Zu einer gesunden und ausgewogenen Ernährung gehört jeden Tag Obst und Gemüse. Foto: AOK-Mediendienst

Abnehmen bedeutet nicht zwangsläufig Verzicht / Grundsatz: Mehr Energie verbrennen als aufnehmen

Lahr. Eine nachhaltige Gewichtsabnahme funktioniert nur in Kombination aus Ernährung und Bewegung. Das sagt Heike Neumann, staatlich anerkannte Ernährungsberaterin bei der AOK Südlicher Oberrhein in Lahr. Im Interview gibt sie wertvolle Tipps.

Frau Neumann, bevor ich mit dem Sport anfange, mache ich schnell noch eine Diät – ein guter Ansatz?

Der Schritt, sich für Bewegung aufzuraffen und zu begeistern, ist schon mal ein guter Anfang, schnell noch eine Crash-Diät einzubringen, halte ich aber absolut nicht für sinnvoll. Diäten, die kurzfristig durchgeführt werden, sind meist nicht von langfristigem Erfolg gekrönt und durch häufig sehr einseitige Ernährungsmuster auch nicht gesund. Dem meist schnellen Gewichtsverlust folgt dann auch meist genauso schnell der Jojo-Effekt. Wer sich wirklich für eine gesündere Lebensweise entscheidet, sollte sich bewusst Ziele setzen, die auch dauerhaft umgesetzt werden können.

Wie sieht für Übergewichtige der ideale Einstieg in den Sport aus?

Hat man ein paar Pfunde zu viel auf der Waage, eignen sich am besten gelenkschonende Sportarten. Egal ob Schwimmen, Walken, Radfahren oder ein Standard-Tanzkurs: Ein perfekter Einstieg sind die Sportarten, die Spaß machen und nicht als zusätzliches Pflichtprogramm im Tagesablauf durchgeführt werden müssen. Auch ein Spaziergang an der frischen Luft kann ein guter Start in ein gesünderes Leben sein. Wer sich täglich mindestens 30 Minuten bewegt, hat den Anfang schon mal geschafft.

Es gilt der Grundsatz: Wer mehr verbraucht, als er zu sich nimmt, nimmt ab. Aber das ist doch leichter gesagt als getan?

Der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Essgewohnheiten schleichen sich schneller ein als man denkt. Aus seiner Komfortzone auszubrechen, ist daher gefühlt oft mit großem Aufwand verbunden. Deshalb sollte man sich bewusst werden, mit welchen Mahlzeiten im Alltag die überschüssige Energie aufgenommen wird. An diesen Stellschrauben sollte dann gedreht werden. Abnehmen heißt nicht zwangsläufig bloß Verzicht, sondern auch gesündere Alternativen zu finden, um Kalorien einzusparen. Kurbeln Sie dann durch Bewegung zusätzlich den Stoffwechsel an, fällt es leichter, mehr Energie zu verbrennen als aufzunehmen. Deshalb gilt für mich: Eine Gewichtsabnahme funktioniert nur in Kombination aus Ernährung und Bewegung.

Wie nehme ich nachhaltig ab? Was ist ein realistisches Ziel?

Wer täglich circa 500 Kcal einspart, nimmt innerhalb von vier Wochen ein bis zwei Kilogramm des Körpergewichts ab. Viele denken dann, es sei viel zu wenig für diesen Zeitraum. Tatsächlich aber ist eine langsamere Gewichtsreduktion deutlich effektiver und nachhaltiger als eine zu rasche Gewichtsabnahme. Eine stetige, aber geringe Gewichtsabnahme kann helfen, dass der befürchtete Jojo-Effekt ausbleibt. Schließlich möchten Sie ja langfristig etwas für Ihr Wohlbefinden tun.

Was sind allgemein die typischen Ernährungs-Baustellen?

Zu den klassischen "Baustellen" zählen heute nicht mehr nur der zu hohe Konsum von Süßigkeiten und Chips, wie häufig vermutet wird. Oft sind es die vielen kleinen Zwischenmahlzeiten, die uns täglich begleiten. Die Menge ist dabei entscheidend. Wer häufig nur Kleinigkeiten zwischendurch isst, die augenscheinlich gar nicht ins Gewicht fallen, hat leider zu befürchten, dass dies letztlich doch für eine Gewichtszunahme sorgt. Auch Fast Food und vor allem gesüßte Getränke sind unbewusste Energielieferanten. Wer statt Saftschorlen und Limonade Wasser trinkt oder in Kaffee und Tee auf den Zucker verzichtet, hat meist schon viel gewonnen. Dies könnte zum Beispiel ein erstes Ziel sein. Auch Obst, welches viele gute Inhaltsstoffe (Vitamine und Mineralstoffe) enthält, sollte nicht im Übermaß verzehrt werden. Auch darin ist viel (Frucht-) Zucker enthalten. Auch hier gilt, ein Zuviel bewirkt ein Zuviel auf der Waage.

