Pflegeleistungen waren für viele Menschen früher kaum oder nicht bezahlbar, Krankenpflegevereine deshalb lange Zeit nicht aus der Gemeinde wegzudenken. Foto: Symbolfoto: Murat

Schmieheimer Gemeindemitglieder beraten über Zukunft / 10 000 Euro Rücklagen

Nach rund 40 Jahren steht der Schmieheimer Krankenpflegeverein vor der Auflösung. Der Grund ist ein denkbar einfacher: Man braucht ihn nicht mehr. Doch was wird aus den Rücklagen? Dazu sollen jetzt die Mitglieder gefragt werden.

Schmieheim. In den Jahren vor 1995, als in Deutschland die Pflegeversicherung eingeführt wurde, war der Krankenpflegeverein für Schmieheim und zahlreiche andere Kirchengemeinden Gold wert: "Viele Menschen konnten sich Pflege nicht leisten", sagt Dekan Rainer Becker. "Wer Mitglied im Verein war, war versorgt." Andernorts reicht die Geschichte der Krankenpflegevereine noch viel weiter zurück (siehe Info).

Heute allerdings, da Kranken- und Pflegeversicherung für alle verpflichtend sind, fristen die Vereine meistens nur noch ein Schattendasein. Auch in Schmieheim. Der Vorsitzende des Kirchengemeinderats, Jochen Dietz, sagt: "Die Idee, in Notfällen für die Menschen da zu sein,. hat sich einfach überlebt." Dekan Becker ergänzt: "Es kommen seit Jahren keine neuen Mitglieder dazu. Und die, die da sind, zahlen meist bis zum Tod ihre Beiträge."

Rund 30 Euro zahle jedes der 90 Mitglieder monatlich. Weil sie aber seit vielen Jahren keine Gelder mehr abrufen würden, hätten sich mittlerweile stattliche Rücklagen gebildet. "In der Vergangenheit wurden bereits mehrfach andere diakonische Zwecke mit dem Geld unterstützt", sagt Becker. Dennoch liegen auf dem Konto des Krankenpflegevereins laut Dietz aktuell rund 10 000 Euro.

Was damit geschieht, ist eine der Fragen, die der Kirchengemeinderat mit den Mitgliedern diskutieren will. Denn klar ist: Was auch immer mit dem Verein passiert, ob alles weiterläuft, wie bisher, man ihm per Satzung einen neuen Zweck verpasst oder er aufgelöst wird – auf der Bank versauern soll das Guthaben nicht. Dekan Becker hat relativ klare Vorstellungen, was man damit anstellen könnte: "Es gibt genügend kirchliche Einrichtungen, denen das Geld sicher nicht ungelegen käme, etwa der Kindergarten oder die Diakoniestation." Adressaten, die laut Jochen Dietz mit dem Satzungszweck konform gingen. Er ist sich sicher: "Ein Teil des Geldes wird in irgendeiner Form in der Gemeinde bleiben."

Krankenpflegevereine gibt es in vielen Gemeinden schon seit rund 150 Jahren. In den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts war "Krankenversicherung" für die meisten Menschen ein Fremdwort. Oftmals waren Ortspfarrer die Initiatoren der Vereinsgründung. Vielerorts stellten Ordensfrauen die ambulante Krankenpflege sicher. Bis Ende der 1970er-Jahre waren die Krankenpflegevereine Träger der ambulanten Pflegedienste; sie pflegten und versorgten mit Gemeindeschwestern – zumeist Diakonissen – die Menschen in ihrer häuslichen Umgebung. Dann initiierte das Land Baden-Württemberg eine Reform, die nach und nach die heutigen Sozialstationen entstehen ließ.

Die Zukunft des Schmieheimer Krankenpflegevereins ist Thema einer Mitgliederversammlung am Sonntag, 19. März, ab 11 Uhr im Gemeindehaus. Das letzte Wort wird dann der Kirchengemeinderat haben.