Die ehemalige Tankstelle am Ortseingang wäre laut Ortsvorsteher Michael Hartmann der ideale Standort für eine Mitfahrerbank. Wer aus Schmieheim Richtung Kippenheim oder Ettenheim will, fährt hier vorbei. Foto: Göpfert

Schmieheimer Ortsverwaltung will "Mitfahrerbank" einrichten / Wichtig: soziale Autofahrer

Mal schnell nach Kippenheim, Lahr oder Ettenheim – für viele, vor allem ältere und jüngere Schmieheimer ein Ding der Unmöglichkeit. Schuld ist die schlechte Taktung des ÖPNV. Nun präsentiert die Ortsverwaltung eine mögliche Lösung: die Mitfahrerbank.

Schmieheim. "Für viele Bürger", sagt Michael Hartmann, "ist der Nahverkehr nach wie vor ein leidiges Thema." Schmieheim in Richtung eines Nachbarorts zu verlassen, sei für nicht wenige eine wahre Herausforderung. "Sicherlich wäre es wünschenswert, wenn die große Politik bei ihren Verkehrsplanungen und dem Wunsch zum Umstieg auf den ÖPNV auch den ländlichen Raum ausreichend berücksichtigen würde", erklärt der Ortsvorsteher.

Doch leider sei dies bislang nicht mehr als Wunschdenken. Während in Großstädten Busse und Bahnen im Minutentakt fahren, müsse man in Schmieheim – wie in den meisten kleinen Dörfern – wegen der "großzügigen" Taktung der Buslinien bereits für einen Arztbesuch einen halben, wenn nicht gar einen ganzen Tag einplanen. Wer nicht auf ein Auto zurückgreifen könne, stehe sich bisweilen die Beine in den Bauch. "Leider sind die Taktzeiten bei uns im Vier-Stunden-Rhythmus", konstatiert Hartmann.

Resignieren will der Ortsvorsteher aber nicht – im Gegenteil: Abhilfe könnte seiner Meinung nach die Mitfahrerbank schaffen. Eine Idee, die in anderen Gemeinden bereits erfolgreich umgesetzt wird (siehe Info). Der Gedanke dahinter ist denkbar einfach: An einem viel befahrenen Ort im Dorf wird eine Sitzbank aufgestellt – gut sichtbar, sodass Autofahrer den Wartenden direkt entdecken. Mithilfe eines umklappbaren Schilds wird signalisiert, in welche Richtung es gehen soll. Selbstredend braucht es an jedem Zielort eine "Gegenbank", um wieder nach Hause zu kommen. "Der Gedanke der Mitfahrerbank", sagt Hartmann, "setzt auf das soziale Miteinander in den Gemeinden." In Schmieheim sei ihm darum nicht bange: Man kennt sich, weiß, bei wem man einsteigt beziehungsweise wen man mitnimmt.

Starten soll das Projekt innerhalb der Gemeinde, Hartmann schweben eine Bank am Schmieheimer Ortseingang bei der ehemaligen Tankstelle und ein Gegenstück in der Kippenheimer Poststraße vor. Doch der Ortsvorsteher denkt bereits weiter: Mit Ettenheims Bürgermeister Bruno Metz habe er in der Sache bereits Kontakt aufgenommen, der habe sich grundsätzlich offen gezeigt, auch in seiner Stadt eine Mitfahrerbank aufzustellen. "In nächster Zeit will ich mit weiteren Kollegen der umliegenden Orten sprechen", sagt Hartmann. "Vielleicht gelingt es ja künftig, ein kreisweites Netzwerk aufzubauen."

Dazu will Hartmann mit Schmieheim nun den Anfang machen. Am kommenden Montag (ab 19.30 Uhr im Sitzungssaal des Schlosses) wird das Projekt zunächst dem Ortschaftsrat vorgestellt und – da ist sich der Ortsvorsteher sicher – anschließend auch den Gemeinderat passieren: "Die Bürger, mit denen ich bislang über die Mitfahrerbank gesprochen habe, halten sie für eine gute Idee. Wir haben hier die Chance, mit einem relativ geringen Aufwand eine große Verbesserung zu schaffen."

INFO

Speicher zeigt, wie's geht

> Auf die Mitfahrerbank ist Schmieheims Ortsvorsteher Michael Hartmann durch einen Beitrag in der Landesschau des SWR aufmerksam geworden. Dort wurde im Juli vergangenen Jahres über die Einführung des alternativen Mobilitätskonzepts in der Eifel-Stadt Speicher berichtet.

> Entwickelt wurde die Idee vom Caritasverband in Zusammenarbeit mit einer Verkehrspsychologin. Seit gut drei Jahren stehen dort Mitfahrerbänke – und es werden immer mehr. Nicht nur in der Kernstadt auch in der gleichnamigen Verbandsgemeinde sind sie mittlerweile zu finden. Als Massenverkehrsmittel taugt das Konzept nicht, sagen die Verantwortlichen. Es sei eine Ergänzung, die eine Lücke schließen soll, und auf den Säulen "helfen" und "teilen" beruhe. Nicht nur der besseren Mobilität soll das Konzept dienen, sondern auch die Umwelt schonen und das Miteinander fördern.

> Bundesweit fand und findet die Idee  Nachahmer. So wurden mittlerweile auch im norddeutschen Bünsdorf im Kreis Rendsburg-Eckernförde Mitfahrerbänke aufgestellt, ebenso in Voßwinkel in Nordrhein-Westfalen. Auch im Hunsrück sind fünf Gemeinden auf den Zug aufgesprungen.

> Doch es gibt auch kritische Stimmen: Eine sechste Gemeinde im Hunsrück hat das Konzept abgelehnt. Dort befürchteten Eltern, dass ihre Kinder in fremde Autos einsteigen könnten.