"Lahr erzählt" (von links): Irma Barraud, Maurizio Poggio und Brigitte Täubert Foto: Haid Foto: Lahrer Zeitung

Veranstaltungsreihe: Lahrer erzählen in der Mediathek über Umbrüche und Neuanfänge in ihrem Leben

Im Rahmen der Reihe "Lahr erzählt" ist es am Dienstag um das Thema "Alles auf Anfang" gegangen. Zu Gast in der Mediathek waren Irma Barraud, Brigitte Täubert und Maurizio Poggio.

Lahr. Ein Schicksalsschlag teilt das Leben von Brigitte Täubert in ein "Davor" und ein "Danach". Sie verlor ihren Mann, damals Pfarrer der Melanchtongemeinde, bei einem Familienurlaub auf der dänischen Insel Röm. Am ersten Tag kam er mit Verdacht auf Herzinfarkt ins Krankenhaus. Der Zustand schien sich zu stabilisieren, aber eines morgens klingelte das Telefon, und das Krankenhaus teilte die schreckliche Nachricht mit, dass der Pfarrer gestorben sei.

Die Heimfahrt war geprägt von "unheimlichen Ängsten vor der Zukunft". Brigitte Täubert wusste nicht, wo die Familie künftig leben sollte, jedoch wollte sie stark sein für ihre Kinder. Sie habe sich die Trauer nur im Heimlichen gestattet und der Familie mit auf dem Weg gegeben, ein neues Ziel zu suchen. Ihr Ziel war es, Gottesdienste im Sinne ihres Mannes zu halten. "Wie durch ein Wunder" ergab sich für die Familie die Möglichkeit, in das Kürzeller Pfarrhaus zu ziehen. Mit der schnellen Zusage zur Ausbildung als Prädikantin hatte Täubert auch die notwendige Voraussetzung erfüllt, den Predigtdienst auszuüben. "Ohne Glaube hätte ich den unfreiwilligen Neuanfang nicht überstanden", sagte Brigitte Täubert.

Irma Barrauds Neuanfang begann, als sie acht Jahre alt war und in ihrem Heimatdorf in der Nähe von Königsberg Soldaten an die Tür klopften und sie zur Flucht aufforderten. "Es war eiskalt", erinnert sich Barraud. Es ging über das Haff. Einige Pferdewagen brachen ein. Die Schreie der ertrinkenden Menschen und Pferde höre sie heute noch. Mit dem Schiff "Deutschland" ging es nach Kiel, von dort wurde die Familie auf die Insel Föhr gebracht. Als Flüchtlinge wohnten sie in Baracken. Eine Lehrstelle war auf der Insel nicht zu finden. So verschlug es Barraud als Kindermädchen nach Badenweiler. Später siedelte Barrauds Mutter nach Lahr über. Barraud besuchte ein Jahr die Schule "Jung-Teufel" in Offenburg, lernte einen jungen Franzosen aus Bordeaux kennen und war schon nach einem Jahr mit ihm verheiratet.

Bei Maurizio Poggio schlug das Schicksal auf der Berliner Autobahn zu. Der junge Unternehmer erwachte nach einem Unfall und hörte nur: "Kinder und Frau tot". Er kaufte sich einen Rucksack, beauftragte seinen Betriebsleiter, die Firma abzuwickeln, und ging Richtung Indien. Er reiste um die Welt und landete in Portugal. Über falsche Freunde kam er zum Dealen von Drogen, bis er eines morgens in einem spanischen Krankenhaus mit einer Kopfwunde aufwachte. Er kannte weder seinen Namen, noch wusste er, wer er war und was geschehen war. Inzwischen wurde der ehemalige Unternehmer in Deutschland mit Haftbefehl gesucht. Der Betriebsleiter hatte Steuern und Sozialversicherungsbeiträge hinterzogen. Poggio reiste nach Griechenland, verlängerte seine Aufenthaltsgenehmigung mit einem "nicht ganz legalen" Trick und lebte dort fast neun Jahre. Mittlerweile war er Vater eines Sohns, der in Deutschland zur Schule gehen sollte. Die Steuerhinterziehung war bereits verjährt. Da fiel der Trick den griechischen Beamten auf und Poggio wurde nach Deutschland abgeschoben. "Dann begann ein neues Leben", erzählte Poggio.