Gesund und ausgewogen soll eine Ernährung sein – was heißt das konkret?

Hier zählen die zehn Regeln der Deutschen Gesellschaft für Ernährung: Essen Sie abwechslungsreich und bevorzugen Sie pflanzliche Lebensmittel. Vollkornprodukte sind in der täglichen Ernährung ein absolutes Muss. Je dunkler das Brot, desto besser. Auch Vollkornreis und -nudeln sind empfehlenswert, ohne die Kartoffeln zu vernachlässigen. Dazu mindestens drei Portionen Gemüse und maximal zwei Portionen Obst täglich. Eine Portion entspricht einer Handvoll. Milch und Milchprodukte sollen täglich, Fisch ein- bis zweimal die Woche und Fleisch und Eier nur in Maßen verzehrt werden. Allgemein sollte man die Zufuhr von Fett und fetthaltigen Lebensmitteln im Auge behalten, um Herz-Kreislauferkrankungen und Übergewicht vorzubeugen. Auch Zucker und Salz können den Körper belasten: Würzen Sie lieber mit Kräutern. Verwenden Sie zudem schonende Garverfahren wie Dämpfen, Dünsten oder auch das Garen im Bratschlauch oder Römertopf. Und: Trinken nicht vergessen. 1,5 bis zwei Liter pro Tag. Ebenso wichtig dabei: Lassen Sie sich Zeit und genießen Sie das Essen. Über ein bewusstes Wahrnehmen der Mahlzeit stellt sich eine bessere Sensibilität für das Hunger-Satt-Gefühl ein und unnötige Zwischenmahlzeiten können vermieden werden.

Heimliche Dickmacher, die ich nicht ahne – gibt es so was?

Versteckte Fette sind häufig in Fertigprodukten zu finden. Hier lohnt sich generell ein Blick auf die Zutatenliste der Produkte. Es gilt: Je weiter vorne eine Zutat in der Zutatenliste benannt wird, desto höher ist deren prozentualer Anteil im Produkt. Reihen sich Zucker und Fett also ganz vorne ein, halten Sie von diesen Produkten lieber Abstand. Wer seine Speisen selber frisch zubereitet, weiß was drin steckt und ist deshalb vor gemeinen Fettfallen eher gefeit.

Was halten Sie von Nahrungsergänzungsmitteln?

Bei einer ausgewogenen und gesunden Ernährung sind normalerweise keine Nahrungsergänzungsmittel notwendig. Wer vielseitig und abwechslungsreich isst und sich aus allen Lebensmittelgruppen (Getreide, Gemüse, Obst, Hülsenfrüchte, Fisch, Fleisch etc.) bedient, braucht, wenn er gesund ist, keine zusätzlichen Produkte. Bei einer vegetarischen oder veganen Ernährung sollte man sich allerdings ganz genau mit den Inhaltsstoffen der Lebensmittel auseinandersetzen und bewusst Nahrungsmittel auswählen, die den täglichen Bedarf an Mikro- und Makronährstoffen abdecken.

Insbesondere beim Ausdauersport verliere ich viel Flüssigkeit. Was muss ich bei der Flüssigkeitszufuhr beachten?

Ausreichend trinken, ist bei Sportlern besonders wichtig. Das heißt, zu den empfohlenen 1,5 bis zwei Litern Flüssigkeit pro Tag kommt je nach Dauer und Schweißproduktion während der Aktivität ein zusätzlicher Flüssigkeitsbedarf hinzu. So kann dieser auf drei bis vier Liter täglich ansteigen. Durch das Schwitzen kommt es häufig zu einem Natrium- und Kaliumverlust im Körper. Isotonische Getränke mit wertvollen Elektrolyten können helfen, den Mineralstoffverlust wieder auszugleichen. Dazu empfehlen sich Durstlöscher wie zum Beispiel naturtrübe Apfelsaftschorle (Mischungsverhältnis Wasser zu Saft: 3:1) oder eine Flasche alkoholfreies Weißbier nach dem Sport.

  Die Fragen stellte Matthias Buschert.