Die Umzugskantons sind gepackt: Frank-Uwe Kündiger hat in Allensbach eine neue Pfarrstelle, seine Frau Barbara in Konstanz. Heute und morgen verabschieden die Dinglinger das Pfarrerehepaar. Foto: Breuer

Das Pfarrerehepaar Barbara und Frank-Uwe Kündiger zieht Bilanz

2001 sind sie mit vier Kindern eingezogen, jetzt ziehen sie als Ehepaar ohne Kinder wieder aus. Barbara und Frank-Uwe Kündiger, das Pfarrerehepaar der Luther- und Paulusgemeinde, verlässt Lahr. Heute und morgen werden sie verabschiedet.

Lahr. "Guten Tag, Sie sprechen mit dem Pfarrer von Allensbach." Frank-Uwe Kündiger strahlt am Dienstagmorgen. Gerade hat die Amtsübergabe stattgefunden, er sitzt im Pfarrhaus in der Lutherstraße buchstäblich auf gepackten Kisten. Noch ein paar Tage, dann wird er verabschiedet. Kein Wunder also, dass er nur noch Instantkaffee anbieten kann. "Viel mehr habe ich nicht mehr im Haus", sagt er und lacht. Und bei einer Tasse Kaffee erzählt er dann, was ihm und seiner Frau Barbara, die ihre neue Gemeinde in Konstanz bereits übernommen hat, in Lahr besonders gut gefallen hat, was auch nicht so gut war und vor allem, was sie als Pfarrerehepaar erreicht haben. Und das ist ganz schön viel.

Barbara Kündiger fasst ihre Arbeit in einer E-Mail zusammen. Ihr Aufgabengebiet reichte von der Dekanatsstellvertretung über die Leitung des Projektchors für die Osternacht, die sie "Jahr für Jahr eine regelrechte Wunderquelle" bezeichnet, die Arbeit im Freundeskreis Flüchtlinge, wo sie Sprachunterricht gegeben hat, bei Amtsangelegenheiten geholfen und Wohnungen vermittelt hat. Aus dieser Arbeit hätten sich auch Kontakte zu Flüchtlingen ergeben, die gezielt den Weg zur christlichen Gemeinde gesucht hatten und getauft werden wollten. Außerdem habe es im Nachhinein eine fruchtbare Auseinandersetzungen mit den Aussiedlern gegeben. Mittlerweile gebe es hier Begegnungen und wachsendes Verständnis. Was ihr fehlen werde, sei die Arbeit mit den Oberstufenschülern des IBG und TG. "Das hat mich immer begeistert", schreibt sie.

Auch Frank-Uwe Kündiger wird etwas vermissen: "Die Menschen, mit denen ich vertrauensvoll und familiär zusammengearbeitet habe", antwortet er spontan auf die Frage. Die Mitarbeiter, den Ältestenkreis, die Diakonie, die Wohngebietsarbeit, die Russlanddeutschen, die er sehr ins Herz geschlossen hat, bis hin zu den syrisch-orthodoxen orientalischen Christen meint er damit. "Da ist ganz viel Familie entstanden, ganz viele Beziehungen, die keiner voraussehen konnte." Dazu gehört auch Martin Groß. "Wir haben uns entdeckt und uns beide kurz entschlossen zu Ideen angestiftet."

Was dem 56-Jährigen nicht so gut gefallen hat? "Wir haben schon relativ früh gemerkt, dass Entscheidungen hier dreimal so lange dauern wie anderswo", blickt er zurück. "Ich wünsche mir eine Kirche, die die Basis inspiriert und ein ansteckendes Klima der Freude und Motivation zur Eigeninitiative schafft."

Es gibt vieles, was den Pfarrer auch im Nachhinein noch bewegt. "Die 16 Jahre waren klasse", fasst er zusammen. Und: "Ich habe den großen Wunsch, dass unsere Kirche und Gemeinde in Lahr den historischen Umbruch und die Wandlung zur Migrantenkirche erkennt und die Chancen nutzt, Auffang- und Dialogräume schafft."

Eines weiß Kündiger sicher: In Allensbach werde er immer wieder sagen: "Wir in Dinglingen haben das so gemacht." Das, so erinnert er sich, sei auch so gewesen, als das Ehepaar 2001 aus Bruchsal hierhergekommen sei. "Das nehmen uns die Dinglinger heute noch übel", sagt er augenzwinkernd.

INFO

Projekte des Pfarrerehepaars

Barbara und Frank-Uwe Kündiger waren in Lahr sehr aktiv. Zu ihren Erfolgen gehören die Einführung des Jugendkreuzwegs, bei dem Jugendliche ein Holzkreuz durch die Gemeinde tragen, eine Unterschriftenaktion, die statt der Aufgabe des Dinglinger Friedhofs eine Erweiterung zur Folge hatte, die Einführung eines Osternachts-Projektchors, die Gründung der Bürgergemeinschaft Dinglingen und die Integrationsarbeit unter anderem durch die Vorstandstätigkeit bei »Bürger aktiv Lahr«. Weitere Projekte sind Sprachvermittlung im Martinskindergarten mit überregionalem Vorzeigeeffekt, die Gründung und Leitung eines diakonischen Beirats und der Neubau des Gemeindehauses. Als Vorsitzender des evangelischen Kirchengemeinderats Lahr hat Frank-Uwe Kündiger die »Gebäudeoptimierung« eingeleitet. Weitere Stichworte für die Arbeit sind Krisenintervention und die Einrichtung eines Diakoniefonds für Flüchtlingshilfe, Hilfen des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen, »Evening Prayers« in der Martinskirche mit Liturgie in vier Sprachen und ein Internetcafé für Flüchtlinge. Außerdem hat Kündiger den Arbeitskreis »Christen aus dem Orient« gegründet.