Diese nachträglich kolorierte Aufnahme der Schillerstraße ist um das Jahr 1900 entstanden. Foto: Archiv Klein

Wo einst Schauenburg, das erste Kino der Stadt und die "Lahrer Zeitung" beheimatet waren

Norbert Klein stellt in einer Vortragsreihe die Geschichte von Lahrs Straßen und Plätzen vor. In einem gut besuchten Vortrag in der Volkshochschule hat er den Zuhörern die Historie der Schillerstraße nähergebracht.

Lahr. Klein, im Hauptberuf Referatsleiter an der Hochschule der Polizei in Lahr, ist als Heimatforscher in der Regionalgruppe Geroldsecker Land im Historischen Verein Mittelbaden aktiv. Sein Wissen über die Lahrer Geschichte hat er sich in akribischer Kleinarbeit angeeignet.

Manche Lahrer kennen den Karlsruher Oberbaudirektor Friedrich Weinbrenner als Architekten des heutigen Rathauses. Jedoch war es auch der Karlsruher, der 1809 den Auftrag für einen Bebauungsplan zur "geordneten" Erweiterung der Stadt nach Westen erhielt. Aber auch wenn der Plan vom badischen Innenministerium genehmigt wurde, lehnten ihn die Lahrer ab. Sie hatten wohl was gegen Vorgaben der Obrigkeit und stritten sich über die Kosten, erzählte Klein am Dienstagabend.

1834 wurde der Plan endgültig aufgegeben. Aber: Die Lahrer benötigten westlich der Stadtmauern eine Verbindungsstraße zwischen der heutigen Kaiser- und der Lotzbeckstraße, auch weil die Baupläne für die katholische Kirche St. Peter und Paul im Raum standen. 1844 wurde so der "Neue Weg" angelegt, der anlässlich des 100. Geburtstags von Friedrich Schiller im November 1859 den Namen Schillerstraße erhielt. Mit der Zeit siedelten sich in der Schillerstraße prunkvolle Geschäftshäuser und Banken an. Das Druckhaus Schauenburg schrieb in der Schillerstraße Mediengeschichte, hob Klein hervor.

Die Freiburger Ganter-Brauerei baute in der Schillerstraße ein prächtiges Bierrestaurant mit angebautem Saal namens Gambrinushalle. In der Halle flimmerten 1896 die ersten bewegten Bilder über eine Leinwand; hier entstand das erste Lahrer Kino. Der Freiburger Franz Steiert stellte 1906 beim Großherzoglichen Bezirksamt Lahr einen Antrag für entsprechende Vorführungen. Jedoch habe sich, laut Kleins Erzählungen, der damalige Oberbürgermeister Gustav Altfelix übergangen gefühlt und an drei Wochentagen den Betrieb untersagt. Altfelix befürchtete, dass die Lahrer sich vom Stadttheater, das 1890 in der unteren Schillerstraße gebaut worden war, abwenden würden. Daher war der Betrieb des Kinos nicht mehr lukrativ, informierte Klein.

Die Sparkasse zog 1889 in die Schillerstraße

1840 wurde die Sparkasse als erste Lahrer Bank in Privaträumen auf dem Marktplatz gegründet. Nach einem Sitz in der Obertorstraße wechselte die Bank in die Schillerstraße, zuerst 1889 in das Haus Nummer sechs, später in das Ex-Hotel "Lahrer Hof". 1983 wurde die gegenüberliegende Goldleistenfabrik abgerissen, und die Sparkasse errichtete den heutigen Neubau.

In Johann Heinrich Geigers Druckerei, 1796 nach Lahr verlegt, wurde das "Lahrer Wochenblatt" gedruckt, der Vorläufer der "Lahrer Zeitung". 1801 wurde erstmals der "Hinkende Bote" verlegt. 1864 übernahm der eingeheiratete Moritz Schauenburg die Firma. Sein Sohn erwarb in der Schillerstraße die ehemalige Weberei Schott und errichtete dort ein Druckhaus. 1976 wurde die Druckerei nach Allmannsweier verlegt. Nach Abriss des Firmenareals zog die "Lahrer Zeitung" in das ehemalige Sparkassengebäude. Auf dem ehemaligen Druckgelände entstand das heutige Walpotenhaus.

Abschließend machte Klein noch einen Abstecher in die Geschichte des ehemaligen Stadtbahnhofs. 1865 wurde die Bahntrasse von Dinglingen nach Lahr fertiggestellt, die Lahr an das Schienennetz Mannheim-Basel anschloss. 1912 weihten die Lahrer das neue herrschaftliche Bahnhofsgebäude ein. 1928 kam der legendäre "Lahrer Löwe", ein Kriegerdenkmal, auf den Vorplatz. 1959 fuhr der letzte Zug dort ein. Im Zug des Baus des Autobahnzubringers wurde Anfang der 1970er-Jahre der Bahnhof abgerissen und der Löwe demontiert.