Menschen mit und ohne Behinderung tanzen bei "Szene Zwei" gemeinsam auf einem professionellen Niveau. Foto: Haberer Foto: Lahrer Zeitung

Tanztheater: Ensemble "Szene Zwei" überzeugt in der Stadthalle bei der Uraufführung von "Tarun"

Rund 200 Zuschauer haben am Freitag in der Stadthalle die Premiere des Tanztheaters "Tarun", eine Inszenierung der inklusiven Tanzcompanie "Szene Zwei", erlebt. Das Stück untermauerte den künstlerischen Anspruch der Truppe.

Lahr. Das Stück "Tarun" ist der erste Teil einer von dem Choreografen William H. Sánchez entwickelten Trilogie, die über einen Zeitraum von drei Jahren entwickelt und zur Aufführung gebracht werden soll. Das Projekt, das unter anderem von der "Aktion Mensch" gefördert wird, verknüpft die jeweiligen Aufführungen mit einem Workshop, bei dem die Tänzer der Companie in ihre Arbeitsweise und ihre Motive einführen. "Tarun", das vorerst auch in Essen und Berlin aufgeführt wird, setzt sich mit dem Begriff "Zeit" und einer von Verschiedenheit geprägten Realität auseinander.

Die acht Tänzer auf der Bühne vollziehen in einer kargen, von Lichteffekten und einem Berg Kleider geprägten Szenerie eine von Gesten und Bewegungen geprägte Transformation, die immer neue Aspekte des menschlichen Daseins und der Interaktion einzelner Individuen thematisiert. Am Beginn steht eine fast statische Szenerie, die immer mehr Tempo aufnimmt.

Der Rollstuhl von Ricarda Noetzel, die mit Hélène Kotujansky, Fuuko Shimazka, Jörg Beese, Leonie Howar, Manuela Aranguibel Molano, Matthieu Bergmiller und Timo Gmeiner das Bühnenensemble bildet, ist ebenso Teil der Inszenierung wie die Präsenz der Musiker Karl Degenhart (Schlagzeug) und Fabian Neubauer (Tasteninstrumente). Das Publikum wird hineingezogen in einen Strudel atmosphärischer Bilder, in denen die Tänzer immer neue Verbindungen eingehen, in denen sie sich selbst Fesseln anlegen und sich wieder befreien, in denen Kleidungstücke durch die Luft fliegen, den Tänzern erst Schutz bieten und dann zur Last werden. "Tarun" kommt dabei expressiv und experimentell daher, verwischt im Sinne des Begriffs Inklusion die Trennlinien zwischen den individuellen Besonderheiten der Akteure auf der Bühne.

Das 2009 von Timo Gmeiner und William H. Sánchez an der Folkwang Universität in Essen gegründete Ensemble tanzt im wahrsten Sinne des Wortes aus der Reihe. Die mittlerweile in Lahr beheimatete Company inszeniert zeitgenössisches Tanztheater aus dem Blickwinkel einer inklusiven Grundhaltung heraus. Menschen mit und ohne Behinderung tanzen gemeinsam auf einem professionellen Niveau, bringen künstlerisch zum Ausdruck, dass sie individuelle Verschiedenheit vor allem auch als Normalität und Bereicherung begreifen. Sánchez kreiert Bilder, die unter die Haut gehen und berühren, die sich verdichten und Tempo aufnehmen, im Kontext einer experimentellen Grundhaltung, immer auch die Musik als live inszeniertes Stilmittel miteinbeziehen.