Die Feuerwehr Kehl denkt über einen Sichtschutz nach. (Symbolfoto) Foto: dpa-Zentralbild

Gaffer und Handy-Filmer behindern häufig die Arbeit. Schaulustigen die Sicht nehmen.

Kehl - Immer wieder stören Gaffer und Handy-Filmer die Einsatzkräfte bei Unfällen aller Art bei der Arbeit. Die Feuerwehr Kehl denkt deshalb über einen Sichtschutz nach, der Schaulustigen das morbide Interesse an der Sensation verderben soll.

Unfälle, Verletzte und sogar Tote werden mit Handys aufgenommen, Filme über Feuerwehr- und andere Rettungseinsätze sind schon online, bevor die Wehrleute nach Einsatzende wieder in der Wache sind. Eine traurige und häufig auch gefährliche Erfahrung, die Einsatzkräfte vielerorts machen – auch in Kehl.

"Oftmals kommen so viele, dass man schon Einsatzkräfte abstellen muss, die sich um diejenigen kümmern, die helfen oder ihre Neugier befriedigen wollen", berichtet der Kehler Feuerwehrkommandant Viktor Liehr. Die Feuerwehr Appenweier habe sich bereits einen Sichtschutz gekauft – "das wird bei uns auch kommen", so Liehr. Er wünsche sich, dass "Persönlichkeitsrechte wieder respektiert werden und die Feuerwehr ihre Arbeit machen kann". Wer bei den Einsätzen live dabei sein möchte, den lädt er ein, Feuerwehrmann oder -frau zu werden.

Angefangen habe es mit der Verbreitung der Handys: Als ein junger Autofahrer mit seinem Fahrzeug im Stadtgebiet so heftig gegen einen Baum geprallt sei, dass er von der Feuerwehr aus seinem Wagen geschnitten werden musste, "standen 20 oder 30 Verwandte und Bekannte da", erinnert sich Liehr an den tödlichen Unfall, der bereits Jahre zurück liegt. Damals konnte man mit Handys nur telefonieren und Kurznachrichten verschicken. Aber mit Smartphones und über die sozialen Netzwerke ließen sich heute in Sekundenschnelle Freunde, Familie, Bekannte und Arbeitskollegen informieren, sodass an Unglücksorten meist schon Menschengruppen versammelt seien, bis die Feuerwehr eintreffe. Liehr sei es auch schon passiert, dass er bereits Fotos von der Einsatzstelle bekommen habe, als die Löschfahrzeuge die Feuerwache noch gar nicht verlassen hatten.

Bei einem Feuerwehreinsatz in der Rheinstraße standen vor Kurzem "etwa hundert Leute auf dem Marktplatz", wie der Feuerwehrkommandant berichtet. "Ich habe bestimmt 15 Handys gesehen, mit denen gefilmt und fotografiert wurde." Manchmal werde direkt auf Feuerwehrleute draufgehalten – "das verstärkt den Stress für die Kollegen", sagt Liehr. Am Ende des Einsatzes sei er noch von Autofahrern angepöbelt worden, die aus den Parkbuchten fahren wollten. Diese seien der Ansicht gewesen, dass die Feuerwehr nicht schnell genug abrücke. "Manche hatten null Verständnis für unsere Aufräumarbeiten."Beschwerden habe es auch schon von Anwohnern gegeben, die der Meinung seien, die Feuerwehr könne nachts auch ohne Martinshorn zum Einsatzort fahren – oder an der Einsatzstelle gefälligst das Blaulicht abschalten. Vorrang im Straßenverkehr genieße die Feuerwehr aber nur, wenn sie mit Blaulicht und Sondersignal unterwegs sei, so Liehr. Steuere ein Feuerwehrmann das Einsatzfahrzeug und verursache ohne Sondersignal und Blaulicht einen Unfall, hafte dieser unter Umständen mit seinem Privatvermögen. "Nicht auszudenken, wenn noch ein Mensch dabei zu Schaden käme", sagt der Kommandant. Das Blaulicht an der Einsatzstelle warne zudem vor allem nachts andere Verkehrsteilnehmer.

Info Mitmachen statt Gaffen

Wer bei den Feuerwehreinsätzen live dabei sein möchte, den lädt Kommandant Viktor Liehr ein, zur Kehler Wehr zu kommen: Vor anstatt hinter der Kamera zu stehen, sei viel spannender und helfe außerdem der Allgemeinheit. Im Oktober beginne der nächste Grundlehrgang für angehende Feuerwehrleute, Kosten entstünden den Teilnehmern keine.