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Firma Sachtleben stellt in Wolfach Fluss- und Schwerspatprodukte für Nischenmärkte her.

Kirnbach - Wer denkt schon an sein Auto, seine Bremsscheiben oder die Odol-Flasche, wenn er im Besucherbergwerk steht oder den Gruben-Legenden von einst lauscht? Niemand vermutlich. Doch es sind auch solche Produkte, die Wertminerale von der Firma Sachtleben enthalten.

Es ist ein schlammiges, staubiges und lautes Geschäft: Nach dem Sprengen in der Grube Clara werden die Gesteinsbrocken nach Kirnbach auf die Halde der Firma Sachtleben gebracht, von wo es in die Verarbeitung des abgebauten Bergbau-Materials geht – in durchtechnisierte Prozesse, die mitnichten an manche robust-romantische Bergbau-Illusion erinnern.

1898 unter dem Namen Schwarzwälder Barytwerke gegründet, übernahm Rudolph Sachtleben bis Anfang des 20. Jahrhunderts die Wolfacher Firma und führte sie der Sachtleben AG für Bergbau und chemische Industrie Köln zu, die sich weltweit im Bergbau einkaufte und auch Sachtlebens Patente hielt.

"Als Chemiker hat Sachtleben einen wesentlichen Schritt erfunden, um Weißpigmente auf der Basis von Schwerspat herzustellen", berichtet Robert Mauerlechner. Der gebürtige Niederösterreicher ist diplomierter Bergbau-Ingenieur, seit 2009 bei Sachtleben Bergbau in Wolfach und seit 2012 Geschäftsführer. Er berichtet, dass bis in die 1990er-Jahre Sachtleben eine weltweit tätige Bergbaufirma im Konzern der Metallgesellschaft Frankfurt war. Seit 2002 ist Sachtleben Bergbau als Mittelständler tätig und vertritt die erklärte Strategie, Nischenmärkte zu bedienen und weitere erschließen zu wollen. Das scheint mit der Grube in Oberwolfach, der Verbarbeitung in Wolfach und dem Firmensitz in Hausach zu gelingen: Sachtleben Bergbau zählt laut Mauerlechner derzeit 108 Mitarbeiter und hatte 2015 einen Jahresumsatz von rund 28,5 Millionen Euro.

"Unsere Größenordnung als Unternehmen spielt im Weltbergbau keinerlei Rolle", gibt Mauerlechner eine Einschätzung. Der Bergbau sei in Südamerika, Südafrika, Australien und China ein großer Wirtschaftszweig. Vor allem Kupfer, Eisenerze oder Kohle werde abgebaut. Deutschland habe international noch große Bedeutung im Kali-Abbau.

Schwerspat und Flussspat spielen laut Mauerlechner eine völlig untergeordnete Rolle auf dem Weltmarkt. Rund 85 Prozent der Weltproduktion an Schwerspat geht in die Bohrindustrie. Für die Wolfacher Firma ist dieser Bereich dagegen ein absolutes Nebengeschäft. Sachtleben Bergbau konzentriert sich mit seinen Produkten auf Nischenmärkte. Die Firma liefert die in Wolfach verarbeiteten Produkte zu 70 Prozent mit Silo-Lastern, in 25-Kilo-Papiersäcke oder in Big Packs an Kunden in Deutschland. Der Rest geht in die EU und nach Übersee.

"Aus den zwei Wertmineralen Schwerspat und Flussspat stellen wir rund 20 verschiedene Produkte her", berichtet Mauerlechner. Die Schwerspat-Produkte von Sachtleben finden größtenteils Eingang in Kunststoffe für den Automobilbau: hinter dem Armaturenbrett und in den Kotflügeln zur Lärmdämmung des Motors sowie in den Teppichen oder in den Brems- und Kupplungsbelägen. Doch auch in Gipskartonplatten, in Strahlenschutzbeton, in der Schalldämmung von Böden oder als Pigment in Farben und Lacken kann Schwerspat aus der Grube Clara enthalten sein.

"Auch mit unseren Flussspatprodukten bedienen wir Nebenmärkte, weil da der allergrößte Teil der Weltproduktion in die Herstellung von Flusssäure für die Industrie geht", berichtet Mauerlechner. Produkte daraus seien beispielsweise Outdoor-Jacken oder Teflon-Pfannen. Die Flussspatprodukte von Sachtleben werden weiter verarbeitet beispielsweise in Schweißpulver und -elektroden, Glas oder Glasfaserprodukte – die weiße Odol-Flasche ist dafür ein Beispiel. Für Ski, Surfbretter und Tennisschläger werden Kunststoffe mit Glasfasern, die mit Wolfacher Flussspat hergestellt wurden, verstärkt.

Doch Mauerlechner sieht – trotz der hochkomplexen Verarbeitungsprozesse bei Sachtleben in Wolfach und bei dessen Kunden – sein Geschäft als ein traditionelles: "Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Bergbau sind die Zweige der Urproduktion." Denn zugrunde liegen die Lagerstätten, der Boden und der Wald.

Die Grube Clara ist das letzte untertätige Bergwerk im Schwarzwald – laut Mauerlechner muss sie das nicht bleiben. Er plädiert für den Bergbau vor der Haustür, für Rohstoffe aus der Region und eine Wertschöpfung, die vor Ort bleibt. Er hofft, dass Sachtleben in Freudenstadt bald eine weitere Grube in Betrieb nehmen kann. Dann hieße es auch dort – Glückauf.