Foto: Lahrer Zeitung

Zwei Brüder aus Lahr  produzieren   einen ungewöhnlichen Kinofilm

Zwei Brüder aus Lahr produzieren einen Kinofilm über einen afrikanischen Boxer. Yassine La Gamiri ist 2012 aus seiner Heimat nach Baden-Württemberg geflohen und hofft darauf, in Deutschland bleiben und seine Karriere fortsetzen zu können.

Lahr. La Gamiri ist ein erfolgreicher Faustkämpfer. In Casablanca, wo er am 8. Mai 1992 geboren wurde, besuchte er schon als junger Bursche eine Boxschule. Im Amateurbereich boxte er um die Landesmeisterschaft und bestritt Kämpfe für die Nationalmannschaft. Das öffentliche Interesse bescherte ihm aber Probleme: Immer wieder wurde er in der Moschee aufgefordert, seine Bekanntheit in den Dienst der Religion zu stellen. Er solle sich weniger westlich kleiden und für den Islam werben. Yassine verweigerte sich, doch man ließ ihn nicht in Ruhe. Als es bedrohlich wurde, floh er nach Europa. Hier kämpft er nun weiter – für seinen Sport und um eine Aufenthaltserlaubnis.

Pirmin Styrnol und sein Bruder Maik aus Lahr begleiten Yassine La Gamiris Leben zwischen Flüchtlingsheim und Boxring mit der Kamera. Ein Filmteam ihrer erst in diesem Jahr gegründeten Medienproduktionsfirma "Onchair Bros." fertigt über den Marokkaner eine Langzeitdokumentation mit dem Titel "Der geflohene Boxer" an, die in die Kinos kommen soll. Pirmin führt Regie, Maik zeichnet für Musik und Sounddesign verantwortlich. Für die Geschwister ist Yassines Geschichte einerseits eine besondere und andererseits die eines typischen Flüchtlings.

Yassine flog in die Türkei, fuhr mit einem Boot nach Griechenland und auf einem Lastwagen weiter über die Balkanroute nach Deutschland. Dort stellte er einen Asylantrag und landete im September 2015 über einen Vermittler im Karlsruher Boxclub "Bulldog Gym". Dort unterstützt man den jungen Mann mit allem, was er zum Training benötigt. Manager Rainer Gottwald stellte ihn als Sparringspartner des WBA-Weltmeisters Vincent Feigenbutz in den Ring, und Jürgen Lutz, der einst Regina Halmich entdeckte, steht ihm als persönlicher Trainer zur Seite. Nach einem zweiwöchigen Sparring mit Profiboxer Robin Krasniqi in Magdeburg konnte man sogar einen Sponsor gewinnen: Yassine muss sich Handschuhe, Hosen und Schuhe nun nicht mehr von Trainingskollegen ausleihen.

Sein ruhiges und höfliches Auftreten verschaffte ihm viele Sympathien. Im Film kommen neben Trainer und Manager auch Sportkameraden, Freunde und sogar die Mitarbeiter der Ämter, welche über Yassines Schicksal in Deutschland entscheiden, zu Wort. "Er ist ein toller Athlet und Sportsmann", schreibt Feigenbutz auf seiner Facebook-Seite, "bei uns allen ist er herzlichst aufgenommen".

Im April 2016 bestritt La Gamiri seinen ersten Profikampf und siegte durch K.o. in Runde zwei. Ende Oktober errang der Marokkaner in der Karlsruher Rheinstrandhalle im vierten Kampf seinen vierten Sieg. Slavoljub Mitic, sein völlig überforderter Gegner aus Serbien, warf nach der ersten Runde das Handtuch.

Asylantrag abgelehnt – Abschiebung ausgesetzt

Seit dem ersten Kampf im April begleitet das Team von "Onchair Bros." Yassine La Gamiri mit der Kamera schon an insgesamt 15 Drehtagen, von der Boxhalle zum Flüchtlingsheim, vom Lauftraining zum Landratsamt, vom Essen bei der Familie des Trainers zur Ausländerbehörde. Sein Asylantrag ist abgelehnt worden, die Abschiebung zunächst ausgesetzt. Der Boxclub hat dem gelernten Elektriker eine Lehrstelle in einer Maschinenbaufabrik besorgt, in der man Auszubildende sucht. Eine deutsche Freundin hat Yassine auch. Über allen Bemühungen um Integration schwebt aber die Frage, ob er bleiben darf, ob er erst einmal zurück muss und ob er dann wiederkommen kann.

Die Produzenten aus Lahr, die schon mehrere Radiofeatures über den Boxsport publiziert haben und an einer Dokumentation über Trainerlegende Ulli Wegner beteiligt sind, finanzieren den Film vollständig mit eigenen Mitteln, "um die Unabhängigkeit zu bewahren", sagt der Regisseur. Einen Teaser, der seit drei Monaten bei Youtube und Facebook zu finden ist, haben bereits weit mehr als 200 000 Menschen angesehen. Unterstützung ist den Filmemachern dennoch willkommen: Wer sich informieren möchte, findet Details auf der Webseite der Produktionsfirma (www.onchair-bros.de) sowie auf der Homepage zum Film (www.der-geflohene-boxer.de). Das Foto über diesem Artikel zeigt einen Ausschnitt aus dem Filmplakat.

Die Gebrüder Styrnol gehen von mindestens einem weiteren Jahr Drehzeit aus. Auch nach Marokko wolle man noch fahren, um dort die Hintergründe zu recherchieren, sagt Pirmin, der Journalist. "Der Film ist uns auch deshalb so wichtig, weil er nicht lediglich den Boxer, sondern den Menschen Yassine La Gamiri zeigt, mit all den Problemen und Sorgen, die einen Flüchtling in Deutschland derzeit umtreiben." Noch ist das Ende offen.