid zu schnell, Jungs", bremst Pfeifer die Jugendlichen immer wieder aus. Der Polizist gibt seine Erklärungen über Megafon, lässt die Gruppe immer wieder anhalten und stellt neue Aufgaben. "Die Frau Haber ist jetzt ein Laster, der euch beim Linksabbiegen entgegenkommt", sagt der Polizeibeamte. Die Kollegin grinst und startet ihren Weg von einer Ampel aus über die Kreuzung. Gleichzeitig nimmt Pfeifer einen der Jugendlichen und demonstriert mit ihm, wie man sich in einem solchen Fall korrekt verhält. Übersetzer Yousif Haas dolmetscht, die Erwachsenen hören aufmerksam zu. Die Jugendlichen eher nicht. Sie sind in der deutschen Sprache schon so fit, dass sie Pfeifer auf Anhieb verstehen.

Nach einer Stunde düsen Große wie Kleine begeistert über den Platz, sehen sich um, halten die Hand zum Abbiegen raus, fahren, wie es sich gehört, rechts und ordnen sich auch fürs Linksabbiegen richtig ein. Und mittendrin ist der kleine strahlende Ahmed mit dem grünen Krokodilhelm, der sich im Verkehrsverhalten kaum von den Großen unterscheidet. Pfeifer muss zugeben: "Bei dem hab ich mich ganz schön getäuscht."