"Die Menschen leben in stetiger Ungewissheit, das System ist völlig überlastet", sagt Sabine Wölfle. Foto: Bender Foto: Lahrer Zeitung

SPD-Landtagsabgeordnete kritisiert lange Verfahrensdauer bei Asylanträgen / Kippenheimer bestätigen Probleme

Von Felix Bender

Kippenheim. Bund, Länder, Landkreise und Kommunen – sie alle ächzen unter den noch immer steigenden Flüchtlingszahlen. Abhilfe ist möglich, erklärte die SPD-Landtagsabgeordnete Sabine Wölfle am Montag im Siedlerheim "Hanfrötzi". Ihr Credo: Die Verfahren müssen deutlich kürzer werden.

Wölfle – auf Einladung der SPD-Ortsvereins und der Lahrer Jusos nach Kippenheim gekommen – hatte Zahlen mitgebracht, die das ganze Ausmaß der Flüchtlingsproblematik belegen: 26 000 Menschen musste Baden-Württemberg im vergangenen Jahr aufnehmen – 85 Prozent mehr als im Jahr zuvor. "Die Landeserstaufnahmestelle in Karlsruhe ist völlig überfüllt, das setzt sich natürlich auf den weiteren Ebenen fort", sagte Wölfle. Auch die Gemeinschaftsunterkünfte in den Landkreisen hätten ihre Kapazitätsgrenzen längst überschritten, die Suche nach geeigneten Immobilien für die Anschlussunterbringung in Städten und Gemeinden gestalte sich immer schwieriger. Die Landesregierung habe reagiert – zusätzliche Mittel in den Haushalt eingestellt und das Personal in Karlsruhe aufgestockt. Allein: Der Strom der Asylbewerber reißt nicht ab.

Vor allem die sogenannten Armutsflüchtlinge bereiten derzeit Sorge: Vier von fünf Asylbewerbern kommen mittlerweile aus dem ehemaligen Jugoslawien in den Südwesten, der Großteil aus dem Kosovo. "Bei diesen Menschen steht im Grunde von Anfang an fest, dass ihre Asylanträge nicht durchgehen und doch bleiben sie Monate, wenn nicht gar Jahre." Ein Umstand, der der langen Verfahrensdauer geschuldet und für alle Seiten unbefriedigend sei, sagt die Emmendinger Landtagsabgeordnete: "Die Menschen leben in stetiger Ungewissheit, das System ist völlig überlastet."

Jürgen Milde, Vorsitzender der Kippenheimer SPD, war einer der Initiatoren des Helferkreises, der seit mehr als einem Jahr Flüchtlinge in Kippenheim betreut. Er nickte, als Wölfle erklärte, "dass wir in diesen Fällen frühzeitig Fakten schaffen müssen". Milde berichtete von einer vierköpfigen Familie, die seit drei Jahren in der Gemeinde lebt. Hinter ihr liege ein monatelanger Kampf um ihr Bleiberecht. "Seit Kurzem besteht ein Abschiebeverbot aus humanitären Gründen." Von Dauer sei die Erlaubnis aber nicht. Die Behörde könne jederzeit zu der Auffassung gelangen, dass die Familie das Land verlassen muss – für Milde ein "unmenschlicher Zustand".

Diesen Ausdruck wählte auch Gemeinderatsmitglied Julian Siefert für eine mögliche Unterbringung von Flüchtlingen in einem Wohncontainer. Dass dafür im Kippenheimer Haushalt Mittel eingestellt wurden, beunruhige ihn. Siefert sähe es lieber, wenn Gemeindewohnungen umgebaut würden, um Platz für Asylbewerber zu schaffen. Wölfle bestätigte, dass das Land den Kommunen dafür Zuschüsse zahle, warnte aber gleichzeitig vor einer Gettoisierung: "Grundsätzlich ist es besser, die Menschen über das gesamte Gemeindegebiet zu verteilen."